Die Zusatzbeiträge sind von der DAK teilweise zu Unrecht erhoben worden. Das hat das Sozialgericht Berlin in den Fällen zwei Mitgliedern bestätigt, die nicht ausreichend auf das Sonderkündigungsrecht hingewiesen wurden. Zu klein gedruckt war die entsprechende Belehrung. Doch nicht alle Gerichte urteilen so.

Das Sozialgericht Berlin hat zwei Mitgliedern bestätigt, dass sie nicht ausreichend auf das Sonderkündigungsrecht hingewiesen wurden. Der Hinweis sei im Schreiben an die Mitglieder auf der Rückseite in deutlich kleinerer Schrift unter der sachfremden Überschrift Rechtsgrundlagen abgedruckt gewesen. Es entstehe der Eindruck, dass die Kündigungsmöglichkeit der Aufmerksamkeit der Leser entzogen werden solle.

 

Keine Zusatzbeiträge bei verletzter Hinweispflicht

Die Richter des SG stellen fest, dass das Informationsschreiben nicht sachgerecht aufgeklärt habe. Der Auftrag des Gesetzgebers sei damit nicht ausreichend erfüllt. Die Zusatzbeiträge müssen nur bezahlt werden, wenn das Mitglied deutlich auf sein Kündigungsrecht hingewiesen wurde. Es ist nicht ausreichend, die Versicherten in der Mitgliederzeitschrift oder im Internet zu informieren.

Krankenkassen streben Berufungsverfahren an

Ein identisches Urteil mit gleichlautender Begründung hatte sich bereits die inzwischen geschlossene City-BKK am 22.6.2011 eingefangen - ebenfalls von der 73. Kammer des  Berliner Sozialgerichts (S 73 KR 1635/10). Die City-BKK ist gegen das Urteil in Berufung gegangen. Diesen Weg wird voraussichtlich auch die DAK beschreiten, sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt.

 

Keine Rückerstattung an alle Mitglieder

Soweit die Mitglieder der beiden Kassen hoffen, dass die gezahlten Zusatzbeiträge erstattet werden, müssen diese vorerst enttäuscht werden. Die Urteile der Sozialgerichte wirken in der ersten Instanz grundsätzlich nur für den jeweils verhandelten Einzelfall. Sie können also nicht einfach auf alle gleichgelagerten Sachverhalte übertragen werden.

 

Andere Gerichte urteilen anders

Überraschend ist, dass andere Gerichte zu einem anderen Ergebnis kommen. Die DAK habe ausreichend informiert und das Vorgehen der Kasse entspreche den gesetzlichen Vorgaben. So bewerteten das SG Speyer am 28.7.2011 (S 11 KR 226/10) und das LSG Berlin-Brandenburg am 2.11.2010 (L 1 KR 296/10 B ER) die Frage der Aufklärungspflicht. In die gleiche Richtung stößt auch das Bundesversicherungsamt. Nach Angaben der DAK hält die Aufsichtsbehörde die Aufklärungspraxis der Kasse für ausreichend.

 

Klare gesetzliche Regelung wäre sinnvoll

Experten sehen für die anstehenden Berufungsverfahren daher gute Chancen, dass DAK und City-BKK am Ende Recht bekommen werden. Der Gesetzgeber verlangt lediglich, dass die Kassen ihre Mitglieder über das Sonderkündigungsrecht informieren müssen (§ 175 Abs. 4 SGB V), wenn sie einen Zusatzbeitrag erheben. In welcher Form dies zu geschehen hat, ist nicht näher geregelt. Sicherlich wäre der Gesetzgeber gut beraten, dies im Gesetz klar zu regeln. Nur so haben diejenigen Kassen Rechtssicherheit, die in der Zukunft mit einem Zusatzbeitrag einsteigen oder einen bestehenden Zusatzbeitrag erhöhen müssen.

(SG Berlin, Urteile v. 10.8.2011, S 73 KR 2306/10 und S 73 KR 15/11).