Sind die nachbarlichen Beziehungen schon angespannt ist es gut, seine Rechte zu kennen. Darf ich auf dem Balkon hüllenlos sonnenbaden, abends mit Freunden plaudernd draußen sitzen oder gar den Holzkohlegrill anwerfen? Insbesondere letzteres gerät häufig zum Fall für den Kadi.
Toleranz ist angesagt
Der Grundsatz lautet: Den Balkon, die Terrasse oder den Garten darf der Bewohner grundsätzlich so nutzen, wie es dem Nutzungszweck der Gesamtwohnung entspricht. Egal ob Mieter oder Eigentümer: Tische, Stühle, Bänke und Sonnenschirme sind erlaubt. Auch die Pflege von Blumen, der Empfang von Gästen, hüllenloses Sonnen kann der Nachbar nicht verbieten, es sei denn, dass dessen sittliche Gefühle schwer verletzt werden. Grundsätzlich betrachtet die Rechtsprechung die Wohnung einschließlich der zur Wohnung gehörenden Außenbereiche als Freiraum für die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Bewohners (BGH, Urteil v. 12.07.1985, V ZR 172/84). Deshalb kann der Nachbar auch das Rauchen nicht verbieten.
Grenze: Beeinträchtigung der Rechte des Nachbarn
Diese Beeinträchtigung muss allerdings massiv sein und vom Nachbarn bewiesen werden. In Ausnahmefällen können sich aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis Unterlassungsansprüche ergeben (BGH, Urteil v. 22.02.1991, V ZR 308/89), z.B. bei einem sittlich auch in einer toleranten Gesellschaft als anstößig empfundenen Verhalten. Sexuelle Akte auf dem Nachbarbalkon werden auch in der heutigen Gesellschaft als anstößig empfunden und sind damit unzulässig (AG Bonn, Urteil v. 17. 05. 2006, 8 C 2109/05).
Unüberschaubare Rechtsprechung zum Holzkohlegrill
Bei Lektüre der Rechtsprechung zum Grillen mit Holzkohle auf Balkon oder Terrasse wird deutlich: Auch unter den Richtern gibt es kämpferische Grillfreunde und Grillopfer. Die Freunde sitzen zum Beispiel in München. Das dortige Landgericht hat geurteilt, dass Grillen in den Sommermonaten grundsätzlich hingenommen werden müsse. Wer sich dadurch gestört fühle, müsse die Beeinträchtigung erst einmal nachweisen (LG München I, Urteil v. 12.01.2004, 15 S 22735/03). Auch im entfernten Berlin ist man im Grillen zugeneigt, das AG Berlin Schöneberg erlaubt häufiges Grillen, solange es nicht täglich stattfindet (AG Berlin- Schöneberg, Urteil v. 02.10.2007, 3 C 14/07).
Demgegenüber gestattet das OLG Oldenburg Grillen bis nach 22:00 Uhr höchstens viermal im Jahr, dabei dürfe der Rauch allerdings nicht konzentriert und regelmäßig in die Wohnung des Nachbarn ziehen (OLG Oldenburg, Urteil v. 29.07.2002, 13 U 53/02). Während das LG Aachen das Grillen in den hintersten Teil des Gartens verbannt (LG Aachen, Urteil v. 14.03.2002, 6 S 2/02) erlaubt das AG Bonn das Grillen einmal im Monat. Außerdem muss nach Meinung des AG das Grillvorhaben 48 Stunden vorher dem Nachbarn angezeigt werden (AG Bonn, Urteil v. 29 .04.1997, 6 C 545/96). LG und OLG Düsseldorf untersagen das Grillen gänzlich, wenn der Nachbar hierdurch starker Rauchentwicklung ausgesetzt wird und halten gegebenenfalls sogar die Verhängung eines Ordnungsgeldes für angemessen (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.05.1995, 5 Ss (OWi) 149/95).
Wichtig: Eine Bestimmung im Mietvertrag, wonach Grillen auf Holzkohle grundsätzlich untersagt wird, ist wirksam und in jedem Fall zu beachten (LG Essen, Urteil vom 17.02.2002, 10 S 437/01).
Fazit: Ein Recht zum Grillen räumen die meisten Gerichte den Balkon- und Terrassenbesitzern grundsätzlich ein, allerdings unter Beachtung des Gebots der nachbarlichen Rücksichtnahme. Wie häufig gegrillt werden darf, hängt von den örtlichen Verhältnissen und von der tatsächlichen Beeinträchtigung des Nachbarn durch Rauchbelästigung ab. Die erlaubte mittlere Häufigkeit des Grillens dürfte bei ca. einmal pro Monat liegen, allerdings mit starken regionalen Unterschieden. In Wohnungseigentumsanlagen kann allerdings per Beschluss das Grillen untersagt werden.
Wichtig: Lärmbelästigungen nach 22:00 Uhr sind in jedem Fall zu vermeiden.