Amtshaftung für verspätete Terminabsage an einen Rechtsanwalt

Anstatt den Anwalt telefonisch über die Terminsaufhebung zu informieren, verließ sich eine Verwaltungsangestellte darauf, dass das per Post versandte Schreiben innerhalb von zwei Tagen eintrifft und der Rechtsanwalt dann von der Anreise Abstand nimmt. Das klappte nicht und mündete in einen Amtshaftungsprozess um 2000 EUR nutzloser Reisekosten und Honorarausfall. Letzterer muss allerdings konkret belegt werden.

Der Prozessbevollmächtigte war am 7.4.2016 bereits auf dem Weg von Hamburg nach Dresden zum Gerichtstermin, als der Brief mit der Mitteilung der Terminsaufhebung bei ihm im Büro eintraf. Bei seiner Ankunft in Sachsen musste er dann feststellen, dass er völlig umsonst gereist war.

  • Der Richter hatte bereits am 31.3.2016, einem Donnerstag, verfügt, dass der Gerichtstermin nicht stattfinden sollte.
  • Erst am folgenden Montag, den 4.4.2016 wurde das Schreiben von einer Geschäftsstellenmitarbeiterin aufgesetzt und in die Ausgangspost gegeben.

Anwälte müssen sich vor Termin nicht erkundigen, ob er stattfindet

Das OLG Dresden hat klargestellt, dass den Anwalt kein Mitverschulden trifft, weil er nicht seinerseits nachgefragt hat, ob der Termin auch wirklich stattfindet. Das gilt zumindest für den Normalfall, in dem es keinerlei Anhaltspunkte für Zweifel gibt. Den durch die nutzlose Reise entstandenen Schaden wollten der Rechtsanwalt bzw. dessen Mandant ersetzt bekommen.

Anwalt machte Reisekosten, Spesen und Honorarausfall geltend

So bezifferte der Anwalt seinen Schaden 

  • Reisekosten i.H.v. 289,50 EUR,
  • eine Tagesgeldpauschale i.H.v. 70 EUR (Anlage 1 Nr. 7005 VV-RVG);

Zudem waren dem Juristen durch die Fahrt acht kostbare Arbeitsstunden im Büro verloren gegangen. Diese berechnete er mit seinem üblichen Stundensatz von 220 EUR und kam so

  • auf 1.760 EUR Honorarausfall.

Das wurde ihm nicht ohne weiteres erstattet.

Amtshaftungsprozess gegen den Freistaat Sachsen

Die Schadenspositionen klagten Anwalt und Mandant deshalb in Form eines Amtshaftungsanspruchs gegen den Freistaat Sachsen ein (§ 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG). Zugesprochen bekamen sie die Reisekosten und die Tagesgeldpauschale.

Verlust durch Büroabwesenheit muss konkret nachvollziehbar sein

Der Honorarausfall, sprich die konkret festzustellende Gewinnminderung war den Richtern zu pauschal behauptet. Wenn der Anwalt rechtzeitig einen Tag vorher Bescheid gewusst hätte, dass der Termin ausfällt, hätte er kurzfristig seine Arbeit umgeplant, vermutlich seine vorhandenen Sachen der Priorität nach weiter abgearbeitet. Solch eine Flexibilität gehört zum Anwaltsleben dazu. Wie sich genau die Zeit seiner Abwesenheit negativ im Erwerbsergebnis widergespiegelt hätte, das konnte der Anwalt nicht nachvollziehbar darstellen.

Alternativen zur Amtshaftungsklage vorrangig?

In dem Urteil setzen sich die Richter ausführlich damit auseinander,

  • ob die Terminsaufhebung einen Justizverwaltungsakt darstellt oder nicht.
  • Wäre das der Fall, hätten Anwalt und Mandant statt einer Amtshaftungsklage
  • erst mal ein Verfahren nach § 23 EGGVG einleiten und diesen anfechten müssen.

Ebenso wurde diskutiert, ob es nicht

  • einfacher und schneller gewesen wäre,
  • die Kosten im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend zu machen.

Beides wurde im Ergebnis verneint.

Terminsaufhebung ist kein Justizverwaltungsakt

Alles was dem Dunstkreis der Rechtsgewinnung zuzuordnen ist, ist kein Justizverwaltungsakt. Das sind auf jeden Fall richterliche Urteile und Beschlüsse. Die OLG-Richter stufen darüber hinaus auch verfahrensleitende oder -fördernde Maßnahmen nicht als Justizverwaltungsakte ein. Dazu wiederum gehörten die Terminanberaumung und -aufhebung.

Siegloser Honorarausfallanspruch rettet Rechtsschutzbedürfnis

Die Position des Honorarausfalls kann per Kostenfestsetzung beansprucht werden. Aus diesem Grunde ließ das OLG Dresden zu, dass ausnahmsweise alle drei Schadenspositionen gebündelt eingeklagt werden konnten. Es bejahte auf diese Weise das Rechtsschutzbedürfnis. Ansonsten hätte man – zu Lasten von Effektivität und Übersichtlichkeit - die Fahrtkosten und die Tagesgeldpauschale im Rahmen der Kostenfestsetzung und nur den entgangenen Gewinn per Klage fordern müssen.

(OLG Dresden, Urteil v. 18.4.2018, 1 U 1509/17).


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