Mit dem Mietrechtsänderungsgesetz wurde zum 01.05.2013 die Vorschrift des § 885 a ZPO neu eingefügt. Mit dieser Regelung wurde die Räumungsvollstreckung nach dem Berliner Modell, die bereits zuvor in der Rechtsprechung anerkannt war, gesetzlich geregelt.
Was ist eine Räumung nach dem Berliner Modell?
Danach kann der Gläubiger seinen Vollstreckungsauftrag auf die Besitzverschaffung an den Räumen beschränken. Die in der Wohnung vorgefundenen beweglichen Sachen unterliegen dann nicht der Zwangsvollstreckung, sondern können vom Gläubiger selbst weggeschafft und verwertet werden. § 885 a Abs. 7 ZPO regelt, dass die Kosten, die dem Gläubiger durch Wegschaffen, Verwahrung, Vernichtung oder Verwertung der in der Wohnung befindlichen Sachen entstehen, als Kosten der Zwangsvollstreckung zu behandeln sind.
Der BGH hatte sich nun mit einem Fall zu befassen, bei dem die Räumung der Wohnung vor Inkrafttreten des § 885 a ZPO erfolgt war. Der Gläubiger hatte sich bereits am 14.11.2012 durch den Gerichtsvollzieher in den Besitz der Wohnung einweisen lassen und hinsichtlich der in der Wohnung befindlichen Sachen sein Vermieterpfandrecht ausgeübt.
Er ließ die Wohnung dann räumen und die verwertbaren Sachen versteigern. Nach Abzug des Versteigerungserlöses sind ihm durch diese Maßnahmen letztlich noch Kosten in Höhe von rund 993,00 EUR entstanden. Diese wollte er als Kosten der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner festsetzen lassen. Der BGH hat dieses Ansinnen zurückgewiesen.
Neuregelungen auf Altfälle nicht anwendbar!
Zur Begründung führt der BGH aus, dass § 885 a Abs. 7 ZPO auf eine Räumung, die bereits vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift erfolgte, nicht anwendbar ist.
- Zwar enthält das Gesetz keine Überleitungsregelungen und es ist anerkannt, dass Änderungen des Verfahrensrechts auch in schwebenden Verfahren zu berücksichtigen sind.
- Vorliegend handelt es sich nach Ansicht des BGH aber um eine materielle Regelung zur Kostentragung im Vollstreckungsverfahren. I
- nsoweit ist die Rechtslage entscheidend in dem Zeitpunkt, in dem die Kosten entstehen.
Intention des Gesetzgebers
Der Gesetzgeber hat mit der Neueinführung der Vorschrift auch nicht lediglich geltendes Recht kodifizieren wollen. Vielmehr sind vor Inkrafttreten der Regelung die im Streit stehenden Aufwendungen keine notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung gewesen.
- Entscheidend ist, dass es sich um Kosten handelt, die aufgrund des ausgeübten Vermieterpfandrechtes durch eine private Durchsetzung des Räumungstitels ohne staatlichen Zwang entstanden sind
- und nicht etwa durch die Tätigkeit eines staatlichen Vollstreckungsorgans, das sich zur Durchsetzung des Titels privatrechtlicher Mittel bedient.
In einem solchen Fall bedarf es einer gesetzlichen Anordnung, damit die Aufwendungen des Gläubigers als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.d. § 788 Abs. 1 ZPO deklariert werden können.
Da es eine gesetzliche Anordnung bis zum 1. Mai 2013 nicht gab, scheiterte die beantragte Kostenfestsetzung des Gläubigers. Diesem blieb lediglich die Möglichkeit, einen schuldrechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen.
(BGH, Beschluss vom 23.10.2014, I ZB 82/13).
Vgl. zum Thema auch:
Räumungsfrist des Mieters bei fristloser Kündigung
Mietrecht: 10 Dinge, die Sie zum Thema Kündigung wissen sollten