BGH: Kein Notanwalt für uneinsichtigen Mandanten

Mit juristischem Halbwissen versuchen Mandanten bisweilen, ihrem Anwalt vorzuschreiben, welche Inhalte in den Schriftsatz gehören und welche nicht. Schmeißt der Anwalt daraufhin die Brocken hin, hat der Mandant das Nachsehen. Besserwisserische Mandanten haben nämlich keinen Anspruch auf einen Notanwalt, entschied der Bundesgerichtshof.    

Und das ist kein Wunder. Anwälte reagieren meist empfindlich, wenn ihnen die Mandanten im Schriftsatz rumkritzeln. Und die Namen nörgelnder Mandanten verbreiten sich wie ein Lauffeuer, so dass sie am Ende kaum noch einen Anwalt finden, der sie vor Gericht vertritt. Das gilt insbesondere für Revisionsanwälte vor dem BGH. Nach § 78b ZPO kann einer Partei zwar vom Gericht ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hat die Partei aber zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und mandatiert, kommt im Fall einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur in Betracht, wenn sie die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Dass es sich so verhält, ist von der Partei substantiiert darzulegen.

Zweck der Zulassungsbeschränkung missachtet

Das war in dem vom BGH entschiedenen Fall gerade nicht passiert. Der Mandant hat gegenüber dem, zunächst beauftragten, beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt darauf bestanden, dieser möge eine Aussetzung des Verfahrens nach § 251 ZPO verlangen. Der Mandant wollte nämlich zunächst das parallel eingeleitete Zivilverfahren gegen einen Sachverständigen abwarten, bevor er das hiesige Zivilverfahren gegen einen Anwalt auf Schadensersatz fortsetzen wollte. Damit war der beauftragte Anwalt aber nicht einverstanden. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann keine Beiordnung eines Notanwalts verlangt werden, wenn der bei ihm zugelassene und an sich zur Vertretung bereite Rechtsanwalt nicht willens war, eine Revisionsbegründung nach den Vorstellungen oder Vorgaben der Partei zu fertigen. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten – Rechtsanwalts durchzusetzen. In einer neueren Entscheidung hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs allerdings offengelassen, ob an dieser bisherigen Rechtsprechung festzuhalten sei (BGH, Beschluss v. 16.9.2015, V ZR 81/15). Auch nach Ansicht des vorliegend entscheidenden Senats ist die Mandatsniederlegung jedoch dann von der Partei zu vertreten, wenn diese auf der Aufnahme von Ausführungen in die Rechtsmittelbegründungsschrift besteht, die für die Entscheidung des Revisionsgerichts offenkundig ohne Bedeutung sind. Einem Rechtsanwalt kann nicht zugemutet werden, evident unerhebliche Ausführungen in seine Rechtsmittelbegründung aufnehmen zu müssen. Wäre er bereits beigeordnet worden, hätte er gemäß § 48 Abs. 2 BRAO seine Entpflichtung verlangen können, betonten die Karlsruher Richter.

Aussetzungsantrag offensichtlich erfolglos

Diese sehr engen Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall erfüllt. Dem Schreiben des Mandanten an den Anwalt zufolge sollte der Aussetzungsantrag mit Art. 20 GG und dem Grundrecht auf ein rechtsstaatliches Verfahren begründet werden. Die Voraussetzungen des § 251 ZPO lagen jedoch schon deshalb nicht vor, weil ein gleichlautender Antrag der Gegenseite fehlte. Ein auf den Ausgang des vorliegenden Verfahrens bezogener wichtiger Grund, welcher die Aussetzung als zweckmäßig erscheinen lässt, war für den BGH ebenfalls nicht ersichtlich. Das Angebot des zunächst beauftragten Rechtsanwalts, die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde unverändert, also ohne den aussichtslosen Aussetzungsantrag einzureichen, hatte der Mandant abgelehnt. Deshalb lehnte es der BGH ab, dem uneinsichtigen Mandanten einen Notanwalt zu bestellen.

(BGH, Beschluss v. 13.10.2016, IX ZR 128/16)


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