Der Angeklagte hat das allerletzte Wort - sonst wackelt das Urteil
In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte das zuständige Landgericht in einem Hauptverhandlungstermin im Adhäsionsverfahren einen Vergleich über die Zahlung von 15.000 EUR geschlossen, wobei ein Teilbetrag von 5.000 EUR innerhalb von 2 Tagen fällig war.
Schlussvorträge gehalten
Nachdem dann die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und die Verteidiger des Angeklagten an demselben Prozesstag ihre Schlussvorträge gehalten und ihre Anträge gestellt hatten, sprach der Angeklagte das letzte Wort. Zwei Tage später, am darauf folgenden Sitzungstag, übergab der Angeklagte an den Nebenkläger 5.000 EUR in bar. Nach Beratung wurde sodann das Urteil verkündet, ohne dass dem Angeklagten erneut das letzte Wort gewährt wurde.
Welche Prozesshandlungen führen zum Wiedereintritt in die Hauptverhandlung?
Der BGH hob das Urteil wegen Verstoßes gegen gegen § 258 Abs. 2 Halbsatz 2, Abs. 3 StPO auf. Der Grund: Ein Wiedereintritt in die Hauptverhandlung setzt keinen Gerichtsbeschluss oder eine sonstige ausdrückliche Anordnung voraus, sondern kann auch stillschweigend geschehen. Er liegt, so der BGH, insbesondere bei allen Prozesshandlungen vor, die ihrer Natur nach in den Bereich der Beweisaufnahme gehören.
Feststellung der Barzahlung im Urteil reicht für Wiedereintritt
Die sich aus den Urteilsgründen ergebende Feststellung des Landgerichts über die Barzahlung von 5.000 EUR war laut BGH "ein – selbständiges, nicht nur einen Annex zum Vergleichsschluss darstellendes – zur Beweisaufnahme im „materiellen Sinne” (…) über die Wiedergutmachung des vom Angeklagten angerichteten Schadens gehörendes Prozessgeschehen“.
Geldübergabe führt ohne förmliche Anordnung zur Fortsetzung der Verhandlung
Die Übergabe des Geldes führte auch ohne eine förmliche Anordnung der Fortsetzung der Beweisaufnahme – zum Wiedereintritt in die Hauptverhandlung. Das machte eine Wiederholung der in § 258 StPO vorgeschriebenen Worterteilungen einschließlich der Gewährung des letzten Wortes des Angeklagten erforderlich. Dieser Rechtsfehler habe auch die Aufhebung des Strafausspruches zur Folge.
Nichterteilung des letzten Wortes als Revisionsgrund?
Die Nichterteilung des letzten Wortes begründet nicht ausnahmslos die Revision, sondern nur dann, wenn und soweit das Urteil darauf beruht. Dies kann indes nur in besonderen Ausnahmefällen ausgeschlossen werden.
„Vorliegend kann der Senat im Hinblick auf die Beweislage zur Täterschaft des Angeklagten, der diese nach den Gesamtumständen eingeräumt hat, und die Tatsache, dass das nach dem letzten Wort des Angeklagten stattgefundene Prozessgeschehen ausschließlich für die Strafzumessung relevant war, ausschließen, dass der Schuldspruch auf dem Verfahrensverstoß beruht. Dies gilt indes nicht für den Strafausspruch“, meinte der BGH Dieser bedürfe daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
(BGH, Beschluss vom 24.6.2014, 3 StR 185/14).
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