Gericht hebt Urteil mangels brauchbarer Richter-Unterschrift auf

Einmal auf und ab reicht zur wirksamen Unterzeichnung eines Urteils durch einen Richter nicht aus. Nach einem Beschluss des Kammergerichts Berlin müssen wenigstens einige Buchstaben erkennbar sein: Lesbarkeit wird nicht verlangt, ein gewisser Wiedererkennungswert aber schon.

In dem Fall hatte das Amtsgericht Tiergarten einen Autofahrer wegen eines Rotlichtverstoßes zu 200 Euro Geldbuße und einem Monat Fahrverbot verurteilt. Der Verkehrsdelinquent legte gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde ein. Begründung: Das Urteil enthalte keine formwirksame Unterschrift der Richterin.

Name muss aus dem Schriftbild herausgelesen werden können

Das Kammergericht kam zum selben Ergebnis, hob das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurück. Selbst die Generalstaatsanwaltschaft konnte in dem Gekritzel der Richterin keine Unterschrift erkennen.

  • Erforderlich sei ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender individueller Schriftzug,
  • der charakteristische Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen aufweise
  • und die Nachahmung durch einen Dritten zumindest erschwere.

„Dazu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Schriftgebildes; ausreichend ist vielmehr, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschrift kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann. Das setzt allerdings voraus, dass mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sind, weil es sonst am Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt“,

subsumierte die Generalstaatsanwaltschaft.

Nicht einmal Buchstaben-Fragmente erkennbar

Diese Grenze individueller Charakteristik sei insbesondere bei der Verwendung bloßer geometrischer Formen oder einfacher Linien eindeutig überschritten. Nach Ansicht des Gericht lag auch bei wohlwollender Betrachtungsweise keine Unterschrift vor. Das Urteil zeige an der für die richterliche Unterschrift vorgesehenen Stelle

  • nur einen Aufstrich,
  • dem ein linksgerichteter Abstrich folge,
  • der wiederum in einen annähernd waagerechten Strich übergehe.

Weder seien Buchstaben oder Buchstabenfragmente erkennbar noch sei sonst ein Hinweis dahin ersichtlich, dass es sich um Schrift handele, monierte die Generalstaatsanwaltschaft. Dieser Ansicht schloss sich das Kammergericht vollumfänglich an.

(KG Berlin, Beschluss v. 2.2.2016, 3 Ws (B) 60/16).


Hinweis:

Die Unterschrift soll nach ständiger Rechtsprechung des BGH

  • die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen
  • und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen,
  • die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen.
  • Zugleich soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt.

Dies setzt einen

„die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug voraus, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und der die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist“ (BGH, Beschluss vom 26.4.2012,VII ZB 36/10).


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