Das Amtsgericht Breisach am Rhein verhängte in der Hauptverhandlung gegen einen Angeklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 Euro, ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft. Hintergrund war, dass der Angeklagte sich nach einer kurzen Verhandlungspause beim erneuten Eintreten der Richterin nicht erhoben hatte.
Würde des Gerichts nicht überftreiben
Bereits beim Betreten des Saals durch die Richterin zu Beginn der Hauptverhandlung war er trotz gegenteiliger Aufforderung „unter Berufung auf die deutsche Verfassung“ sitzen geblieben.
Er war daraufhin ermahnt worden; ferner war ihm die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 200 EUR, ersatzweise zwei Tage Ordnungshaft, angedroht worden. Dagegen legte der Angeklagte sofortige Beschwerde ein – und er bekam Recht.
Aufstehen nur zum Sitzungsbeginn
Nach überwiegender Auffassung, der sich das Gericht anschloss, kann zwar das Sitzenbleiben eines Angeklagten grundsätzlich eine Ungebühr im Sinne des § 178 GVG Abs. 1 darstellen. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Wie bereits der Wertentscheidung des Richtliniengebers zu entnehmen ist, haben sich sämtliche Anwesenden lediglich
- beim Eintritt des Gerichts zu Beginn der Sitzung,
- bei der Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen
- und bei der Verkündung der Urteilsformel von ihren Plätzen zu erheben.
So steht es in Nr. 124 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinien für Strafverfahren und Bußgeldverfahren (RiStBV). Zwar sind die Gerichte an diese Vorgaben nicht gebunden, wurden so aber von der Rechtsprechung letztlich übernommen.
Förmlichkeiten nicht übertreiben
Demgegenüber stellt das bloße Sitzenbleiben beim Eintreten des Gerichts nach vorangegangener Sitzungspause nur dann eine Ungebühr im Sinne des § 178 Abs. 1 GVG dar, wenn weitere objektive Umstände hinzutreten, was vorliegend nach Ansicht des Gerichts nicht der Fall war. „Ungebührlich wird ein solches Verhalten auch nicht dadurch, dass die Vorsitzende den Angeklagten aufgefordert hatte, sich von seinem Platz zu erheben. Denn hierzu war er nicht verpflichtet, mag es auch verbreitet üblich sein“, betonten die Karlsruher Richter.
Anders als zu Beginn der Sitzung stelle deren Fortsetzung nach einer Pause nämlich „keinen besonderen Verfahrensabschnitt dar, der einer Verdeutlichung durch die äußere Form des Aufstehens der im Sitzungssaal Anwesenden bedarf.“
(OLG Karlsruhe, Beschluss v. 5.1.2015, 2 Ws 448/14).