Vollstreckbare Inhalt muss sich aus dem Prozessvergleich ergeben

Ein Prozessvergleich ist ein Prozessvertrag mit rechtlicher Doppelnatur. Er ist  eine Prozesshandlung, deren Wirkungen sich nach dem Verfahrensrecht richtet, zugleich ist er ein privatrechtlicher Vertrag, für den die Regeln des materiellen Rechts gelten. Als Vollstreckungstitel kann er allerdings nur dienen, wenn er aus sich heraus einen genügend bestimmten oder bestimmbaren Inhalt hat.

Bei einem Mietrechtsstreit ging es um die Nutzung des Wäschekellers, doch auch nach einem Prozessvergleich kehrt ein Frieden in den Trockenräumen ein.

Vergleich über streitige Kellernutzung

Die Parteien schlossen am 17.09.2013 einen Prozessvergleich, indem sich die Beklagten in Ziff. 1 verpflichteten,

„es zu unterlassen, die Trockenräume im Keller in anderer Weise als durch aus Ordnungspunkt 03 vorgesehen und die Trockenräume zu anderen Zwecken als der Trocknung gewaschener Wäsche zu nutzen.“

Die Klägerin war der Ansicht, dass die Beklagten gegen diese Verpflichtung verstoßen hatten und beantragte die Verhängung eines Ordnungsgeldes. Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek hatte den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Klägerin vor dem Landgericht Hamburg war ebenfalls erfolglos.

Prozessvergleich muss aus sich heraus verständlich sein

Die Entscheidung wurde damit begründet, dass der Prozessvergleich vom 17.09.2013 zu unbestimmt sei und keinen vollstreckbaren Inhalt aufweise.

  • Ein gerichtliche Vergleich müsse wie jeder Vollstreckungstitel hinreichend bestimmt sein, argumentierte das Landgericht.
  • Er müsse daher aus sich heraus verständlich sein und für jeden Dritten erkennen lassen, was der Gläubiger vom Schuldner verlangen kann.
  • Dafür müsse die vollstreckbare Handlung allein und direkt aus dem Titel ableitbar sei.

Der Bestimmtheit sei nur genüge getan, wenn sämtliche Voraussetzungen der zu vollstreckenden Handlung im Titel bereits festgesetzt seien.

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Bezeichnung „Ordnungspunkt 03“ war ohne Prozessakte nicht aussagekräftig genug

Vorliegend konnte das Gericht aus dem Vergleich selbst nicht erkennen, zu welcher Unterlassung sich der Beklagte verpflichtet hatte, da die Bezeichnung „Ordnungspunkt 03“ für sich genommen nicht weiter half.

  • Für das Gericht erschloss sich nicht, dass es hierbei um die Regelung in Ziff. 3 der Hausordnung vom 11.05.2005 (keine Nutzung des Trockenraums länger als 48 Stunden) handeln sollte.
  • Dies ergab sich aus dem Vergleichstext mangels Bezugnahme auf die Hausordnung nicht,
  • sondern war lediglich aus der Prozessakte ersichtlich.

Nur die zweite Unterlassungsverpflichtung, die Trockenräume zu anderen Zwecken als zur Trocknung der Wäsche zu nutzen, sei aus sich heraus verständlich. Darauf, ob die Parteien den Inhalt der Verpflichtung aus Ordnungspunkt 3 übereinstimmend verstanden hatten, kam es nicht an. Daher war die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen, entschied das Landgericht.

(LG Hamburg, Beschluss v. 13.03.2018, 318 T 14/18) 

Praxishinweis:

Dieser Beschluss zeigt auf, wie bedeutsam der Inhalt des protokollierten Vergleichs sein kann.

  • Während bei Geldforderungen die Bestimmtheit in der Regel unproblematisch sein dürfte („Der Kläger verpflichtet sich, an den Beklagten einen Betrag X zu zahlen“),
  • sollten Unterlassungs- oder Herausgabeansprüchen gewissenhaft präzisiert werden.

Bei Unterlassungsansprüchen, wie im oben genannten Fall, muss klar festgehalten werden, was die gegnerische Partei genau zu unterlassen hat. Soll die andere Partei einen Gegenstand herausgeben, sollte dieser genau beschrieben werden (Stereoanlage schwarz von Marke X, etc.).


Hintergrund:

Mangels Bestimmtheit nicht vollstreckbar sind z.B. Verpflichtungen, „die Wohnung zu renovieren“ (BGH, Urteil v. 28.09.2011, VIII ZR 242/10). Es müssen vielmehr die wesentlichen Schritte angegeben werden. Auch zu unbestimmt:, „mit dem Kläger bis (...) einen Mietvertrag über die Wohnung (...) abzuschließen“ – der gesamte Vertragsinhalt ist anzugeben.

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium


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