Gläubiger von Unterhaltsforderungen werden im Vollstreckungsrecht bevorzugt behandelt. Wird beispielsweise eine Pfändung von Arbeitseinkommen des Schuldners veranlasst, dann gelten nicht die üblichen Freibeträge. Vielmehr ist dem Schuldner gemäß § 850 d Abs. 1 Satz 2 ZPO nur so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Befriedigung vorrangiger bzw. gleichberechtigter Unterhaltsgläubiger benötigt.
Privilegierung des Unterhaltsgläubigers
Voraussetzung für diese Privilegierung des Unterhaltsgläubigers ist jedoch, dass sich aus dem Vollstreckungstitel ergibt, dass diesem ein Unterhaltsanspruch der in § 850 d Abs. 1 Satz 1 ZPO genannten Art zugrunde liegt.
- Aufgeführt sind hier Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes einem Verwandten, dem jetzigen oder früheren Ehegatten bzw. Lebenspartner oder einem Elternteil zustehen.
- Ggf. kann durch Auslegung des Vollstreckungstitels ermittelt werden, ob ein solcher Anspruch gegeben ist.
In einem vom BGH entschiedenen Fall konnte der Gläubiger nur einen Vollstreckungsbescheid vorlegen.
Voraussetzung der privilegierte Pfändung wegen Unterhaltsforderungen
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Der BGH hatte zu klären, ob auch ein solcher Titel im Einzelfall ausreichend sein kann, um die Vorteile des § 850 d ZPO in Anspruch zu nehmen. Das Gericht hat diese Frage verneint, und zwar auch für den Fall, dass sich aus dem Vollstreckungsbescheid der Anspruchsgrund ergeben sollte.
Keine Prüfung der materiellen Berechtigung des Anspruchs im Mahnverfahren
Zur Begründung wird ausgeführt, dass im Mahnverfahren nicht geprüft wird, ob der geltend gemachte Anspruch zu Recht besteht. Das Mahngericht prüft weder die Schlüssigkeit des Anspruchs noch dessen Berechtigung. Selbst wenn im Mahnverfahren vom Gläubiger angegeben wird, dass es sich um Unterhaltsforderungen handelt, beruht dies auf einer einseitigen Angabe, die vor Erlass des Vollstreckungsbescheides nicht überprüft wird.
Keine Bindungswirkung für das Vollstreckungsgericht
Auch wenn der Vollstreckungsbescheid der materiellen Rechtskraft fähig ist, tritt somit nach Auffassung des BGH keine Bindung für das Vollstreckungsgericht ein.
- Der Gläubiger kann mittels Vorlage des Vollstreckungsbescheides nicht die Voraussetzungen des Vollstreckungsprivilegs nachweisen.
- Vielmehr muss der Gläubiger eine ergänzende Feststellungsklage erheben und einen Titel erwirken, aus welchem seine Berechtigung zu einem erweiterten Vollstreckungszugriff hervorgeht.
Dies ist ausschließlich durch das Prozessgericht und nicht durch das Vollstreckungsgericht zu beurteilen.
(BGH, Beschluss vom 06.04.2016, VII ZB 67/13).
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