Bewährungswiderruf ist auch bei Auslandstaten möglich

Schön für den Verurteilten, wenn die Strafe ganz oder teilweise zur Bewährung ausgesetzt wird.  Doch Wohlverhalten ist umfassend geboten:  Auch Auslandstaten können Anlass zum Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung geben. Das geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig hervor.  

Als Straftäter in Erscheinung getreten war ein Mann wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. 

Nach 2/3 der Zeit Reststrafe  zur Bewährung ausgesetzt

Er war mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Nach zwei Dritteln der Strafverbüßung wurde der Rest 2007 zur Bewährung ausgesetzt. Dabei wurde die Bewährungszeit auf drei Jahre festgesetzt.

  • 2008 wurde er dann auf dem Flughafen Guayaquil/Ecuador festgenommen. Ihm wurde vorgeworfen, in seinem Fluggepäck circa 20,5 kg Kokain transportiert zu haben.
  • Seit dieser Zeit befindet der Verurteilte sich in Ecuador in Haft.
  • 2013 wurde er dort rechtskräftig zu einer 13-jährigen Haftstrafe verurteilt.
  • Hiergegen hat der Verurteilte einen Antrag auf Überstellung nach dem Straßburger Abkommen gestellt, über den das Justizministerium noch nicht entschieden hat.
  • 2015 beantragte die Staatsanwaltschaft Braunschweig dann den Widerruf der Strafaussetzung, dem die  Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig entsprach.

Hiergegen legte der Verurteilte Beschwerde ein – ohne Erfolg.

Kein kriminologischer Zusammenhang erforderlich

Gemäß § 56 f Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 57 Abs. 5 S. 1 StGB kann das Gericht die Strafaussetzung widerrufen, wenn die verurteilte Person in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, dass sich die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, nicht erfüllt hat.

„Die Erwartung ist dabei durch jede neue Tat von nicht unerheblichem Gewicht in Frage gestellt. Grundsätzlich müssen die frühere Tat und das neue Delikt noch nicht einmal einen kriminologischen Zusammenhang aufweisen oder nach Art und Schwere vergleichbar sein, weil die Strafaussetzung stets auf der Erwartung vollständiger Straffreiheit beruht“, erläutert das Oberlandesgericht Braunschweig.  Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben.

  • Der Beschwerdeführer habe innerhalb der Bewährungszeit eine Straftat gemäß Artikel 62 des ecuadorianischen Gesetzes über Suchtstoffe und Psychotrope Substanzen begangen,
  • wegen derer er zu einer erheblichen Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt worden sei.
  • Er sei damit nicht einmal 1 Jahr nach der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe erneut (einschlägig) straffällig geworden
  • und habe damit deutlich gezeigt, dass sich die Erwartung, die der Strafaussetzung zur Grunde lag, nicht erfüllt hat.

Auch Auslandstaten können Widerruf bewirken

Dass der Beschwerdeführer die vorgenannte Tat im Ausland begangen hat, steht der Widerrufsentscheidung nach Ansicht des Gerichts nicht entgegen.

  • „Nach ganz überwiegender und vom Senat geteilter Ansicht können auch Auslandstaten Anlass zum Widerruf einer Strafaussetzung geben,
  • weil auch sie die bei der Strafaussetzung angenommene günstige Legalprognose zu erschüttern vermögen“,

so die Strafrichter. Die schuldhafte Begehung der neuen Tat steht zur Überzeugung des Gerichts auch fest.

Zwar sei das widerrufende Gericht an die rechtskräftige Anlassentscheidung des ecuadorianischen Gerichts nicht gebunden. 

  • Die neue Tat müsse aber auch im Widerrufsverfahren grundsätzlich nicht noch einmal aufgeklärt und bewiesen werden.
  • Etwas anderes gelte ausnahmsweise dann, wenn die Gründe des Urteils den Schuldspruch nicht tragen, dem Widerrufsgericht aufgrund anderer Beweismittel die Unschuld des Verurteilten bekannt ist
  • oder es die Rechtsauffassung des Tatrichters nicht teilt.

Davon konnte vorliegend keine Rede sein. Im Gegenteil: Das Oberlandesgericht Braunschweig attestierte dem ecuadorianischen Gericht die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze.

(OLG Braunschweig, Beschluss v. 26.02.2016, 1 Ws 5/16).

Vgl. zu dem Thema auch:

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