Amtspflichtverletzung des Notars bei wiederholter Beurkundung in Räumen einer Partei
Ein Notar soll seine Amtsgeschäfte grundsätzlich an seiner Geschäftsstelle vornehmen. Nur in Ausnahmefällen, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen, kann er eine Beurkundung auch außerhalb seiner Geschäftsstelle, etwa in den Räumen bzw. am Wohnsitz einer der Parteien, vornehmen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Partei aufgrund ihres Alters oder aufgrund von Krankheit nicht imstande ist, die Geschäftsstelle des Notars aufzusuchen.
Bei Amtspflichtverletzung droht Disziplinarverfahren
Hintergrund dieser Regelungen ist der Umstand, dass der Notar gemäß § 14 Abs. 3 S. 2 BNotO verpflichtet ist, jeden Anschein der Abhängigkeit oder Parteilichkeit zu vermeiden. Ein Verstoß gegen diese Amtspflicht kann ein Disziplinarverfahren zur Folge haben.
So erging es einem Rechtsanwalt und Notar, der über einen Zeitraum von drei Jahren insgesamt 38 Amtsgeschäfte in den Räumlichkeiten einer Gemeinde vorgenommen hatte. Die Amtsgeschäfte standen alle im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen, wie Kaufverträge, Grundschuldbestellungen und Unterschriftsbeglaubigungen.
Gemeinde war Vertragspartei bei Grundstücksübertragungen
Die Gemeinde war bei allen Geschäften selbst Vertragspartei. Die Aufsichtsbehörde sah in dem Verhalten des Notars eine Amtspflichtverletzung, da die wiederholte Beurkundung in den Räumen der Gemeinde geeignet sei, den Anschein zu erwecken, der Notar stehe zu der Gemeinde in einem unangemessenen Näheverhältnis. In einem gegen den Notar eingeleiteten Disziplinarverfahren wurde daher eine Geldbuße in Höhe von 2.500 EUR festgesetzt.
Notar hatte sich nicht neutral verhalten
Gegen die Geldbuße setzte sich der Notar erfolglos zur Wehr. Nachdem die Präsidentin des Oberlandesgerichtes seinen Widerspruch zurückgewiesen hatte, bestätigte auch der BGH die mit der Disziplinarverfügung getroffene Entscheidung.
- In der wiederholten Beurkundung in den Räumen der Gemeinde als einer der Vertragsparteien sah der BGH ein unangemessenes Verhalten des Notars,
- da er keine sachlichen Gründe für die Auswärtsbeurkundungen vorweisen konnte.
Nach Auffassung des BGH hat der Notar durch sein Verhalten daher den Eindruck erweckt, dass er den Interessen der Gemeinde nähersteht als den Belangen der anderen Vertragspartei. Daran änderte auch nichts der Umstand, dass es sich bei der begünstigten Vertragspartei um eine Gemeinde und damit um eine Gebietskörperschaft handelt, denn auch diese verfolgen eigene Interessen bei Grundstückskaufverträgen, sodass ein Interessengegensatz zur anderen Vertragspartei bestehen kann.
(BGH, Beschluss v. 22.03.2021, NotSt(Brfg) 4/20).
Weitere News zum Thema:
Haftung des Notars bei Verwendung einer unbefristeten Fortgeltungsklausel
Verjährung der notariellen Amtshaftung
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.172
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7342
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.635
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.613
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.471
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.400
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.368
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.305
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.136
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0461
-
Cyber Resillience Report zeigt Anstieg der Ransomware-Attacken und höhere Zahlungsbereitschaft
14.11.2024
-
Risikoreicher Gehweg: Fußgänger stürzt auf Gehweg über Kante – haftet die Stadt?
18.10.2024
-
Bundeslagebild Cybercrime zeigt deutlichen Anstieg der Cyberkriminalität
30.08.2024
-
Strafanträge sind jetzt digital möglich
16.08.2024
-
Reform: Erstellung öffentlicher Urkunden künftig elektronisch
23.05.2024
-
Neues Selbstbestimmungsgesetz soll kurzfristig in Kraft treten
22.04.2024
-
EM in Deutschland: „Public Viewing“ bis in die Nacht
11.04.2024
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
19.03.2024
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
05.03.2024
-
Wichtige Grundsätze des BGH zum Zeugnisverweigerungsrecht
07.02.2024