Strafverteidiger-Privileg bewirkt gelockerte Geldwäsche-Auslegung

Strafverteidiger erhalten ihre Honorare meist von denen, die sie verteidigen – und das sind nicht selten Verbrecher. Da liegt der Verdacht nahe, dass es auch aus einer rechtswidrigen Tat stammen kann. Dennoch macht der Verteidiger sich durch die Annahme des Honorars nicht grundsätzlich strafbar. Vielmehr gilt für sie aus Gründen der Berufsfreiheit eine einschränkende Auslegung des Geldwäschetatbestandes.

Die Berufsausübungsfreiheit  der Strafverteidiger gebietet die einschränkende Auslegung des Geldwäschetatbestandes § 261 StGB. Dies hat erneut das BVerfG entschieden und damit seine bereits seit Jahren geltende Rechtsprechung bestätigt und ausgedehnt. Es lehnte zwar eine Verfassungsbeschwerde aus formalen Gründen ab, stellte aber in seinem ablehnenden Beschluss wegweisende Grundsätze zum Umgang mit einem Geldwäschevorwurf gegenüber Strafverteidigern auf.

Verfassungsbeschwerden zweier Strafverteidiger und ihrer Mandantin

Gegenstand der Entscheidung waren die Verfassungsbeschwerden zweier Strafverteidiger und ihrer Mandantin.

Die Mandantin hatte von einem Schweizer Konto ihres Mannes 50.000 Euro auf das Kanzleikonto als Honorar überwiesen.

Der Ehemann der Mandantin hatte durch ein betrügerisches Schneeballsystem Anleger um insgesamt 312 Millionen Euro geprellt und war in diesem Zusammenhang zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren und acht Monaten verurteilt worden.

Ein Teil der Beute befand sich auf dem Schweizer Konto, über das die Ehefrau die Verfügungsbefugnis hatte.

Verfahren wegen Geldwäsche eingeleitet

Später hatten die Verteidiger die Schweizer Bank direkt um Überweisung eines Honorarbetrages von weiteren ca. 50.000 Euro gebeten. Zu diesem Zeitpunkt war das Konto jedoch bereits durch die Schweizerische Staatsanwaltschaft gesperrt.

  • Darauf leitete die deutsche Staatsanwaltschaft gegen die beiden Verteidiger und ihrer Mandantin ein Verfahren wegen Geldwäsche ein.
  • Sowohl die beiden Strafverteidiger als auch deren Mandantin wurden wegen Geldwäsche bzw. versuchter Geldwäsche verurteilt.

Berufsausübungsfreiheit als überragendes Rechtsgut

Die hiergegen eingelegten Verfassungsbeschwerden der drei Delinquenten hatten aus formalen Gründen keinen Erfolg. Inhaltlich stellte das BVerfG in seinem ablehnenden Beschluss jedoch zugleich Grundsätze zum Geldwäschevorwurf gegenüber Strafverteidigern auf.

  • Dreh- und Angelpunkt ist hierbei der Freiraum, den das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1GG gewährt.
  • Dieser Freiraum kann nach Auffassung des BVerfG auch durch Vorschriften ohne primär berufsregelnde Zielrichtung tangiert werden.
  • Dies sei dann der Fall, wenn die tatsächlichen Auswirkungen der Regelung zu einer Beeinträchtigung der freien Berufsausübung führten. 

Einschränkende Auslegung des Geldwäschetatbestandes

Eine solche mögliche Beeinträchtigung der freien Berufsausübung kann nach der Rechtsprechung des BVerfG bei Strafverteidigern auch durch die Geldwäschevorschrift des § 261 StGB gegeben sein.  Diese Vorschrift stellt in Abs. 2 das Sich-Verschaffen, Verwahren oder Verwenden eines aus einer rechtswidrigen Tat stammenden Gegenstandes (Geld) unter Strafe.

Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot

Hierzu hat das höchste deutsche Gericht bereits im Jahr 2004 entschieden, dass die uneingeschränkte Anwendung des Verschaffungstatbestandes dieser Vorschrift für den Adressatenkreis der Strafverteidiger gegen einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot darstelle. Hiermit wäre ein unzulässiger Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Strafverteidiger verbunden.

Geldwäsche nur bei sicherem Wissen über die rechtswidrige Honorarherkunft

Die Vorschrift sei daher einschränkend dahin auszulegen, dass die Entgegennahme eines Honorars durch Strafverteidiger nach dieser Vorschrift nur bei sicherem Wissen über die rechtswidrige Herkunft des Honorars strafbar sei. In diesem Falle trete der Strafverteidiger aus seiner Rolle als Organ der Rechtspflege heraus.

  • Die Vorschrift sei daher einschränkend dahin auszulegen, dass der Strafverteidiger dann nicht strafbar sei, wenn er lediglich für möglich halte (bedingter Vorsatz), dass das Honorar aus einer rechtswidrigen Tat stammt (BVerfG, Urteil v. 30.3.2004, 2 BvR 1520/01;1521/01).
  • Die Verfassungsrichter fügten hinzu, dass sie Strafverfolgungsbehörden auf diese Auslegung bereits ab Beginn des Ermittlungsverfahrens Rücksicht zu nehmen hätten.

Ausdehnung des Verteidigerprivilegs

Die Bedeutung der jetzigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht liegt darin, dass das Gericht diese Auslegung auf den Vereitelungs- und Gefährdungstatbestand des § 261 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgedehnt hat. Der Geldfluss von einem Konto des Mandanten, auf dem rechtswidrige Gelder gehortet werden, sei auch hiernach objektiv tatbestandlich als Angriff auf die mögliche Sicherstellung durch die Staatsanwaltschaft zu werden. Wenn an dieser Stelle für die Strafbarkeit aber lediglich bedingter Vorsatz oder sogar Leichtfertigkeit genügen würden, liefe nach Auffassung des Gerichts die Rechtsprechung zu Abs. 2 der Vorschrift leer.

Deshalb müsse an dieser Stelle die gleiche Einschränkung gelten, so dass nur bei sicherem Wissen hinsichtlich des Makels der Geldquelle eine Strafbarkeit des Verteidigers in Betracht komme.

Vertrauen zwischen Anwalt und Mandant absichern

Die Notwendigkeit dieser Einschränkung ergebe sich daraus, dass das Vertrauen zwischen Anwalt und Mandant vorrangigen Schutz vor dem Interesse der Strafverfolgungsbehörden an der Sicherstellung rechtswidrig erlangten Vermögens genieße. Andernfalls sei eine effektive Verteidigung durch einen Wahlstrafverteidiger nicht zu gewährleisten.

Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen

Im konkreten Fall brachte diese Auffassung des BVerfG den Betroffenen allerdings keine Vorteile. Ihre auf Art. 12 GG gestützten Verfassungsbeschwerden blieben erfolglos, weil ihr Vorbringen den verfassungsprozessualen Darlegungsanforderungen nicht gerecht wurde. Die Betroffenen hatten nach Auffassung des BVerfG weder den Sachverhalt schlüssig dargelegt noch sich mit den angegriffenen Entscheidungen in hinreichender Form sachlich und rechtlich auseinander gesetzt. Aus diesem Grund sahen die Verfassungsrichter sich außer Stande, die Verfassungsbeschwerden überhaupt zur Entscheidung anzunehmen.

(BVerfG, Beschluss v. 28.7.2015, 2 BvR 2558/14; 2 BvR 2573/14; 2 BvR 2571/14).


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