Behindertenausweis ist im Parkverbot kein Abschlepphindernis

Keine Barrierenfreiheit beim Abschleppen: Die Regeln für das Abschleppen eines verbotswidrig geparkten Fahrzeuges ändern sich nicht dadurch, dass hinter der Windschutzscheibe ein Behindertenausweis klebt. Das Fahrzeug darf auch dann zum üblichen Abschlepphof verbracht werden, selbst wenn der meilenweit entfernt liegt.

Einmal im Jahr findet in Köln ein großer Marathonlauf, der Köln-Marathon, statt. Zu diesem Ereignis werden bereits an den vortragen großflächig Parkverbotsschilder aufgestellt. Der Inhaber eines Behindertenausweises und Halter eines mit einem entsprechenden Ausweis versehenen Fahrzeuges fand keinen geeigneten Parkplatz in der Nähe seiner Wohnung und stellte sein Fahrzeug trotz der Verbotsschilder in der Halteverbotszone ab.

Besondere Pflicht zur Rücksicht auf Behinderte reklamiert

Die Stadt ließ alle Fahrzeuge, die im Bereich der durch Parkverbote gekennzeichneten Flächen für den Köln-Marathon abgestellt waren, am frühen Morgen abschleppen, so auch das Fahrzeug des späteren Klägers. Da im unmittelbaren Sichtbereich kein freier erlaubter Parkplatz ersichtlich war, ließ die Außendienstmitarbeiter in der Stadt das Fahrzeug des Klägers zum nicht ganz nahen Abschlepphof verbringen.

Abschleppen zum entfernten Abschlepphof: Schikane für behinderte Fahrzeughalter?

Diese Maßnahme hielt der Kläger für überzogen. Er war der Auffassung, dass die mit der Abschleppanordnung befasste Außendienstmitarbeiterin die Pflicht gehabt hätte, sich um einen in der Nähe befindlichen zulässigen Abstellplatz zu bemühen. Schließlich habe der Behindertenausweis gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe geklebt. In einem solchen Fall bestünde eine Pflicht zur besonderen Rücksichtnahme gegenüber dem Fahrzeughalter. Ein Abschleppen zum weit entfernten Abschlepphof sei für behinderte Fahrzeughalter eine Schikane.

Unverschämt hohe Abschlepprechnung

Der Fahrzeughalter wehrte sich gegen die erheblichen, ihm in Rechnung gestellten Abschleppkosten. Die Differenz zwischen dem voraussichtlichen Kostenbetrag, der bei Umsetzung des Fahrzeuges in eine nahe gelegene zulässige Parkmöglichkeit mutmaßlich entstanden wäre und der nach seiner Auffassung erheblich erhöhten Kosten durch Verbringung des Fahrzeuges in den entfernten Abschlepphof forderte er von der Stadt zurück.

Keine Pflicht zur Erkundung von alternativen Parkflächen außerhalb des Sichtbereichs

Das angerufene VG Köln hatte kein Verständnis für das Begehren des Fahrzeughalters.

  • Nach Auffassung des VG wäre eine Umsetzung des Fahrzeugs nur dann in Betracht gekommen, wenn im Sichtbereich des verbotswidrig abgestellten Fahrzeuges Alternativstandorte zur Verfügung gestanden hätten.
  • Die Stadt treffe aber keine Pflicht zur Erforschung von Alternativstandorten außerhalb des Sichtbereichs.
  • Dies könne den Außendienstmitarbeitern der Stadt nicht zugemutet werden, ansonsten sei die Räumung der für den Marathon benötigten Flächen auch nicht in einem angemessenen Zeitraum durchführbar.

Fast im gesamten Innenstadtbereich hätte ein Parkverbot wegen der Großveranstaltung Marathon bestanden. Hier gelten nach Auffassung des Gerichts für mit einem Behindertenausweis versehenen Fahrzeuge die gleichen Regeln wie für andere Fahrzeuge.

(VG Köln, Urteil v.1.10.2015, 20 K 5858/14).

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