Keine Folgen bei extrem kurzer Trunkenheitsfahrt? 1 Qs 171 94

Ein Absehen von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ist trotz Trunkenheit am Steuer ausnahmsweise möglich, wenn die Fahrtstrecke besonders kurz war und keine Umstände hinzukommen, die eine Entziehung erforderlich machen.

Ein junger Mann war mit dem Kraftfahrzeug zur Disco gefahren und hatte dort in nicht unerheblichen Maße dem Alkohol zugesprochen. Sein Fahrzeug hatte er vor der Disco auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz geparkt.  Dort wollte er auch bleiben.

Wollte seinen Rausch auf dem Parkplatz ausschlafen

Nach Verlassen der Disco bestieg er sein Fahrzeug und legte mit diesem wenige Meter auf dem Parkplatz zurück. Zu seinem Pech führten dort Polizeibeamte eine Kontrolle durch und stellten bei dem Betroffenen eine Überschreitung der zulässigen Promillegrenze fest.

Auto nur wenige Meter auf dem Parkplatz bewegt

Gegen ihn wurde ein Verfahren wegen Trunkenheit im Straßenverkehr eingeleitet; seine Fahrerlaubnis wurde vorläufig entzogen. Hiergegen wehrte sich der Beschuldigte mit der Begründung, er habe sein Fahrzeug nur wenige Meter auf dem Parkplatz bewegt und lediglich umsetzen wollen, weil die vorherige Parksituation ungünstig gewesen sei.

Schlafdecken mit sich geführt, die Polizeibeamten gesehen hätten

Er habe dann in dem Fahrzeug übernachten und erst am nächsten Tag weiterfahren wollen. Zu diesem Zweck habe er Schlafdecken im Fahrzeug mit sich geführt, die die Polizeibeamten auch gesehen hätten.

Ausnahme von der Entziehung der Fahrerlaubnis möglich

Das AG Verden hatte ein Einsehen mit dem Beschuldigten. Der Beschuldigte habe durch das Führen des Kraftfahrzeugs nur wenige Meter auf dem für den öffentlichen Verkehr zugänglichen Parkplatz zwar den Tatbestand der Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB erfüllt, dennoch sei nicht mit Sicherheit davon auszugehen, dass es im Strafverfahren zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis komme.

Nicht ungeeignet zur Teilnahme am Straßenverkehr

Gemäß § 69 Abs. 2 StGB sei bei einer Trunkenheitsfahrt zwar regelmäßig davon auszugehen, dass der Fahrzeugführer ungeeignet zur Teilnahme am Straßenverkehr und ihm daher die Fahrerlaubnis zu entziehen sei, Ausnahmen seien jedoch möglich, wenn die Straftat in ihrer Schwere als gegenüber dem Normalfall deutlich herabgesetzt erscheine.

Die Decken haben ihn gerettet

Im konkreten Fall war nach Auffassung des AG davon auszugehen, dass der Beschuldigte der nicht wirklich am öffentlich Straßenverkehr habe teilnehmen wollen. Das Bewegen des Fahrzeugs wenige Meter auf dem Parkplatz zur Einnahme eine angemessene Parkposition sei zwar nicht zu entschuldigen, liege jedoch im Unrechtsgehalt deutlich unter dem Normalfall des Fahrens im öffentlichen Straßenraum.

Parkplatzübernachtung glaubhaft und plausibel

Die Einlassung des Beschuldigten hielt das Amtsgericht auch für glaubhaft und plausibel, da er tatsächlich einige Decken für die Übernachtung im Innenraum des Fahrzeugs mitgeführt hatte. Die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis im Hauptverfahren sei daher nicht unbedingt wahrscheinlich, so dass auch eine vorläufige Entziehung nicht angezeigt sei. Die weitere Klärung des Gesamtsachverhalts müsse dem Hauptsacheverfahren überlassen werden.

(AG Verden, Beschluss v. 04.12.2013, 9a Gs 924 Js 43392/13).

Umstände des Einzelfalls entscheiden über die vorläufige Entziehung

 Die Entscheidung des AG Verden reiht sich ein in ähnlich begründete Entscheidung anderer Gerichte. Von einer vorläufigen Ziehung der Fahrerlaubnis sehen die Richter in der Regel dann ab, wenn das Fahrzeug tatsächlich nur eine extrem kurze Strecke bewegt wurde. (LG Gera, Urteil vom 05.07.1999, 650 Js 15513/98 – Fahrstrecke 20 m). Eine solche Ausnahme vom Regelentzug ist allerdings ausgeschlossen, wenn der Beschuldigte einen Schaden verursacht. So hat das LG Dessau in einem ähnlichen Fall des bloßen Umparkens die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis bestätigt, weil der Beschuldigte hierbei einen Schaden verursacht hatte (LG Dessau, Beschluss v. 30.11.2019 94, 1 Qs 171/94).


Schlagworte zum Thema:  Fahrerlaubnis, Suchtprävention