Bei Rot über eine vermeintlich defekte Ampel – mildes Urteil
Das kann beim besten Willen nicht mit rechten Dingen zugehen, dachte sich ein Autofahrer, der an einer roten Ampel in vorderster Position auf der Linksabbiegespur stand und der vergeblich darauf wartete, dass diese auf Grün springt. Besonders irritierte den Mann, dass die Geradeausfahrer bereits fünf Grünphasen hatten, die Ampel für Linksabbieger aber wie eingefroren auf Rot stand.
Sechs Mal Grün auf der benachbarten Geradesausspur
Als die Ampel für die geradeaus Fahrenden zum sechsten Mal auf Grün sprang, seine Ampel aber immer noch auf Rot verblieb, verlor der Mann die Geduld. Im Glauben, dass die Linksabbiegeampel defekt sein müsse, fuhr er trotz Rotlichts los und bog links ab.
Der Verkehrsverstoß blieb nicht unbemerkt: Auf der Geradeausspur befand sich ein Einsatzfahrzeug der Polizei, die den Rotlichtverstoß direkt mitbekam.
Ampel nicht defekt, aber eigenartige Schaltung
Auch der befragte Polizeibeamte gab zu, dass es sich bei der Lichtzeichenanlage um eine eigenartige Schaltung handele, die sich ihm nicht erschließe. Es sei tatsächlich so, dass nicht nach jeder Grünphase für Geradeausfahrer auch eine Grünphase für Linksabbieger folge.
Nur fahrlässiger Rotlichtverstoß
Wie ist das Vergehen angesichts dieser doch recht besonderen Umstände einzuordnen? Das Gericht kam letztlich zu der Einschätzung, dass der Mann nur wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes nach §§ 37 Abs. II, 49 StVO, 24 StVG zu verurteilen sei.
Das OLG Hamm war in einem entsprechenden Fall (OLG Hamm, Urteil v. 10.6.1999, 2 Ss OWi 486/99) zu der Überzeugung gekommen, dass ein Tatbestandsirrtum vorliege. Das OLG hatte damals entschieden, dass der Tatbestandsirrtum sich nicht insgesamt auf die Verurteilung wegen Rotlichtverstoßes auswirke, sondern nur auf das subjektive Merkmal des Vorsatzes und deshalb zu einer Fahrlässigkeitsverurteilung führe. Das OLG erkannte damals auf eine Regelgeldbuße wegen eines einfachen Rotlichtverstoßes.
Handlungsunrecht wegen Irrtumssituation herabgesetzt
Ähnlich argumentierte auch das Amtsgericht Dortmund. Der Verstoß sei nicht als grob pflichtwidrig einzuordnen. In Irrtumssituationen, wie im vorliegenden Fall, sei das Handlungsunrecht herabgesetzt, so dass der Vorwurf eines groben Pflichtverstoßes nach § 25 Abs. 1 StVG entfalle. Dementsprechend hat das Gericht auch kein Fahrverbot gegen den Rotsünder verhängt, sondern lediglich eine Geldbuße in Höhe von 90 Euro.
(AG Dortmund, Urteil v. 4.2.2017, 729 OWi 9/17)
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