Muss die Kaskoversicherung für einen Überschwemmungsschaden am Auto zahlen?
Ein Autofahrer war in eine überschwemmte Unterführung unter einer S-Bahnbrücke eingefahren. Dort musste er stehen bleiben, weil sich der Verkehr staute. Das Wasser in der Unterführung stieg weiter, drang in das Fahrzeug ein und verursachte einen Schaden.
Kaskoversicherer sieht im Einfahren in die überschwemmte Unterführung eine grobe Fahrlässigkeit
Die Kaskoversicherung wollte den entstandenen Schaden nicht ersetzen und warf dem Autofahrer unter anderem ein grob fahrlässiges Verhalten vor, weil er in die Unterführung eingefahren war, obwohl er hätte erkennen müssen, dass sich dort bereits Wasser angesammelt hatte.
Kammergericht Berlin sah keine grobe Fahrlässigkeit des Autofahrers
Das Kammergericht Berlin schloss sich der Argumentation der Versicherung nicht an und sah keine grobe Fahrlässigkeit bei dem Autofahrer. Die beklagte Versicherung habe selbst vorgetragen, dass andere Autos die S-Bahnbrücke trotz der Überschwemmung durchquert hätten. Zudem sei der Autofahrer auch nicht sehenden Auges in eine Gefahrenstelle eingefahren.
BGH zur Zerstörung eines Fahrzeugs durch ein Naturereignis
Das Kammergericht verwies auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil v. 26.4.2016, IV ZR 154/05), in der der BGH die Auffassung vertreten hatte, dass zwischen die durch ein Naturereignis bedingte Einwirkung und deren Erfolg, also der Beschädigung oder der Zerstörung eines Fahrzeugs, keine weitere Ursache treten dürfe.
Diese Voraussetzung sei auch gegeben, wenn der Autofahrer in den Bereich einer Überschwemmung hineingefahren sein sollte. Denn auch in diesem Fall ist die letzte und einzige Schadensursache die Einwirkung des aus der Unterführung nicht ablaufenden Wassers auf das Auto.
Kammergericht Berlin: Unfall liegt auch bei wasserbedingtem Motorschlag vor
Das Gericht führte zudem aus, dass es auch dann das Vorliegen eines Unfalls bejahen würde, wenn es infolge des Hineinfahrens in eine Wasseransammlung zu einem Motorschlag kommen würde, weil der Motor Wasser angesaugt habe. Der Aufprall auf eine Wasserfläche mit einem Fahrzeug sei nicht anders zu bewerten als der Aufprall gegen einen festen Gegenstand. In beiden Fällen liege ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis vor.
(KG Berlin, Urteil v. 28.08.2020, 6 U 58/19).
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