Elementarschadenversicherung gegen Naturkatastrophen – teuer, aber wichtig
Die aktuelle Überflutungs- und Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und auch in Teilen Bayerns führt die Wichtigkeit einer Elementarschadenversicherung eindrücklich vor Augen. Nur Hauseigentümer, die eine Elementarschadenpolice besitzen, sind gegen Schäden durch Starkregen und Überschwemmungen finanziell einigermaßen abgesichert. Hausbesitzer mit einer einfachen Wohngebäudeversicherung haben demgegenüber schlechte Karten.
Welche Schäden deckt die Wohngebäudeversicherung ab?
Viele Hauseigentümer schließen lediglich eine Wohngebäudeversicherung ab. Sie kommt auf für Schäden durch Sturm, Hagel, Feuer und Leitungswasser am Gebäude, nicht dagegen für Schäden durch Naturereignisse wie Starkregen, Überschwemmungen oder Lawinen. Neben den Schäden am Gebäude sind mit der Wohngebäudeversicherung Schäden am festen Inventar abgedeckt. Zum festen Inventar gehören Heizungsanlagen, die Einbauküche, der fest mit dem Gebäude verbundene Fußboden, auch die eingebaute Badewanne. Die eigentliche Wohnungseinrichtung wie Möbel, Elektrogeräte sind dagegen Gegenstand der Hausratversicherung.
Elementarschadenversicherung schützt gegen Folgen von Naturereignissen
Die Schäden infolge von Naturereignissen wie Starkregen, Überschwemmung oder Lawinen, Erdrutsche und Erdsenkungen, Erdbeben und Vulkanausbrüche sind durch die sogenannte Elementarschadenversicherung abgedeckt. Neuerdings benutzen die Versicherungsgesellschaften auch den Begriff Naturgefahrenschutzversicherung.
Auch die Elementarversicherung kann Deckungslücken haben
Hauseigentümer müssen darauf achten, dass die Elementarversicherung auch Schäden aus sog. Rückstau einschließt. Das sind Schäden, die entstehen, wenn nach Starkregen oder Überschwemmung Wasser durch Leitungen des Gebäudes ins Haus gelangt (Rückstau). Nicht alle angebotenen Elementarversicherungen umfassen diese Schadensabfolge. Bei Erdsenkungen besteht Versicherungsschutz durch die Elementarversicherung nur, wenn die Erdsenkung naturbedingt ist. Schäden durch Erdsenkungen beispielsweise als Folge von Steinkohleabbau oder infolge von Bautätigkeiten sind nicht versichert.
Komplementäre Versicherungen, die wichtig sein können
Für Hauseigentümer sind daneben unter Umständen wichtig
- eine Feuerversicherung für Schäden durch Brand, Blitzschlag oder Explosion,
- die Leitungswasserversicherung für Schäden durch Leitungswasser und Frost (beispielsweise aus gefrorenem Leitungswasser resultierende Bruchschäden),
- die Sturmversicherung für Sturm und Hagelschäden ab Windstärke 8 (abgedecktes Dach).
Problem: Hohe Versicherungsprämien
Problem beim Abschluss einer Elementarschadenversicherung sind die Kosten. Diese werden von den Versicherungen vor allem nach dem jeweiligen Wohnort gestaffelt. Reduziert werden können die Kosten durch Vereinbarung einer Selbstbeteiligung, die bei manchen Versicherungsgesellschaften ohnehin obligatorisch ist.
Prämien für Elementarschadenversicherungen nach Risikoklassen
Soweit sich ein Gebäude in einem ausgewiesenen Risikogebiet für Überschwemmungen (Regionen in Flussnähe), Erdrutsche, Erdsenkungen (Bergwerk-Region), Lawinen (Wintersportregionen) oder Erdbeben (Oberrheingraben) befindet, sind Elementarschadenversicherungen häufig unangemessen teuer und in extremen Lagen auch gar nicht zu bekommen.
Die Versicherungsgesellschaften bestimmen die Höhe des Beitrages nach dem sogenannten Zonierungssystem für Überschwemmungen, Rückstau und Starkregen (ZÜRS). Hiernach werden die Risiken in vier Klassen eingeteilt (Klasse 1 bedeutet Gefährdung seltener als einmal in 200 Jahren, Klasse 4 Gefährdung durch Hochwasser statistisch alle zehn Jahre). Der Grundsatz lautet: Je höher das Risiko ist, umso höher ist die Prämie.
Unvermeidbare Risikoausschlüsse
Die Elementarschadenversicherungen schließen Schäden aufgrund einer Sturmflut oder infolge von eindringendem Grundwasser in das Gebäude aus. Gelangt bei einer Überschwemmung gleichzeitig Grundwasser ins Haus, besteht auch dafür Versicherungsschutz. Bei Mischursachen durch Grundwasser und Überschwemmung entstehen in der Praxis häufig Beweisprobleme, denn auch hier muss der Versicherte den Eintritt der Voraussetzungen für den Versicherungsschutz im Schadensfall grundsätzlich beweisen.
Risikofalle: Grobe Fahrlässigkeit
In der Praxis ist es wichtig, die Versicherungsbedingungen im einzelnen zu studieren. Häufig schließen die Versicherungen eine Haftung für Schäden infolge grober Fahrlässigkeit aus. Dies kann im konkreten Versicherungsfall zu erheblichen Streitigkeiten über die Auslegung des Begriffs der groben Fahrlässigkeit führen. Hier helfen Vergleichsportale, Versicherungen zu finden, die die Haftung bei grober Fahrlässigkeit nicht ausschließen. Auch die Übernahme von Abbruch- oder Aufräumkosten sollte in dem Versicherungsvertrag nicht ausgeschlossen sein, ebenso wenig mögliche Mehrkosten infolge behördlicher Auflagen, beispielsweise für eine behördlich geforderte höhere Wärmedämmung beim Wiederaufbau.
Risikofalle: AVB
Häufig werden den Versicherten in den allgemeinen Versicherungsbedingungen bestimmte Pflichten auferlegt, bei deren Verletzung die Versicherung von der Haftung befreit ist. So verlangen die Versicherer bei einer Elementarschadenversicherung in Verbindung mit einer Hausratversicherung in der Regel, dass im Kellerbereich Gegenstände mindestens 12 cm über Fußbodenhöhe gelagert werden. Näher am Fußboden gelagerte Gegenstände werden vom Versicherungsschutz bei Wasserschäden nicht erfasst. Außerdem müssen beispielsweise Kellerfenster in der Regel wasserdicht versiegelt sein.
Problem Neuwertversicherung
Grundsätzlich ist der Abschluss auf der Grundlage einer Berechnung des Neuwertes des Gebäudes zu empfehlen. Dies beinhaltet allerdings bei einer Vereinbarung fester Versicherungssummen die Gefahr, dass bei steigenden Baukosten und Gebäudepreisen die Versicherungssumme schon nach wenigen Jahren zu gering sein kann. Daher ist grundsätzlich die Vereinbarung eines gleitenden Neuwertes zu empfehlen, der den Baupreisindex in Form einer jährlichen Anpassung berücksichtigt.
Was im Schadensfall wichtig ist
Entscheidend im Schadensfall ist
- die unverzügliche Meldung des Schadens gegenüber der Versicherung.
- Schäden am Gebäude sollten umgehend durch Fotos und gegebenenfalls schriftliche Aufzeichnungen dokumentiert werden.
- Der Versicherte ist in jedem Fall verpflichtet, weitere Schäden nach Möglichkeit abzuwenden und entsprechende Maßnahmen einzuleiten (bei Überschwemmung umgehend den Keller ausräumen).
Die eigenständige Behebung von Schäden ohne vorherige Begutachtung durch die Versicherung sollte nur nach Absprache mit der Versicherung erfolgen.
Hinweis: Der Versichererverband GDV gibt den im Internet einsehbaren Kompass Naturgefahren heraus. Hauseigentümer können dort unter Eingabe Ihrer Adresse die konkrete Höhe der Gefahr für das jeweilige Grundeigentum ermitteln.
Beendigung des Versicherungsvertrages
Die Beendigung des Versicherungsvertrages erfolgt in der Regel durch Kündigung. Die Kündigung ist drei Monate vor Ende des Versicherungsjahres zu erklären. Das Versicherungsjahr beginnt mit dem Tag des Abschlusses der Versicherung. Einige Versicherungen sehen eine mehrjährige Mindestlaufzeit vor. Bei Eintritt eines Versicherungsfalls besteht grundsätzlich ein außerordentliches Kündigungsrecht innerhalb eines Monats nach dem Versicherungsfall. Ein solches außerordentliches Kündigungsrecht besteht auch im Fall einer Beitragserhöhung innerhalb eines Monats nach Mitteilung der Beitragserhöhung.
Versicherungen gehen bei Grundstücksübertragung mit über
Im Fall eines Eigentümerwechsels gehen die Gebäudeversicherung sowie die Elementarschadenversicherung auf den neuen Eigentümer über. Dies gilt auch im Erbfall. Im Erbfall - nicht beim Kauf - gilt ein einmonatiges Sonderkündigungsrecht nach dem Eigentumseintrag im Grundbuch.
Außerordentliche Kündigung durch die Versicherung nach einem Schadensfall
Auch die Versicherungsgesellschaft hat im Schadensfall ein Recht zur außerordentlich Kündigung. Nach einer solchen Kündigung ist es in der Regel mit Schwierigkeiten verbunden, einen neuen Versicherungsvertrag bei einem anderen Unternehmen abzuschließen. Eine solche Kündigung kann gegenüber der neuen Versicherung auch nicht verschwiegen werden, da die entsprechenden Daten im Hinweis- und Informationssystem der Versicherungen (HIS) gespeichert werden.
Versicherungsseitige Kündigung nach Möglichkeit vermeiden
Einige Versicherungen sind im Fall einer versicherungsseitigen Kündigung zu einer sogenannten Kündigungsumkehr bereit, d.h. der Versicherte kündigt selbst und die Versicherung nimmt die Kündigung ihrerseits zurück. Dies hat den Vorteil, dass die versicherungsseitige Kündigung nicht im HIS vermerkt wird.
Verbände warnen schon lange
Nicht nur Naturschutzverbände warnen bereits seit langem vor extremen Wetterereignissen infolge des globalen Klimawandels. Bereits im Jahr 2019 hat der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen deshalb in einem ausführlichen Gutachten über aktuelle Naturgefahren eine verpflichtende Katastrophenversicherung für Wohngebäude zum Schutz vor den Folgen von Naturgefahren vorgeschlagen. Die neuartigen Risiken des Klimawandels - so der Sachverständigenrat - und die sich dadurch ständig erhöhende Gefahr extremer Naturereignisse ließen eine solche Versicherungspflicht für die gesamte Bundesrepublik als adäquate Reaktion der Politik auf drohende Gefahren für die Bevölkerung erscheinen.
Pflichtversicherung würde zur Senkung der Versicherungsprämien führen
Ausführlich ging der Sachverständigenrat in seinem Gutachten auf den spürbaren Anstieg der Gefahren durch Starkregen und Hochwasser ein. Die Bevölkerung sei gegen die Folgen der daraus resultierenden Schäden nicht ausreichend geschützt. Neben dem Klimaschutz als solchem sei auch der Schutz der Bevölkerung vor den unmittelbaren Folgen des Klimawandels eine wichtige Aufgabe der Politik.
Eine Pflichtversicherung die von allen abgeschlossen wird, könnte dabei auch ein wichtiger Beitrag zur Senkung der Versicherungsprämien in diesem Bereich sein, da die Lasten sich in diesem Fall auf eine größere Zahl an Hauseigentümern verteilen würden. Die Umsetzung einer Versicherungspflicht erscheint angesichts möglicher Belastungen der Hauseigentümer durch hohe Prämien und der Weigerung der Versicherer, für bestimmte Gebiete überhaupt Versicherungsschutz bei Naturkatastrophen zu gewähren, allerdings schwierig. Bundeskanzlerin Merkel lehnt eine Pflichtversicherung gegen Naturkatastrophen ab.
Allerdings wäre sie kein Novum: In Baden-Württemberg mussten Gebäudeeigentümer bis 1994 einen Elementarschutz haben und bis heute sind dort über 90 % entsprechend versichert. In der Schweiz ist diese Versicherung Pflicht.
Politik reagiert erst nach Verwirklichung einer Gefahr
In der Bundesrepublik und in den einzelnen Bundesländern dürften Politiker aller Couleur sich in den nächsten Wochen um Konzepte zum Schutz der Bürger vor den Gefahren von Naturkatastrophen bemühen, wie zumeist leider etwas spät. Bisher liefern die einzelnen Bundesländer den Bürgern in unterschiedlicher Weise auf ihren Websites mehr oder weniger nachvollziehbare Informationen und Vorschläge zum Schutz vor Starkregen- und Hochwasserereignissen. Einige Bundesländer geben Gefährdungskarten heraus, die besonders gefährdete Gebiete ausweisen.
Schnelles Handeln von der Politik erwartet
Die bisher getroffenen Maßnahmen dürften nicht ausreichen, um in Zukunft die Bevölkerung besser gegen die Folgen von gravierenden Naturereignissen wie Überschwemmungen, Starkregen, aber auch gegen die als Folge der Erderwärmung immer häufiger zu beobachtenden großflächigen Waldbrände zu schützen. Schnell umsetzbare, koordinierte Vorsorge- und Schutzkonzepte sowie klare Regeln für finanzielle Hilfen im Katastrophenfall müssen her, denn auch die bestmögliche Umweltpolitik kann sich frühestens in Jahrzehnten auswirken und wird den akut von Überschwemmungs- und sonstigen Katastrophen Betroffenen kurzfristig wenig helfen.
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