Verabredung zum Crash – muss die Haftpflichtversicherung zahlen?

Wer sich zu einem Verkehrsunfall verabredet, kann nicht damit rechnen, dass dann auch noch die Versicherung für den Schaden aufkommt.

Crash im Kreisverkehr, aber ganz vorsichtig. Mit langsamen 22 Kilometern stoßen zwei Fahrzeuge im Kreisverkehr zusammen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Der BMW X5 des Klägers – geschätzter Wiederbeschaffungswert: 32.500 Euro – und das Auto des Beklagten – ein schrottreifer Ford Mondeo, den der Beklagte für 500 bis 600 Euro erworben hatte.

Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer?

Das OLG München beschäftigte sich mit der Frage, ob es einen Direktanspruch des Klägers gegen den Haftpflichtversicherer des Mondeo-Fahrers gibt.

Aus Sicht der beteiligten Unfallgegner war alles klar. Der beklagte Mondeo-Fahrer hatte von Anfang an seine Alleinschuld eingeräumt. Doch die Umstände des Unfallhergangs warfen vor Gericht diverse Fragen auf und legten nahe, dass der Zusammenstoß kein normaler Verkehrsunfall, sondern zwischen den beiden verabredet worden war.

Der Unfallhergang war aus mehreren Gründen sehr merkwürdig:

  • Die Kollisionsgeschwindigkeit im Kreisverkehr war ungewöhnlich niedrig: 22 (Kläger) und 20 km/h (Beklagter); eine normale Geschwindigkeit im Kreisverkehr hätte laut Gutachter zwischen 30 und 35 Stundenkilometer gelegen
  • Für den Beklagten Mondeo-Fahrer war der im Kreisverkehr herannahende BMW des Klägers ohne weiteres erkennbar. Er hätte die Kollision leicht vermeiden können, hätte er vor der Haltelinie angehalten
  • Der Kollisionswinkel war äußerst ungewöhnlich: 65 bis 70 Grad anstatt der zu erwartenden maximal 20 Grad. Der Beklagte war also praktisch senkrecht in den Kreisverkehr eingefahren, was ihm die nötige Kurvenfahrt unmöglich gemacht hätte

Das Gericht kam zu der Einschätzung, dass die beiden Unfallbeteiligten die Kollision geradezu gesucht hatten. Sie fuhren langsamer als es normal gewesen wäre, um den Unfallhergang besser zu beherrschen und das Verletzungsrisiko zu minimieren.

Eine noch geringere Geschwindigkeit sei deshalb nicht gewählt worden, um den Unfall für mögliche Zeugen nicht zu auffällig erscheinen zu lassen und um für Ersatzansprüche „lohnende Schäden“ zu sorgen.

Profitieren dank fiktiver Abrechnung?

Das Motiv für die Absprache? Zwar hat der Kläger tatsächlich einen Schaden erlitten. Bei einer fiktiven Abrechnung könne er sich den Schaden aber netto auszahlen lassen und eine Reparatur zu deutlich niedrigeren Preisen oder in Eigenregie durchführen. Gerade als Gebrauchtwagenhändler liege diese Vermutung beim Kläger recht nahe, so das Gericht.

Gericht sieht kollusives Zusammenwirken der Unfallbeteiligten

Alles in allem geht das Gericht von einem kollusiven Zusammenwirken der beiden Unfallbeteiligten aus. Dem geschädigten BMW-Fahrer stehe nach dem verabredeten Unfall kein Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners zu. Denn ein Direktanspruch setze einen Schadensersatzanspruch gegen den Unfallgegner voraus, der sich in Fällen gestellter Unfälle mangels Rechtswidrigkeit der Rechtsgutsverletzung nicht herleiten lasse.

Der beklagte Mondeo-Fahrer muss dem Kläger den Schaden in Höhe von knapp 13.500 Euro direkt ersetzen.

(OLG München, Urteil v. 07.07.2017, 10 U 4341/16)

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Schlagworte zum Thema:  Versicherungsschutz, Schadensersatz