Kein Fahrverbot weil der Verkehrsverstoß ein Augenblicksversagen war?
Begeht der Betroffene infolge Augenblicksversagens fahrlässig eine Verkehrsordnungswidrigkeit, die nicht vorkommen darf, aber erfahrungsgemäß auch dem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer unterläuft, bedarf es keiner Fahrverbotsanordnung neben einem Bußgeld.
Wie sieht es bei Geschwindigkeitsübertretungen mit der „Gnade“ des Augenblicksversagens aus?
Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen ist etwa zu prüfen, ob
- die Straßenführung Besonderheiten aufweist,
- zur Tatzeit besondere Witterungsverhältnisse herrschten,
- Schilder ggf. durch Bäume oder Fahrzeuge verdeckt waren,
- der Betroffene aus besonderen Gründen abgelenkt war
- und wie die Umgebungsbebauung am Tatort aussah,
um Anhaltspunkte für ein Augenblicksversagen zu erhalten.
Beispiel: Ein Fahrer hat zur Nachtzeit innerorts die Geschwindigkeit um 46 km/h überschritten. Die Straßenbeleuchtung fehlte und auf gleicher Höhe des Ortsausgangsschildes befand sich auf der anderen Straßenseite das Orteingangsschild des sich unmittelbar anschließenden Ortes, das der Fahrer übersah und somit glaubte außerhalb der Ortschaft zu fahren (OLG Rostock, Beschluss v. 21.6.2004, 2 Ss (OWi) 117/04 I 90/04).
Was gilt bei Rotlichtverstößen?
Bei Rotlichtverstößen sind als Augenblicksversagen anerkannt
- die Frühstarterfälle, bei denen die Ampel beim Losfahren noch Rot-Gelb anzeigt und
- der sog. Mitzieheffekt, wenn an einer Kreuzung zunächst bei Rotlicht angehalten und noch vor Umschalten des für ihn geltenden Wechsellichtzeichens auf Grund eines Wahrnehmungsfehlers in die Kreuzung eingefahren wird.
Beispiel: Ein Fahrer hielt an einer roten Ampel. Nach ca. 37 Sekunden Rotlichtdauer nahm er – da ihm der Gegenverkehr entgegenkam und eine etwa 80 m in seiner Fahrrichtung entfernte Lichtzeichenanlage bereits wieder grün zeigte, irrtümlich an, dass auch die für ihn geltende Ampel schon wieder grün hatte und fuhr trotz andauernden Rotlichts los.
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