Gehört der Parkplatz eines Einkaufscenters auch nachts zum öffentlichen Straßenverkehr?
Ein Autofahrer wurde gegen ein Uhr nachts auf dem Parkplatz eines Einkaufscenters kontrolliert, als er gerade rückwärts aus einer Parklücke herausfuhr. Eine etwa eine Stunde später entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,63 Promille. Gegen den Mann wurden wegen fahrlässiger Trunkenheit eine Geldstrafe sowie ein Fahrverbot von sechs Monaten verhängt.
Nach Ablauf des Fahrverbots forderte die Fahrerlaubnisbehörde, gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c Fahrerlaubnisverordnung (FeV), den Mann auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Es müsse geklärt werden, ob er das Führen von Kraftfahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum hinreichend sicher trennen könne.
Behörde zieht Führerschein ein, weil kein medizinisch-psychologisches Gutachten vorgelegt wurde
Als der Mann auch nach Fristverlängerung kein derartiges Gutachten vorlegte, forderte ihn die Behörde unter Androhung eines Zwangsgeldes dazu auf, den Führerschein innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids abzugeben.
Parkplatz des Einkaufscenters kein öffentlicher Straßenverkehr?
Der Betroffene legte Widerspruch ein und führte unter anderem an, dass der Vorfall sich nicht im öffentlichen Straßenverkehr ereignet und er das Fahrzeug auch nicht bewegt habe. Vor dem Verwaltungsgericht hatte er mit seiner Argumentation keinen Erfolg. Das Gericht beschied, dass der allgemein zugängliche Parkplatz dem öffentlichen Verkehrsraum zuzuordnen sei. Zudem habe der Mann sein Fahrzeug auch bewegt. Insoweit müsse er den durch die rechtskräftigen strafgerichtlichen Entscheidungen festgestellten Sachverhalt gegen sich gelten lassen.
VGH: Ohne MPU darf die Behörde auf Nicht-Eignung zum Fahrzeugenführen schließen
Die Beschwerde des Mannes vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof hatte ebenfalls keinen Erfolg. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Der begründete Verdacht, dass das Führen eines Fahrzeugs nicht von einem die Fahrsicherheit gefährdenen Alkoholkonsum getrennt werden könne, berechtige die Behörde dazu, ein Fahreignungsgutachten einzufordern, so das Gericht.
Weigere sich ein Betroffener, ein derartiges Gutachten beizubringen, oder bringe er es nicht fristgerecht bei, dürfe die Behörde darauf schließen, dass der Betroffene nicht geeignet ist, Fahrzeuge zu führen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV).
Definition eines öffentlichen Verkehrsraums
Ein Verkehrsraum ist dann öffentlich, wenn er
- entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten
- für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe
- zur Benutzung zugelassen ist und auch benutzt wird.
Umfasst werden also nicht nur Verkehrsflächen, die wegerechtlich dem allgemeinen Straßenverkehr gewidmet sind, sondern auch solche, deren Benutzung durch eine nach allgemeinen Merkmalen bestimmte größere Personengruppe durch den Berechtigten ausdrücklich oder faktisch zugelassen wird. Dabei kommt den erkennbaren äußeren Gegebenheiten, die einen Rückschluss auf das Vorhandensein und den Umfang der Gestattung bzw. Duldung des allgemeinen Verkehrs durch den Verfügungsberechtigten zulassen eine maßgebliche Bedeutung zu.
Verkehrsflächen können auch zeitweilig öffentlich und zu anderen Zeiten nichtöffentlich sein
Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit, dass eine Verkehrsfläche zeitweilig öffentlich und zu anderen Zeiten nichtöffentlich sein kann. Voraussetzung für eine zeitweilige Zuordnung zum nichtöffentlichen Verkehrsraum ist jedoch, dass der Verfügungsberechtigte für jene Zeiträume keinen öffentlichen Verkehr duldet und dies für jedermann eindeutig erkennbar macht, etwa durch Sperrung der Zufahrt.
Dass sich der Vorfall außerhalb der Öffnungszeiten ereignete, spielt keine Rolle
Der Parkplatz des Einkaufscenters sei dem öffentlichen Verkehrsraum zuzuordnen, unabhängig von einer etwaigen wegerechtlichen Zuordnung, so das Gericht. Der Einwand des Autofahrers, der Vorfall habe sich außerhalb der Öffnungszeiten der angrenzenden Geschäfte ereignet, greife nicht. Es sei kein Anhaltspunkt ersichtlich, dass der Verfügungsberechtigte außerhalb der Öffnungszeiten der angrenzenden Geschäfte keinen Verkehr mit unübersehbaren Nutzern dulde und dies auch nach außen erkennbar bekundet habe.
(Bayerischer VGH, Beschluss v. 15.3.2021, 11 CS 20.2867).
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Gemäß § 13 S. 1 Nr. 2 FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten an, wenn Anhaltspunkte für einen Alkoholmissbrauch vorliegen, wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen werden und im Falle einer Trunkenheitsfahrt mit mehr als 1, 6 Promille. Ähnliches gilt für Fälle des Drogenmissbrauchs.
Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie hieraus bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, § 11 Abs. 8 Fahrerlaubnisverordnung (FeV).
Die Schlussfolgerung darf aber nur dann gezogen werden, wenn die Beibringung eines Gutachtens zu Recht angeordnet wurde (VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 14.09.2004, 10 S 1283/04).
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