Die EU-Urheberrechtsreform ist in Kraft getreten
Deutschlands Zustimmung war bei der abschließenden Abstimmung der EU-Mitgliedsstaaten "spielentscheidend". Der EU-Urheberrechtsreform steht, nachdem die Mitgliedsstaaten am 15.4. im EU-Rat die Einigung des EU-Parlaments bestätigt haben, nichts mehr entgegen. Nun müssen die EU-Mitgliedsstaaten, die EU-Richtlinie innerhalb von 2 Jahren in ihrer nationalen Gesetzgebung umsetzen. Diese Entscheidung war nicht mit Sicherheit zu erwarten
Knappe Entscheidung nach zugespitzter Kontroverse um die Urheberrechtsreform
- Von den Mitgliedsländer stimmten Luxemburg, Niederlande, Polen, Italien, Finnland und Schweden mit Nein.
- Belgien, Slowenien, und Estland enthielten sich.
- Hätte Deutschland sich enthalten oder mit Nein gestimmt, wäre keine ausreichende Mehrheit zustande gekommen.
Denn die In den letzten Wochen hatte sich die Kontroverse um die Urheberrechtsreform enorm zugespitzt.
- Einerseits hat sich eine europaweiten Bewegung unter dem Motte: "Save the Internet" gegen die Reform des Urheberrecht formiert.
- Gleichzeitig machen Verlage und Medienschaffende für die Verabschiedung mobil, weil sie eine Rechtsgrundlage für eine gerechte Entlohnung im Internet fordern.
Das EU-Parlament hatte trotzdem am 26.3. seine Zustimmung für eine überfällige EU-Urheberrechtsreform gegeben. 348 Abgeordnete stimmten trotz massiv vorgebrachter Proteste dafür, 274 waren dagegen. Die Entscheidung im EU-Rat war nun nach knapper.
Demonstrationen in Deutschland und anderen EU-Ländern insbesondere gegen Art.13
Zigtausende Demonstranten hatten in deutschen Großstädten, aber auch in einigen anderen EU-Ländern, vor der Abstimmung im EU-Parlament protestiert. Sie fürchten Beschränkung des Internets und eine Art von Zensur. Insgesamt sollen in Deutschland und einigen Nachbarländern 150.000 Menschen an sogenannten Artikel 13-Demonstrationen teilgenommen haben. Auch aus der SPD, Grünen, Linken und FDP bekamen die Demonstranten Zuspruch und Bundesjustizministerin Barley befand, „Wir halten Uploadfilter für den falschen Weg.“
260 Medienunternehmen machten sich mit einem offen Brief für die Verabschiedung der Reform stark
Auf der anderen Seite haben ca. 260 Verlage, Zeitungen, Nachrichtenagenturen, Rundfunk-Anbieter, Produktionsfirmen und Medienschaffende einen am 22.2.2019 veröffentlichten europaweiten Aufruf unterschrieben. Darin forderten sie eine faire Beteiligung am Geschäft mit den Inhalten, um damit ein reichhaltiges und vielfältiges Internet zu sichern, in dem Information und Kultur ihren festen Platz haben.
EU-Haushaltskommissar Oettinger vermutet hinter den Protesten massive Lobbyarbeit der Online-Plattformen. Die Proteste sein unberechtigt, da es darum gehe, Kulturschaffenden und Medien, eine Rechtsgrundlage zu liefern, um eine faire Vergütung des geistigen Eigentums verhandeln zu können.
Die EU-Kommission und der Europäische Rat haben der Reform bereits zugestimmt
EU-Mitgliedsstaaten haben der Reform bereits im Februar zugestimmt. Auch Deutschland stimmte, trotz Bedenken und eine überreichten Petition von Netzaktivisten, für die zwischen Parlament, Ministerrat und Kommission erzielte Einigung. Finnland, Italien, Luxemburg, die Niederlande und Polen stimmten dagegen, während sich Slowenien und Belgien enthielten. Nun müssen die Mitglieder erneut zustimmen, damit die Reform in Kraft treten kann.
Drängende Probleme erfordern eine Reform des EU-Urheberrechts
Ein vordringliches Problem, das die EU mit der Reform lösen möchte, ist die große Zahl der Uploads auf Internetplattformen, auf denen urheberrechtlich geschützte Inhalte transportiert werden, ohne dass den rechtmäßigen Urhebern bisher geeignete Möglichkeiten zur Verfügung stehen, ihre Rechte an dem upgeloadeten Text, dem Bild, der Video- oder Audiodatei oder sonstigen Inhalten geltend machen zu können. Das Problem hat die EU in einem neuen Anlauf mit einer Einigung auf einen Reformentwurf angepackt.
Wird die Copyright-Reform nach misslungenem Anlauf in 2018 in dieser Legislaturperiode zu gelingen?
Nachdem das EU-Parlament einen Reform-Entwurf am 5.7.2018 zurückgewiesen hatte, scheint es nun, dass die schon 2016 angestoßene Copyright-Reform doch noch in dieser Legislaturperiode des Europaparlaments zustande zu kommen: Unter dem Druck der Ende Mai anstehenden Europawahl haben sich die Verhandlungsführer des Europäischen Parlaments und des Rates über die hoch strittige Reform der Urheberrechtsrichtlinie aus dem Jahr 2001 geeinigt.
Dringlichkeit der EU-Urheberrechtsreform ist unstreitig
Dass eine Reform dieser Richtlinie aufgrund der Entwicklung der digitalen Welt dringend nötig ist, war dabei weitestgehend unstreitig. Umso heftiger wurde dafür darum gestritten, wie. Dies verwundert nicht. Schließlich treffen hier die Interessen der großen Internetkonzerne auf die Interessen der Urheber. Insofern bleibt es spannend, ob der jetzt ausgehandelte Kompromiss auch die notwendigen Mehrheiten Europaparlament findet.
Wie sieht die Einigung zum Leistungsschutzrecht für Presseverleger aus?
Zuletzt standen insbesondere das Leistungsschutzrecht für Presseverleger und die sogenannten Uploadfilter im Fokus.
Beim Leistungsschutzrecht der Presseverleger geht es darum, in welchem Umfang die großen Suchmaschinen insbesondere in ihren Nachrichtenabteilungen Presseartikel kostenfrei nutzen bzw. in Ausschnitten anzeigen dürfen. Der Einigungsvorschlag sieht hierzu vor, dass Ausnahmen von der grundsätzlich bestehenden Lizenzpflicht nur für individuelle Wörter oder sehr kurze Auszüge bestehen. Was hierunter zu verstehen ist, wird die Rechtsprechung entscheiden müssen.
- Die Suchmaschinenbetreiber befürchten jedoch, keine ganzen Sätze und
- insbesondere auch keine vollständigen Überschriften mehr anzeigen zu dürfen.
Nach dem Reformplan brauchen sie dafür von den Verlagen eine Erlaubnis bitten und müssen 2 Jahre lang für entsprechende Veröffentlichungen zahlen. Das betrifft allerdings nur Gewerbliche, Private sind nicht betroffen.
Allerdings funktionierte dies schon nach dem Deutschen Leistungsrecht nicht, das seit August 2013 in Kraft ist: Nachdem Google den Verlegern in Aussicht stellte, unter diesen Konditionen nichts zu veröffentlichen, verfolgten sie ihre Ansprüche nicht weiter.
Wie sieht die Einigung zu den Uploadfiltern aus?
Besonders heftig umstritten waren die Regelungen zu den Uploadfiltern. Hier geht es um die geplante Verpflichtung, Anbieter von Inhalten Dritter im Internet (z. B. Youtube) für Urheberrechtsverstöße ihrer Nutzer haften zu lassen. Bisher gilt für diese das sogenannte Providerprivileg. Dies bedeutet, dass die Plattformbetreiber wie ein Bote gesehen werden, der nicht für den Inhalt der Nachricht handelt. Nach der jetzt gefundenen Einigung müssen geschützte Werke lizenziert werden. Liegt keine Lizenz vor, muss der Anbieter bereits den Upload verhindern.
Ausnahmen von Uploadfilter-Pflicht
Ausgenommen hiervon sind aber alle nicht kommerziellen Anbieter wie Online Bibliotheken. Außerdem auch
- alle kommerziellen Anbieter,
- deren Unternehmen jünger als drei Jahre sind,
- weniger als zehn Millionen Euro umsetzen
- und unter fünf Millionen Nutzer im Monat haben.
Wie sieht der weitere Reformfahrplan aus?
Am 26.3. hat, nach dem Rat, auch das Europäische Parlament trotz der Proteste dem gefundenen Kompromiss zustimmen.
Entscheidend war, ob diejenigen, die die Uploadfilter als Zensur oder zumindest als Einfallstor hierfür sehen, mit dem gefundenen Kompromiss glauben leben zu können. Aufgrund der Masse an eingestellten Inhalten kann die Uploadkontrolle nur in automatisierten Verfahren erfolgen. Insofern mag es zwar rechtlich ausreichend sein, wenn geschützte Werke insbesondere bei Kritiken, Karikaturen und Parodien lizenzfrei genutzt werden können. Dies hilft aber nicht, wenn die automatischen Filter das nicht erkennen und deshalb der Upload zumindest erschwert wird. Beispielsweise, weil eine individuelle Prüfung durchgeführt werden muss.
Jetzt muss die Reform von den Mitgliedsstaaten jeweils in nationales Recht umgesetzt werden. Hierfür wurde eine Frist von zwei Jahren gesetzt.
Weitere News zum Thema:
EU will Urheberrechte im Netz besser schützen - User fürchten Uploadfilter-Zensur
Hintergrund:
Internetaktivisten, aber auch viele Politiker, befürchten beim Einsatz von Uploadfiltern eine im Ergebnis wilde und ungesteuerte Zensur, die die Meinungsfreiheit im Internet bedroht und Beiträge und Inhalte sinnlos sperrt oder verfälscht.
Außerdem wird befürchtet, dass insbesondere kleinere Anbieter nicht die nötigen Technologien bereitstellen können, um derartige Filter einzusetzen und damit nur noch die großen Internetanbieter eine Chance haben, den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden. Hier würde möglicherweise die die Ausnahmeregelung helfen.
Facebook & Co. verfügen bereits jetzt über entsprechende Techniken, um beispielsweise kriminelle Inhalte wie Kinderpornographie aus Uploads herauszufiltern. Diese Filter könnten an die neuen EU-Vorgaben mit überschaubarem Aufwand angepasst werden.
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