EU-Kommission will Quellensteuerverfahren reformieren

Die EU-Kommission hat neue Vorschriften vorgeschlagen, um Quellensteuerverfahren in der EU für Investoren, Finanzintermediäre und die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten effizienter und sicherer zu machen.

Als eines der zentralen Elemente der Mitteilung über eine Unternehmensbesteuerung für das 21. Jahrhundert und des Aktionsplans der Kommission für die Kapitalmarktunion von 2020 soll diese Initiative zu einer faireren Besteuerung und zur Bekämpfung des Steuerbetrugs beitragen und grenzüberschreitende Investitionen in der ganzen EU fördern.

EU-Kommission: Erstattungsverfahren langwierig, kostspielig und umständlich

Der Begriff "Steuerabzug an der Quelle" bezieht sich auf den Fall, wenn beispielsweise ein in einem EU-Mitgliedstaat ansässiger Anleger für die in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Zinsen oder Dividenden Steuern zahlen muss, erläutert die EU-Kommission in ihrer Pressemitteilung v. 19.6.2023. Dies sei häufig bei grenzüberschreitenden Investitionen der Fall. Für Fälle dieser Art haben viele EU-Mitgliedstaaten Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, um zu verhindern, dass Personen oder Unternehmen zweifach besteuert werden. Dank dieser Abkommen können ein grenzüberschreitend tätiger Anleger die Erstattung der in einem anderen Mitgliedstaat zu viel gezahlten Steuern beantragen.

Diese Erstattungsverfahren sind allerdings nach Ansicht der EU-Kommission oft langwierig, kostspielig und umständlich, sorgten für Frustrationen bei Anlegern und wirkten abschreckend auf grenzüberschreitend tätige Investoren aus der EU und aus Drittländern. Derzeit wende jeder EU-Mitgliedstaat eigene Quellensteuerverfahren an, die sich sehr voneinander unterscheiden. Anleger seien mit mehr als 450 verschiedenen Verfahren in der EU konfrontiert, von denen die meisten nur in der Landessprache verfügbar seien. Die Cum/Ex- und die Cum/Cum-Skandale hättenen außerdem gezeigt, dass die Erstattungsverfahren missbraucht werden können: Im Zeitraum 2000-2020 hätten diese Praktiken Steuerausfälle von schätzungsweise 150 Mrd. EUR verursacht.

Die EU-Kommission schlägt daher folgende Maßnahmen vor, die Anlegern, Finanzintermediären und nationalen Steuerbehörden das Leben erleichtern sollen:

Gemeinsamer digitaler Nachweis über den Steuerwohnsitz

Ein gemeinsamer digitaler Nachweis über den Steuerwohnsitz soll für schnellere und effizientere Erstattungsverfahren sorgen. Anleger mit einem breit gestreuten Portfolio in der EU werden danach künftig nur noch einen einzigen digitalen Nachweis über den Steuerwohnsitz benötigen, um im selben Kalenderjahr mehrere Erstattungen zu beantragen. Ein digitaler Nachweis über den Steuerwohnsitz soll innerhalb eines Arbeitstages nach Beantragung ausgestellt werden. Noch gelten in den meisten Mitgliedstaaten papiergestützte Verfahren.

Schnellverfahren zur Erstattung

Zwei Schnellverfahren sollen das geltenden Standard-Erstattungsverfahrens ergänzen: ein Verfahren für die "Steuererleichterung an der Quelle" und ein "Schnellerstattungsverfahren", die die Erstattungsprozesse in der gesamten EU beschleunigen und stärker harmonisieren sollen. Die Mitgliedstaaten sollen sich selbst für eines der beiden Verfahren der für eine Kombination aus beiden entscheiden können.

  • Beim Verfahren für die "Steuererleichterung an der Quelle" wird zum Zeitpunkt der Ausschüttung von Zinsen oder Dividenden ein ermäßigter Steuersatz gemäß den anwendbaren Vorschriften des Doppelbesteuerungsabkommens angewandt.
  • Im Rahmen des "Schnellerstattungsverfahrens" wird zunächst eine Zahlung unter Berücksichtigung des Quellensteuersatzes des Mitgliedstaats geleistet, in dem die Dividenden oder Zinsen ausgeschüttet werden; zu viel gezahlte Steuern werden jedoch innerhalb von 50 Tagen nach dem Zeitpunkt dieser Zahlung erstattet.

Standardisierte Meldepflicht

Durch die Einführung einer standardisierten Meldepflicht will die EU-Kommission den nationalen Steuerverwaltungen die erforderlichen Instrumente, um zu prüfen, ob der ermäßigte Steuersatz in Anspruch genommen werden darf, und um potenziellen Missbrauch aufzudecken. Zertifizierte Finanzintermediäre müssen der zuständigen Steuerverwaltung die Ausschüttung von Dividenden oder Zinsen melden, sodass diese die Transaktion zurückverfolgen kann.

Insbesondere große Finanzintermediäre in der EU sollen verpflichtet werden, sich in einem nationalen Register zertifizierter Finanzintermediäre zu registrieren. Finanzintermediäre aus Drittländern und kleinere EU-Finanzintermediäre können sich freiwillig registrieren lassen.

Steuerpflichtige, die über zertifizierte Finanzintermediäre in der EU investieren, können Schnellverfahren für die Erstattung der Quellensteuer in Anspruch nehmen und die Doppelbesteuerung von Dividendenzahlungen vermeiden. Je mehr Finanzintermediäre sich registrieren, desto einfacher werde es für Steuerbehörden, Anträge auf Steuererstattungen - unabhängig von dem gewählten Verfahren - zu bearbeiten.

Ausblick

Der Vorschlag soll nach Annahme durch die Mitgliedstaaten zum 1.1.2027 in Kraft treten.