Zahlreiche Änderungen im GzUdPe-ZollkodexAnpG gefordert

Am 08.05.2015 stand im Bundesrat auch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Zollkodex-Anpasssungsgesetz (GzUdPe-ZollkodexAnpG) zur Beratung an. Hierzu hat die Länderkammer in vielen Punkten Änderungsbedarf signalisiert und zahlreiche weitere Punkte in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.

Mit diesem Gesetzespaket sollten überwiegend die gesetzgeberischen Initiativen aus den Bundesländern in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden, welche in den beiden Steueränderungsgesetzen in 2014 nicht umgesetzt werden konnten. Doch im Entwurf des Gesetzes vom 25.03.2015 waren wiederum nur einige der bisher nicht berücksichtigen Punkte enthalten. Daher wundert es nicht, dass die Länderkammer nun weitere “Wünsche“ nachlegt, doch auch weiterer fachlicher Regelungsbedarf ist hinzugekommen.

Nachfolgend werden die neu in den Gesetzesentwurf gekommenen Punkte dargestellt:

Einkommensteuer

Die Steuerfreiheit der Arbeitgeberleistungen zur Kinderbetreuung soll nicht nur in Fällen einer kurzfristig erforderlich werdenden Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern, sondern für alle Kinder bis zu deren 14. Lebensjahr greifen; nur so ließe sich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einkommensteuerrechtlich hinreichend fördern.

Im Gegenzug soll die Steuerfreiheit der Höhe nach begrenzt werden. Gedacht ist dabei an die nach § 10 EStG als Sonderausgaben abziehbaren Beträge, die ohne entsprechende Arbeitgeberleistungen steuerlich geltend gemacht werden könnten; dies sind 2/3 der Kosten, max. 4.000 EUR. Eine Kumulation von Steuerfreiheit und Sonderausgabenabzug soll ausgeschlossen werden. Für einen betriebseigenen Kindergarten wird es keine betragsmäßige Begrenzung geben. Und zudem soll entfallen, dass diese Leistungen des Arbeitgebers zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden müssen.
Eingeführt werden soll ein Ausschluss von Geldgutscheinen und zweckgebundenen Geldzahlungen bei der Sachbezugsfreigrenze von 44 EUR. Dies entspricht der früheren Auffassung der Finanzverwaltung, welche aber durch mehrere BFH-Urteile ins Wanken kam. Der BFH hatte Gutscheine, die auf einen Geldbetrag lauten, und Geldleistungen mit Verwendungsauflage den Sachbezügen i. S. d. § 8 Abs. 2 EStG zugeordnet.
Für Unterhaltszahlungen im Rahmen des sog. Realsplittings bzw. für Ausgleichszahlungen zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs (§ 10 Abs. 1a Nr. 1 und 3 EStG) soll es eine neue Nachweisauflage geben. Als weitere Voraussetzung für eine steuerliche Berücksichtigung wird die Angabe der Identifikationsnummer nach § 139b AO des Leistungsempfängers erforderlich. Kann oder will der Leistungsempfänger seine IdNr. nicht mitteilen, soll der Leistende berechtigt werden, diese beim BZSt anzufragen. Damit würde der Datenaustausch unter den Finanzämtern erleichtert und so eine Besteuerung der Zahlungen beim Empfänger gesichert werden.
Geprüft werden soll, ob zur Verlustfeststellung nach § 10d Abs. 4 EStG nicht eine zeitliche Einschränkung sinnvoll ist. Danach könnte ein Verlustfeststellungsbescheid nicht mehr ergehen, wenn verjährungsbedingt kein Einkommensteuerbescheid mehr ergehen kann. Bisher ist dies insbesondere in den Fällen einer Antragsveranlagung noch möglich, sofern für die Verlustfeststellung selbst noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist (so BFH Urteil vom 13.01.2015 - IX R 22/14, n.n.v.).
Neu ist auch eine weitere Prüfbitte – die Sonderregelung in § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG soll gestrichen werden. Bisher wird ein marktübliches Damnum oder Disagio von der Verteilung über mehrere Jahre ausgenommen. Diese Ausnahmeregelung hat kaum noch praktische Relevanz und soll zur Vermeidung von reinen Steuersparmodellen und zur Steuervereinfachung entfallen.
Ebenfalls entfallen könnte die bisher erforderliche Mitteilung nach § 13a Abs. 1 Satz 4 EStG zum Wegfall der Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen durch das Finanzamt. Künftig würde dann die besondere Gewinnermittlung für Land- und Forstwirte automatisch entfallen, sobald die Voraussetzungen für eine Buchführungspflicht eingetreten sind.
Bei beschränkt Steuerpflichtigen kann nach § 50 Abs. 4 EStG ein Steuererlass in Betracht kommen, insbesondere wenn ein besonderes öffentliches Interesse daran besteht. Das Wort “insbesondere“ soll gestrichen werden. Damit werden Streitigkeiten vermieden, ob nicht auch noch andere Gründe in Betracht kommen könnten.
Der Bundesrat bringt die bereits 2014 angeführte Neuregelung zum Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall wieder ins Spiel. Hintergrund sind nicht eindeutige medizinische Maßnahmen, wie z. B. plastische Operationen, Fettabsaugung etc., deren medizinische Notwendigkeit durch die Finanzämter nicht beurteilt werden kann. Das soll mit einer abstrakten Nachweisregelung in § 64 EStDV möglich werden.

Körperschaftsteuer

Neu ist hingegen der vom Bundesrat gesehene Bedarf, dass die steuerliche Regelung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung in § 21 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 KStG in Einklang zu bringen ist mit der aufsichtsrechtlich ermöglichten zusätzlichen Risikovorsorge bei Lebensversicherungsunternehmen. Hier könnten künftig auch die risikobasierten Komponenten in die Rückstellungsbildung einfließen. Ein Problem das sich ab 2016 vermehrt ergeben kann, da Ende 2015 die Regelung mit einem erhöhten Höchstbetrag in § 34 Abs. 8 KStG ausläuft.

Gewerbesteuer

Weiteren Änderungsbedarf zeigt der Bundesrat bei der gewerbesteuerlichen Organschaft auf. Hier werden gesetzgeberische Schritte erforderlich, um eine gleichmäßige Besteuerung für Gewinnausschüttungen sicherzustellen, unabhängig davon, ob die Ausschüttung unmittelbar zufließt oder über eine Organgesellschaft. Hintergrund ist die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17.12.2014 - I R 39/14, n.n.v.), in welcher der BFH sich im gewerbesteuerlichen Organkreis für eine 100 %ige Steuerbefreiung für Gewinnausschüttungen im Rahmen des sog. gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs ausgesprochen hat. Ohne eine Organschaft gibt es aber nur eine 95 %ige Steuerbefreiung, da 5 % der Gewinnausschüttung nicht abziehbare Betriebsausgaben darstellen.

Aktuell gibt es zur Zerlegung der Gewerbesteuer für Anlagen, die Strom aus Wind- oder Sonnenenergie erzeugen, eine Sonderregelung in § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG. Danach wird der Gewerbesteuermessbetrag im Verhältnis 3/10 Arbeitslöhne zu 7/10 Anlagevermögen auf die Gemeinden aufgeteilt. Dennoch kommt bei den Standortgemeinden kaum Gewerbesteuer an. Der Änderungsvorschlag will statt dem Sachanlagevermögen die installierte Leistung als Zerlegungsmaßstab heranziehen. Und auch für Betreiber von Wind- oder Solaranlagen, die nicht ausschließlich solche Anlagen betreiben, sollen einbezogen werden. Künftig würde eine “fast ausschließliche“ Tätigkeit ausreichen, also auch nur 90 % der laufenden Gesamterträge aus EEG-Anlagen.

Umsatzsteuer

Die Rechtsprechung des BFH zu den Reihengeschäften soll gesetzlich zurückgedreht werden, um eine rechtssichere und praktikable Zuordnung der Warenbewegung im Reihengeschäft zu ermöglichen. Der BFH (Urteile vom 25.2.2015 - XI R 30/13 und XI R 15/14, n.n.v.) sprach sich dafür aus, alle Gesamtumstände im Einzelfall im Zeitpunkt zu würdigen, zu dem der letzte Abnehmer die Verfügungsmacht über den Liefergegenstand erlangt. Dies ist in der Praxis kaum darstellbar. Deshalb soll in § 3 Abs. 6 Satz 5 und 6 UStG eine gesetzliche Klarstellung erfolgen. Wie diese praxisgerechte Umsetzung aussehen könnte, steht noch nicht fest.

Zur Steuerentstehung bei unrichtigem Steuerausweis soll künftig nur noch auf den Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung abzustellen sein. Die derzeit noch geregelte andere Alternative der Steuerentstehung bei Leistung ist nach Auffassung des BFH (Urteil vom 05.06.2014 - XI R 44/12, n.n.v.) nicht mit dem Unionsrecht vereinbar und soll deshalb gestrichen werden.
Auch eine Änderung des Reverse-Charge-Verfahren nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG hat die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 28.08.2014 - V R 7/14, n.n.v.) als Hintergrund. Es soll gesetzlich sichergestellt werden, dass es bei Bauleistungen möglich ist, den Umfang der Steuerschuldverlagerung bei bauwerksbezogenen Leistungen in Bezug auf Betriebsvorrichtungen weitestgehend beizubehalten. Der BFH hat eine Bezugnahme auf die Baubetriebe-Verordnung verneint und Arbeiten an Betriebsvorrichtungen generell vom Reverse-Charge-Verfahren ausgenommen. In der Praxis bringt dies erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten mit sich, die mit einer noch nicht feststehenden am Unionsrecht orientierten Gesetzesregelung ausgeschlossen werden sollen.
Eine weitere Änderung zum Reverse-Charge-Verfahren beruht dagegen auf nicht erwarteten EDV-technischen Problemen im Metallhandel. Betroffen sind Lieferungen von bestimmten Edelmetallen, unedlen Metallen und Cermets. Nach § 13b Abs. 2 Nr. 11 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 2. HS UStG kommt es hier erst ab einer Bemessungsgrundlage von mindestens 5.000 EUR zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft. Diese zwingende Regelung soll in eine Kann-Regelung verändert werden, sodass auch für kleinere Lieferungen die Anwendung des § 13b UStG möglich wird.

Und nochmals § 13b UStG: Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers betrifft auch Leistungen für den nichtunternehmerischen Bereich (§ 13b Abs. 5 Satz 6 UStG). Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Leistungsempfänger würde dies aber nur zu mehr Verwaltungsaufwand führen, weshalb diese bereits bisher mittels Verwaltungsanweisungen ausgenommen sind (Abschn. 13b.3 Abs. 12 Satz 2 UStAE für Bauleistungen bzw. Abschn. 13b.3a Abs. 4 Satz 2 UStAE für Strom- und Gaslieferungen). Diese sinnvolle Lösung soll nun auch gesetzlich festgeschrieben werden. Zudem ist eine Ausdehnung auf Metalllieferungen, die Lieferung von Mobilfunkgeräten und Tablet-Computern vorgesehen.
Für den Zeitpunkt des Abzugs der Einfuhrumsatzsteuer kommt es nicht auf deren Zahlung an, sondern auf die Entstehung. Wird die Einfuhrumsatzsteuer herabgesetzt, erlassen oder erstattet, sieht § 17 Abs. 3 UStG eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs vor. Diese Regelung wird um eine endgültig nicht gezahlte Steuer ergänzt.

Eine Differenzierung bei den Spediteursbescheinigungen soll aufgegeben werden. Für innergemeinschaftliche Lieferungen wird auf den mit der Beförderung beauftragten Unternehmer abgestellt (§ 17a Abs. 3 Nr. 1b UStDV). Das soll künftig auch für Ausfuhrzwecke gelten, zu welchen aktuell noch auf den Aussteller abgestellt wird (§ 10 Abs. 1 Nr. 2b UStDV).

Die Erstattung der Sondervorauszahlung nach § 48 Abs. 4 UStDV wird an die praktische Handhabung angepasst und entgegenstehende Rechtsprechung des BFH damit abgewehrt werden. Der BFH (Urteil vom 16.12.2008 - VII R 17/08, BStBl 2010 II S. 91) hatte geurteilt, dass ein durch die Anrechnung der Sondervorauszahlung im letzten Voranmeldungszeitraum sich ergebender Überschuss nicht zu erstatten sei, sondern erst im Rahmen der Jahreserklärung zu verrechnen ist. Die Verrechnung und Erstattung soll nun entsprechend der Verwaltungspraxis gesetzlich fixiert werden.

Investmentsteuergesetz

Das InvStG soll an mehreren Punkten an die geänderte Regel zur Steueranrechnung in § 34c Abs. 1 EStG angepasst werden. Für körperschaftsteuerpflichtige Anleger wird die bisherige Berechnungsmethode nunmehr in § 4 Abs. 2 Satz 3 InvStG übernommen.

Auch eine Änderung in § 18 Satz 1 InvStG dient vor allem der Anpassung des Gesetzeswortlauts. Statt "Investmentkommanditgesellschaft" soll künftig "Personengesellschaft" verwendet werden. Hintergrund ist, dass das InvStG ab 24.12.2013 auch auf Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) und Alternative Investmentfonds (AIF) anzuwenden ist. Bei einer wörtlichen Auslegung des § 18 Satz 1 InvStG wäre sonst ein inländischer AIF, der zwar als Personengesellschaft, aber nicht als Investment-KG aufgelegt wurde, trotz seiner Rechtsform nach § 19 Abs. 1 Satz 1 InvStG körperschaftsteuerpflichtig.

Steuerberatungsgesetz

Damit Vorstände von Lohnsteuerhilfevereinen künftig nicht unentgeltlich arbeiten müssen, soll das StBerG geändert werden. Hintergrund ist, dass mit Wirkung zum 1.1.2015 § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB regelt, dass die Mitglieder des Vorstands unentgeltlich tätig sind. Dies kann zwar nach § 40 Satz 1 BGB von den Vereinen abweichend geregelt werden. Bei Lohnsteuerhilfevereinen steht dem jedoch bisher § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StBerG entgegen, wonach die Satzung die Anwendung von § 27 Abs. 1 und 3 BGB nicht ausschließen darf. Dieser Verweis soll angepasst werden und damit eine Zahlung von Vergütungen an die Vorstände der Lohnsteuerhilfevereine weiterhin zulässig sein.

Steuervereinfachung

Zusätzlich zu den obigen Punkten mit überwiegend konkretem fachlichen Regelungsbedarf weist der Bundesrat nachdrücklich darauf hin, dass im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens auch die bereits in 2013 eingebrachten Vorschläge zur Steuervereinfachung aufgegriffen werden sollen. Dies sind:

  • Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags auf 1.130 EUR,
  • Pauschalierung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer mit einem monatlichen Betrag i. H. v. 100 EUR,
  • Erhöhung der Pauschbeträge für behinderte Menschen und gleichzeitige Neuregelung des Einzelnachweises tatsächlicher Kosten,
  • Neuregelung beim Abzug und Nachweis von Pflegekosten,
  • Änderungen beim Abzug von Unterhaltsleistungen an Personen mit Wohnsitz in Ländern außerhalb des EU/EWR-Raumes,
  • Senkung der Freigrenze für Sachbezüge in § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG auf 20 EUR,
  • Einführung eines Sockelbetrags mit 300 EUR bei der Steuerermäßigung für Handwerker-rechnungen nach § 35a EStG,
  • eine Vereinfachung des Verlustabzugs für Kommanditisten nach § 15a EStG,
  • Wegfall der steuerlichen Ausnahmen für den "Carried Interest" in § 3 Nr. 40a EStG.

Zeitplan

Angesichts dieser Vielzahl an zusätzlichen Änderungsvorschlägen wird der ursprüngliche Zeitplan sicher nicht mehr zu halten sein. Statt Sommer dürfte es für die Verabschiedung des Gesetzes nun eher Spätherbst werden. Damit wird das GzUdPe-ZollkodexAnpG trotz seines Namens nicht nur in inhaltlicher, sondern auch in zeitlicher Hinsicht zu einem JStG 2016.

Beschluss des Bundesrats vom 08.05.2015, BR-Drucksache 121/15.