§ 6b EStG verstößt gegen EU-Recht
Die Regelung des § 6b EStG ermöglicht bei einer Veräußerung bestimmter Wirtchaftsgüter des Anlagevermögens aufgedeckte stille Reserven steuerneutral in eine Rücklage einzustellen. Diese Rücklage kann in späteren Jahren auf neu investierte Wirtschaftsgüter übertragen werden, indem die AK/HK des neuen Wirtschaftsguts um die § 6b-Rücklage gemindert werden. Letztlich wird mit dieser Regelung die Versteuerung stiller Reserven hinausgeschoben; faktisch liegt eine - im Einzelfall durchaus sehr langfristige - Steuerstundung vor.
Problem: In Deutschland belegene Betriebsstätte
Soweit wäre diese Norm sicherlich durch den EuGH nicht zu beanstanden. Jedoch ist eine weitere Voraussetzung für die Übertragung einer gebildeten Reinvestitionsrücklage, dass diese nur auf Ersatzwirtschaftsgüter übertragen werden kann, die zum Anlagevermögen einer in Deutschland belegenen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen gehören. Hingegen führt eine Reinvestition in ein Wirtschaftsgut, das zum Anlagevermögen einer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte gehört, zu einer sofortigen Besteuerung der aufgedeckten stillen Reserven.
Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission
Der EuGH hat dazu entschieden, dass die Vorschrift des § 6b EStG insoweit gegen die Niederlassungsfreiheit in der EU und im EWR verstößt (Art. 49 AEUV und Art. 31 EWR-Abkommen). Mit dieser Entscheidung wurde einer Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission stattgegeben. Es ist eine Ungleichbehandlung gegeben, die sich auf die Liquidität der Steuerpflichtigen auswirkt. Ein Steuerpflichtiger, der Veräußerungsgewinne in eine Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat als Deutschland reinvestiert, wird benachteiligt gegenüber einem Steuerpflichtigen, der eine Reinvestition in eine deutsche Betriebsstätte tätigt. Eine Reinvestition außerhalb Deutschlands ist damit weniger attraktiv und kann Investitionen in einem anderen Mitgliedstaat verhindern.
Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nicht gerechtfertigt
Auch sind laut EuGH zu dieser mit § 6b EStG einhergehende Beschränkung der Niederlassungsfreiheit objektiv keine unionsrechtlich anerkannte zwingende Gründe des Allgemeininteresses gegeben. Es seien Maßnahmen denkbar, welche die Niederlassungsfreiheit weniger stark beeinträchtigen. Zudem wird eine Notwendikeit, die Kohärenz des nationalen Steuersystems zu gewährleisten, verneint.
Reaktion des deutschen Gesetzgebers
Die Reaktion des deutschen Gesetzgebers darf mit Spannung erwartet werden. Möglicherweise kommt es zu einer kompletten Aufhebung des § 6b EStG. Als wahrscheinlicher eingestuft wird eine Erweiterung auf Reinvestitionen in Mitgliedstaaten der EU/EWR. Denkbar ist auch eine wirtschaftlich vergleichbare Steuerstundung für die aufgedeckten stillen Reserven bei Reinvestition außerhalb Deutschlands.
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
792
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
789
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
613
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
609
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
528
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
501
-
Anschrift in Rechnungen
474
-
5. Gewinnermittlung
461
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
446
-
Ortsübliche Vermietungszeit für eine Ferienwohnung
369
-
Großer Prozess zu Cum-Ex-Geschäften beginnt im November
01.10.2024
-
Mieterstrom-Lieferung als selbstständige vorsteuerabzugsbegründende Leistung
30.09.2024
-
Berechnung des Dotationskapitals der inländischen Betriebsstätte einer ausländischen Versicherung
30.09.2024
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
27.09.2024
-
Vorliegen eines begünstigungsfähigen Familienheims bei baugleicher Wohnung
27.09.2024
-
Alle am 26.9.2024 veröffentlichten Entscheidungen
26.09.2024
-
Keine Saldierung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten für Zwecke der Optionsverschonung
25.09.2024
-
FG Köln weist Klage gegen neue Grundsteuerbewertung ab
25.09.2024
-
Dateiformat elektronischer Dokumente
23.09.2024
-
Wegfall der Antragsvoraussetzungen nach Option zum Teileinkünfteverfahren
23.09.2024