Der Begriff der Betriebsstätte bestimmt sich nach innerstaatlichem Recht
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob ein Einkaufsbüro in der Türkei als nicht im Inland belegene Betriebsstätte anzusehen ist mit der Folge, dass der Gewerbeertrag nach § 9 Nr. 3 GewStG um den auf die ausländische Betriebsstätte entfallenden Ertrag zu kürzen ist. Die X-GmbH betreibt im Inland eine Importvermittlung. Zu diesem Zweck unterhielt sie ein Einkaufsbüro in der Türkei. Die GmbH sah das Einkaufsbüro als eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte i.S. von § 12 Satz 2 Nr. 6 AO an und kürzte dementsprechend den Gewerbeertrag um den auf das Einkaufsbüro entfallenden Ertrag. Dem widersprach das FA und verwehrte die Kürzung mit der Begründung, nach Art. 5 Abs. 3 Buchst. d DBA Türkei gelte "eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen Güter oder Waren einzukaufen" nicht als Betriebsstätte. Das FG folgte der Auffassung des FA und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH bejaht - entgegen der Meinung des FA und des FG - die Kürzung des Gewerbeertrags um den auf das Einkaufsbüro in der Türkei entfallenden Anteil. Er hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt. Der BFH folgt damit nicht der Meinung, der Betriebsstättenbegriff des DBA Türkei verdränge - als lex specialis oder als vorrangige völkerrechtliche Vereinbarung - den nationalen Begriff nach § 12 AO.
Die DBA legen lediglich fest, in welchem Umfang die nach innerstaatlichem Recht bestehende Steuerpflicht entfallen soll. Die in den DBA enthaltenen Bestimmungen des Betriebsstättenbegriffs sind deshalb grundsätzlich nur im Rahmen der DBA anwendbar. Die Frage, ob im Ausland erzielte Einnahmen bei der Ermittlung der Einkünfte zu kürzen sind und auf welche Fälle sich die Kürzung erstrecken soll, ist dagegen eine Frage des innerstaatlichen Rechts. Der Gesetzgeber ist zwar nicht gehindert, das "Nebeneinander" selbständiger Rechtskreise aufzuheben. Das ist jedoch hier nicht geschehen. § 9 Nr. 3 GewStG enthält keine abkommensrechtliche Verknüpfung. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in § 9 Nr. 3 GewStG allein den innerstaatlich definierten Begriff zugrunde legen wollte. Denn der GewSt unterliegt grundsätzlich nur der Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 GewStG).
Hinweis
Der BFH folgt damit der ganz überwiegend im Schrifttum vertretenen Auffassung, dass die DBA-Begriffsbestimmung dem nationalen Begriff nicht vorgeht. Der BFH widerspricht damit der Verwaltungsauffassung in AEAO zu § 12, Tz. 4, bzw. BMF v. 31.1.2014, BStBl I 2014, 290, zuletzt geändert durch BMF v. 26.1.2016, BStBl I 2016, 155). Dass die DBA-Bestimmung nur im Rahmen der DBA anwendbar ist, ergibt sich auch aus den in vielen DBA verwendeten Formulierungen, "Für die Anwendung dieses Abkommens gilt folgendes: ..." oder - wie zu Art. 3 Abs. 1 DBA Türkei - "Im Sinne dieses Abkommens ... bedeutet der Ausdruck ...". Dagegen spricht nicht die Vermeidung der doppelten Nichtbesteuerung. Denn diese Zielsetzung hat im DBA Türkei keinen Niederschlag gefunden.
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
812
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
707
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
690
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
632
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
544
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
519
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
493
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
473
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
465
-
Anschrift in Rechnungen
421
-
Alle am 21.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen
21.11.2024
-
Keine Rückstellung für vorläufig festgesetzte Zinsrückzahlung
21.11.2024
-
Erfordernis der Glaubhaftmachung gem. § 52a Abs. 6 FGO
20.11.2024
-
Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen auch in 2022 möglich
18.11.2024
-
Keine AdV bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerwertermittlung
18.11.2024
-
BFH zur Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung
18.11.2024
-
Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
18.11.2024
-
Erbschaftsteuerlicher Freibetrag bei Erbverzicht der Elterngeneration
18.11.2024
-
Hinzurechnungsbesteuerung und Kapitalverkehrsfreiheit bei Schweizer Tochtergesellschaften
15.11.2024
-
Keine Kfz-Steuerbefreiung bei untergeordneter land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit
15.11.2024