Beratungsbefugnis einer ausländischen Steuerberatungsgesellschaft
Hintergrund
Der Fall betrifft eine Kapitalgesellschaft britischen Rechts (Limited Company, Ltd.) mit Sitz in Großbritannien und den Niederlanden sowie in Belgien. Gesellschafter und Geschäftsführer ("director") sind der im Inland ansässige S und der in Belgien ansässige Y, die beide nicht als Steuerberater zugelassen. Die Ltd. ist nicht als Steuerberatungsgesellschaft nach dem StBerG anerkannt. Sie berät mehrere im Inland ansässige Mandanten und tritt für diese in steuerlichen Verwaltungsverfahren auf. Y ist für die Ltd. in den Geschäftsräumen einer Firma für Büroservice mit Sitz im Inland tätig.
Die Ltd. wirkte bei der USt-Erklärung 2010 einer inländischen Gesellschaft mit. Das FA wies sie als Bevollmächtigte zurück, da sie nicht befugt sei, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Ebenso entschied das FG.
Entscheidung
Der BFH sieht als unionsrechtlich problematisch an, dass die Befugnis zur Hilfe in Steuersachen auf hierzu befugte Personen bzw. Vereinigungen beschränkt ist sowie dass eine Steuerberatungsgesellschaft eine Anerkennung benötigt und von Steuerberatern geführt werden muss.
Zweifelhaft ist zunächst die Vereinbarkeit mit der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Richtlinie 2005/36/EG). Sodann stellt sich die Frage ob es im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit (Richtlinie 2006/123/EG und Art. 56, 57, 62 AEUV) gerechtfertigt ist, die geschäftsmäßige Hilfe für Steuersachen, die von einem anderen Mitgliedstaat aus geleistet wird, einzuschränken.
Grundsätzlich setzt eine entsprechende Einschränkung des Dienstleistungsverkehrs voraus, dass sie auf zwingenden Gründen des Allgemeininteresses beruht und geeignet ist, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten. Der BFH führt dazu das öffentliche Interesse an der Einhaltung steuerrechtlicher Regelungen und die Verhinderung von Steuerhinterziehung an und hebt unter Berufung auf das BVerfG die Steuerrechtspflege als wichtiges Gemeinschaftsgut hervor. Zudem sollen die Steuerpflichtigen auch vor Nachteilen durch unqualifizierte Beratung bewahrt werden. Angesichts der Komplexität des deutschen Steuerrechts und der ständigen Änderungen sieht der BFH die Regelungen des StBerG als geeignet und erforderlich an, um diese Ziele zu verfolgen.
Hinweis
Die Problematik ist für die steuerberatenden Berufe von nicht geringer Bedeutung. In die Erwägungen dürfte vor allem einzubeziehen sein, dass es auch Staaten gibt, deren Steuerrecht kaum weniger kompliziert erscheint als die deutschen Regelungen und dass der Zugang zu steuerberatenden Berufen im Ausland gelegentlich geringeren Anforderungen als im Inland unterliegt, ohne dass es zu Beeinträchtigungen des Gemeinwohls kommt. Es wird wohl einige Zeit dauern, bis die Entscheidung des EuGH vorliegt, von der auch Aussagen über den Komplex der Steuerberatung hinaus erwartet werden dürften.
Urteil v. 20.5.2014, II R 44/12, veröffentlicht am 16.7.2014
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