Berichtigung des unberechtigten Steuerausweises
Hintergrund: USt-Berichtigung nach Scheingeschäften
X ist Insolvenzverwalter der H. H hatte in 2006 bis 2008 der A-KG Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis über einvernehmlich nicht erbrachte Leistungen (Motorjachten, Wohnmobile) erteilt. Die A-KG nahm hieraus den Vorsteuerabzug in Anspruch.
Das für die A-KG zuständige Betriebstätten-FA versagte dieser den Vorsteuerabzug. Die sich hieraus ergebende Steuerrückforderung wurde von der A-KG noch in 2010 beglichen. In 2011 (vor der Insolvenzeröffnung) berichtigte X die erteilten Rechnungen und beantragte, die USt 2011 aufgrund der Korrekturbeträge aus 2006 und 2007 herabzusetzen.
Das FA ging von einem (nach § 14c Abs. 2 UStG) bereits in 2010 entstandenen Berichtigungsanspruch aus und rechnete den Erstattungsbetrag mit anderen Steuerrückständen auf. In 2014 beantragte X, den Steuerminderungsanspruch bei der USt 2011 unter der Massesteuernummer festzusetzen. Das FA stimmte dem nicht zu.
Das FG wies die Klage ab. Die Gefährdung des Steueraufkommens i.S. von § 14c Abs. 2 UStG sei mit der Steuerrückzahlung durch die A-KG in 2010 beseitigt worden.
Entscheidung: USt-Berichtigung für das Jahr der Vorsteuerrückzahlung
Der Steuerbetrag nach § 14c Abs. 2 UStG ist nicht für das Streitjahr 2011, sondern bereits für das Jahr 2010 zu berichtigen. Das FA war zudem befugt, hierüber ohne gesonderten Verwaltungsakt im Festsetzungsverfahren zu entscheiden, da die Zustimmung kein Grundlagenbescheid ist.
Berichtigung für den Zeitraum der Vorsteuer-Rückzahlung durch den Rechnungsempfänger
Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrages ist nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Hierfür verweist die Vorschrift auf die Voraussetzungen des Satz 4 und damit darauf, dass der Vorsteuerabzug (beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt wurde oder) die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt wurde. Ist der unberechtigte Steuerausweis (wie im Streitfall) als Vorsteuerabzug in einer für den Rechnungsempfänger ergangenen Steuerfestsetzung berücksichtigt worden, ist die Berichtigung nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG für den Zeitraum der Rückzahlung der Vorsteuer durch den Rechnungsempfänger an sein Finanzamt vorzunehmen.
Der Zeitpunkt des Berichtigungsantrags ist unerheblich
Nicht entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem der Rechnungsaussteller den Antrag nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG stellt. Dies ergibt zum einen der eindeutige Wortlaut. Zum anderen bestehen auch keine Wertungswidersprüche zur Steuerberichtigung nach § 14c Abs. 1 UStG, die eine Maßgeblichkeit der Antragstellung rechtfertigen könnten.
Anknüpfung an den Zeitpunkt der Beseitigung der Gefährdungslage
Im Streitfall ist die Gefährdungslage durch Rückzahlung des Vorsteuerabzugs an das FA bereits in 2010 beseitigt worden. Damit kommt eine Berichtigung für das Streitjahr 2011 nicht in Betracht. Wegen der Anknüpfung an den Zeitraum, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist, konnte offen bleiben, ob an die Steuerberichtigung weitere Voraussetzungen zu stellen sind. Auch auf die Fragen, ob eine Rechnungsberichtigung erforderlich ist oder ob auf eine Rückzahlung durch den Rechnungsempfänger an den Rechnungsaussteller abzustellen ist, kam es daher nicht an.
Die Zustimmung ist kein Grundlagenbescheid
Im Zusammenhang der §§ 16, 18 UStG mit § 168 AO dient das Zustimmungserfordernis in § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG dazu, dass der Rechnungssteller die Steuerschuld nicht aufgrund eigener Annahmen zur Beseitigung der Gefährdungslage entfallen lassen kann. Denn es soll verhindert werden, dass Personen, die in den Fällen des § 14c Abs. 2 UStG unberechtigt gehandelt haben, den Versuch unternehmen, die sich hieraus ergebende Steuerschuld entfallen zu lassen. In der Zustimmung nach § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG kann kein eigenständiger Grundlagenbescheid gesehen werden, der für das nachfolgende Festsetzungsverfahren bindend wäre. Eine derartige Eigenständigkeit ist nicht gerechtfertigt, da die Zustimmung nur der Überwachung des Erklärungsverhaltens des Unternehmers dient. Zudem geht es vorliegend nicht darum, entsprechend anderer Fälle von Grundlagenbescheiden die Sachkunde anderer Behörden zu nutzen (§ 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG, § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG). Die Zustimmung des FA ist daher auch nicht materiell-rechtliche Voraussetzung für die Berichtigung.
Hinweis: Entscheidung des FA
Dem FA kann daher über den bei ihm gestellten Antrag durch einen eigenständigen Verwaltungsakt entscheiden. Das ist allerdings nicht zwingend. Es kann seine Zustimmung auch stillschweigend durch den Erlass eines Änderungsbescheids erteilen (wie es im Streitfall in 2014 durch Bescheid für Jahr 2010 erfolgt ist).
Der Rechtsschutz des Rechnungsausstellers wird dadurch nicht beeinträchtigt. Denn sieht er (wie im Streitfall) die zeitliche Zuordnung des Berichtigungsanspruchs durch das FA als unzutreffend an, kann er für den von ihm als zutreffend erachteten Zeitraum (vorliegend 2011) bei einer unter Nachprüfungsvorbehalt stehenden Steueranmeldung einen Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 AO stellen. Es ist dann (wie im Streitfall) über die zeitliche Zuordnung des Berichtigungsanspruchs zu entscheiden, wobei im Erfolgsfall der andere Steuerbescheid (hier die Steuerfestsetzung für 2010) ggf. nach § 174 AO zu ändern ist.
Der BFH hat durch Beschluss nach § 126a FGO entschieden. Von dieser Entscheidungsform kann er Gebrauch machen, wenn er die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, d.h. wenn die Sach- und Rechtslage eindeutig ist.
BFH Beschluss vom 27.07.2021 - V R 43/19 (veröffentlicht am 11.11.2021)
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