Berücksichtigung von Vermögen bei der Opfergrenze nach § 33a Abs. 1 EStG
Sachverhalt: Unterhaltszahlungen an Söhne und Stiefsöhne
Der Kläger erzielte im Streitjahr als selbständiger Steuerberater Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 425.642 EUR; seine Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 23.105 EUR. Die Kläger beantragten für Unterhaltsleistungen an die beiden volljährigen Söhne des Klägers und Stiefsöhne der Klägerin gemäß § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen jeweils 8.004 EUR anzusetzen. Die beiden Söhne C und L studierten im Streitjahr und wohnten in L bzw. H. Eigene Einkünfte und Bezüge waren nach den Angaben der Kläger nicht angefallen. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Unterhaltsleistungen nicht, weil die Opfergrenze unterschritten worden sei. Dabei zog das Finanzamt von den im Streitjahr erklärten Einkünften der Eheleute die im Streitjahr geleisteten Steuerzahlungen in Höhe von 564.402 EUR ab. Mit der Klage tragen die Kläger vor, dass die Einkommensteuer für das Streitjahr sich auf etwa 160.000 EUR belaufe, sodass ihnen noch ein Nettoeinkommen von etwa 290.000 EUR zur Verfügung gestanden habe.
Entscheidung: Gleichstellung von Unterhaltsberechtigtem und -verpflichtetem
Die Klage ist begründet, da nach Auffassung des Finanzgerichts auf eine Gleichstellung von Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltsverpflichtetem abzustellen sei. Es sei zu berücksichtigen, dass nach § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG der Unterhaltsberechtigte auch sein eigenes Vermögen einzusetzen hat mit der Folge der fehlenden Unterhaltsbedürftigkeit. Daraus ergibt sich nach Auffassung des Finanzgerichts für den Unterhaltsverpflichteten eine gleichlautende Verpflichtung mit der Folge, dass sich sein Nettoeinkommen entsprechend erhöhen muss. Im Streitfall erscheint dem Finanzgericht die Einbeziehung der „Steuerrücklage” des Klägers in Höhe von 410.000 EUR gerade wegen ihrer Funktion und ihrer bestimmungsgemäßen Auflösung im Streitjahr, die der Kläger glaubhaft dargelegt hat, geboten.
Praxishinweis: Durchschnittsbetrachtung
Das Finanzgericht hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, um dem BFH zur Rechtsfortbildung die Gelegenheit zu geben, sich zu dem Problem des einsatzfähigen Vermögens eines Unterhaltsverpflichteten im Rahmen der Opfergrenzenbestimmung zu äußern. Mit Urteil vom 28.4.2016, VI R 21/15 hat der BFH die Revision des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen. Der BFH begründet seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Führen Steuerzahlungen für mehrere Jahre zu nicht unerheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens im Streitjahr, sind die im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten durchschnittlichen Steuerzahlungen zu ermitteln und vom "Durchschnittseinkommen" des Streitjahres abzuziehen.
Niedersächsisches FG, Urteil v. 19.2.2015, 16 K 10187/14
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