EuGH-Vorlage zu Sportvereinen

Der BFH legt dem EuGH die Frage vor, ob Sportvereine, die Leistungen gegen gesondertes Entgelt erbringen, sich unmittelbar auf die Steuerfreiheit nach Unionsrecht berufen können.

Hintergrund: Nutzung des Golfplatzes gegen Entgelt

Der (nicht als gemeinnützig anerkannte) Golfclub vereinnahmte im Streitjahr 2011 neben den Mitgliedsbeiträgen gesondert berechnete Entgelte für verschiedene Leistungen. Dabei handelte es sich vor allem um die Nutzung des Platzes (Greenfee), die Überlassung von Bällen für das Abschlagstraining und die Teilnahme an Turnieren (Startgelder). Das FA sah diese Leistungen als umsatzsteuerpflichtig an. Das FG war anderer Meinung. Es verneinte die Steuerpflicht unter Hinweis auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL.

Entscheidung: Der BFH sieht die Rechtslage als zweifelhaft an

  • Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL sind Dienstleistungen von Einrichtungen ohne Gewinnstreben in Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung steuerbefreit. Während der BFH früher davon ausging, Einrichtungen ohne Gewinnstreben könnten sich unmittelbar auf diese Steuerbefreiung berufen (BFH v. 20.3.2014, V R 4/13, BFH/NV 2014 S. 1470), zieht er dies nunmehr im Hinblick auf ein neueres EuGH-Urteil in Zweifel (EuGH v. 15.2.2017, C-592/15, BFH/NV 2017 S. 558). Gegen die unmittelbare Wirkung könnte sprechen, wenn der Unionsgesetzgeber – was zu klären wäre - möglicherweise den einzelnen Mitgliedstaaten ein Ermessen eingeräumt hätte, die Steuerbefreiung von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen.
  • Sollte der Regelung unmittelbare Wirkung zukommen, wäre weiter zu klären, welche Anforderungen an den Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben zu stellen sind. Fraglich ist, ob es sich dabei um einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff handelt oder ob der Begriff im Sinne des nationalen Rechts zu verstehen ist. Eine unionsrechtliche Auslegung hätte zur Folge, dass die nach § 4 Nr. 22 UStG geforderte Voraussetzung der Gemeinnützigkeit unionsrechtswidrig wäre, wobei auch noch zu klären wäre, ob die Verweisung in § 4 Nr. 22 auf die Gemeinnützigkeit nur für § 52 i.V.m. § 55 AO (Selbstlosigkeit) oder für die Gemeinnützigkeitsvorschriften insgesamt (§§ 51 ff. AO) gilt. 
  • Der BFH befürwortet eine Begriffsbestimmung vorrangig aus der Sicht des Unionsrechts, d.h. eine autonom unionsrechtliche Begriffsbestimmung. Damit könnte eine unterschiedliche Anwendung in den Mitgliedstaaten vermieden werden. Dabei sieht es der BFH als bedeutsam an, ob eine Einrichtung ohne Gewinnstreben voraussetzt, dass die Verwendung des Vermögens für den begünstigten Zweck auch für den Fall der Auflösung in der Weise gesichert ist, dass sich für die Mitglieder keine finanziellen Vorteile ergeben.
  • Für den Streitfall geht der BFH davon aus, dass der tatsächlich angefallene Gewinn nicht gegen das Vorliegen einer Einrichtung ohne Gewinnstreben spricht.

Hinweis: Dissens zwischen Verwaltung und BFH bei "echten Mitgliedsbeiträgen"

Der BFH bemerkt ergänzend, dass das FA im Streitfall für die vom Verein an die Vereinsmitglieder gegen die Mitgliedsbeiträge erbrachten (sonstigen) Leistungen keine USt festgesetzt hat. Damit folgt das FA der Verwaltungsregelung in Abschn. 1.4 Abs. 1 Satz 1 UStAE, wonach es bei "echten Mitgliedsbeiträgen" an einem Leistungsaustausch fehlt. Dieser Auffassung hat der BFH in dem Urteil v. 20.3.2014, V R 4/13 (BFH/NV 2014 S. 1470) widersprochen. Da das FA aber insoweit von der Besteuerung abgesehen hat, ist diese Problematik nicht Gegenstand des nun eingeleiteten EuGH-Verfahrens.  

Die Vorlage an den EuGH beruht auf § 267 Abs. 3 AEUV. Danach ist der BFH als letztinstanzliches Gericht bei Zweifeln über die Auslegung des Unionsrechts zur Vorlage verpflichtet. Das anhängige Revisionsverfahren wurde bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt. Man darf gespannt sein, ob der EuGH - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BFH - die unmittelbare Wirkung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL verneint. In einem Parallelfall, der ebenfalls die Nutzung einer Golfanlage und die Überlassung von Golfbällen zum Gegenstand hatte, hat der BFH die Steuerfreiheit und die unmittelbare Berufung auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG bejaht (BFH v. 3.4.2008, V R 74/07, BFH/NV 2008 S. 1631).

BFH, Urteil v. 21.6.2018, V R 20/17, veröffentlicht am 25.7.2018.


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