Zu vergleichen sind die kürzeste und die regelmäßig benutzte längere Straßenverbindung. Eine nicht gefahrene - längere als die kürzeste, aber kürzere als die gefahrene - Route kann nicht als verkehrsgünstigere Verbindung zugrunde gelegt werden.  

Hintergrund

Für die Entfernungspauschale (Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte/Betriebsstätte) ist die kürzeste Straßenverbindung zugrunde zu legen. Eine andere - längere - Strecke ist nur dann zu berücksichtigen, diese "offensichtlich verkehrsgünstiger" ist. Zu entscheiden war, welche Straßenverbindung als die verkehrsgünstigere anzusetzen war.

Der Arbeitnehmer A setzte für seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 56 km einfache Wegstrecke an. Das Finanzamt berücksichtigte die kürzeste Straßenverbindung mit nur 44 km. Das Finanzgericht ging von einer einfachen Entfernung von 49 km aus. Es berücksichtigte die von A gewählte Route nur teilweise. Es sah nur eine Teilstrecke der von A angesetzten Strecke als offensichtlich verkehrsgünstiger gegenüber der kürzesten Strecke an. Für eine andere Teilstrecke ermittelte es eine verkehrsgünstigere Lösung als die von A angegebene Strecke und setzte diese an. A hatte mit seiner Klage daher teilweise Erfolg.

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts führte zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.

Zu vergleichen ist die vom Arbeitnehmer benutzte Verbindung mit der kürzesten Verbindung. Ist sie "offensichtlich verkehrsgünstiger", ist sie zugrunde zu legen. Der Gesetzeswortlaut verlangt nicht, dass die gefahrene Strecke verkehrsgünstiger als alle übrigen möglichen Verbindungen sein muss, d.h. dass es sich um die verkehrsgünstigste Strecke überhaupt handeln muss. Eine bloß mögliche, aber nicht benutzte Verbindung kann der Entfernungspauschale nicht zugrunde gelegt werden. Nur diese Auslegung entspricht dem Vereinfachungsgedanken der Pauschalierung. Würde man - wie das Finanzgericht - zusätzlich verlangen, dass die tatsächlich benutzte Fahrstrecke die verkehrsgünstigste sein muss, wären umfangreiche Ermittlungen und Beweiserhebungen notwendig, d.h. es müsste unter Einbeziehung sämtlicher Streckenvarianten geprüft werden, welche Verbindung die verkehrsgünstigste ist.

Das Finanzgericht wird daher zunächst festzustellen haben, ob A die Strecke, so wie er sie mit 56 km geltend gemacht hat, überhaupt regelmäßig zurückgelegt hat. Denn es war streitig, ob er eine bestimmte Autobahn-Ausfahrt oder erst die nächste benutzt hat. Sodann muss das Finanzgericht feststellen, ob diese tatsächlich gefahrene Route (56 km) offensichtlich verkehrsgünstiger war als die kürzeste Straßenverbindung (44 km).

Hinwies

Es muss also nicht geprüft werden, ob - wie es das Finanzgericht getan hat - die von ihm ermittelte kürzere Strecke (49 km) verkehrsgünstiger war. Der Arbeitnehmer hat somit die Wahl, welche von mehreren Strecken, die für ihn verkehrsgünstiger im Vergleich zu der kürzesten Straßenverbindung sind, er benutzt.  

Urteil v. 16.11.2011, VI R 46/10, veröffentlicht am 8.2.2012