Investitionsabzugsbetrag bei unentgeltlicher Betriebsübergabe
Hintergrund
Streitig war, ob bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung der Rechtsvorgänger Investitionsabzugsbeträge für eine nicht mehr von ihm selbst, sondern erst vom Rechtsnachfolger durchzuführende Investition in Anspruch nehmen kann. Die Entscheidung betrifft § 7g EStG in der Fassung bis 2015. Diese (strengere) Regelung gilt für Investitionsabzugsbeträge, die bis 2015 vorgenommen wurden, bis zu ihrer Auflösung (spätestens 2018) fort.
Der Landwirt L übertrug zum 1.12.2007 seinen Betrieb im Wege vorweggenommener Erbfolge auf seinen Sohn S. Für das am 30.11.2007 endende Rumpf-Wirtschaftsjahr zog L Investitionsabzugsbeträge ab. Das FA versagte deren Berücksichtigung mit der Begründung, bei Einreichung des Jahresabschlusses im März 2009 habe wegen der bereits erfolgten Betriebsübergabe festgestanden, dass L die Investitionen nicht mehr selbst werde durchführen können. Dem folgte das FG und wies die Klage ab. Ein Investitionsabzugsbetrag könne nur in Anspruch genommen werden, wenn die Investition vom Betriebsinhaber noch objektiv durchführbar sei.
Entscheidung
Nach der Rechtsprechung zu der früheren Ansparabschreibung (§ 7g EStG in der Fassung bis zum Unternehmensteuergesetz - UntStRefG - 2008) erforderte die Bildung einer Ansparabschreibung die Prognose, dass der Unternehmer das Wirtschaftsgut in Zukunft voraussichtlich anschaffen oder herstellen wird (sog. Finanzierungszusammenhang). Ob an diesem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal nach der Rechtsänderung durch das UntStRefG 2008, d.h. für die im Streitfall anzuwendende Fassung bis 2015, festzuhalten war, wurde vom BFH kritisch beurteilt (BFH, Urteil v. 17.1.2012, VIII R 48/10, BStBl 2013 II S. 952).
Für den hier vorliegenden Fall lässt der BFH die Streitfrage dahingestellt. Denn - anders als bei einer Betriebsveräußerung oder einer Betriebsaufgabe - wird der Zweck des bisher geforderten Finanzierungszusammenhangs jedenfalls bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung erfüllt. Die bei einer unentgeltlichen Übertragung bewirkte Buchwertfortführung (§ 6 Abs. 3 EStG) dient der unbelasteten Vermögensübertragung zur Sicherung der Liquidität. Entsprechend diesem Zweck ist ein Investitionsabzugsbetrag auch dann zu gewähren, wenn die beabsichtigte Investition erst vom Betriebsübernehmer durchgeführt werden kann. Ausgehend von dem Regelungszweck, die Liquidität des fortgeführten Betriebs zu sichern, ist die Investitionsabsicht betriebsbezogen zu ermitteln. Ein Investitionsabzugsbetrag kann daher auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der Unternehmer bei Fortführung des Betriebs die von ihm benannten Wirtschaftsgüter selbst angeschafft oder hergestellt hätte und er zum maßgeblichen Bilanzstichtag anhand objektiver Kriterien erwarten konnte, dass die Investition nach der Betriebsübertragung von seinem Rechtsnachfolger vorgenommen werden würde. Der BFH hob das entgegenstehende FG-Urteil auf und verwies die Sache zur Feststellung der Investitionsabsicht des L zurück.
Hinweis
Die Investitionsabsicht lässt sich nur durch eine Prognose des künftigen Investitionsverhaltens ermitteln. Bei einem bereits aufgenommenen Betrieb werden dafür geringere Anforderungen zu stellen sein als bei einem in Gründung befindlichen Betrieb. Innerhalb eines bestehenden Betriebs dürfte grundsätzlich vom Vorhandensein einer Investitionsabsicht auszugehen sein.
Nach der Neuregelung durch das StÄndG 2015 ist ab 2016 das Merkmal der Investitionsabsicht entfallen. Zusammen mit dem Wegfall des Erfordernisses der Benennung eines konkreten Wirtschaftsguts bedeutet dies eine erhebliche Vereinfachung. Wegen der hohen Verzinsung bzw. des gegenwärtigen Zinsniveaus fällt der Stundungsvorteil allerdings niedriger aus als früher. Fraglich ist, ob in Ausnahmefällen weiterhin eine Investitionsabsicht zu fordern ist. Dafür könnte sprechen, dass der Gesetzeswortlaut von einer "künftigen Anschaffung oder Herstellung" ausgeht.
BFH, Urteil v. 10.3.2016, IV R 14/12, veröffentlicht am 3.8.2016
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