Pauschale Bonuszahlungen einer gesetzlichen Krankenkasse
Hintergrund: Pauschale Bonuszahlung ohne Nachweis konkreter Aufwendungen
X ist gesetzlich krankenversichert. Nach dem Bonusprogramm seiner Krankenkasse (KK) erhalten die Versicherten Geldprämien (Boni) für bestimmte gesundheitsfördernde Maßnahmen, ohne dass sie entsprechende Ausgaben nachweisen müssen. X erhielt in 2015 einen Bonus von 230 EUR u.a. für einen Gesundheits-Check-up, eine Zahnvorsorgeuntersuchung, die Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio und Sportverein sowie für den Nachweis eines gesunden Körpergewichts.
Das FA behandelte den Bonus – entsprechend der zuvor von der KK vorgenommenen Datenübermittlung – als Beitragserstattung und berücksichtigte als abzugsfähige Sonderausgaben nur die um den Bonus geminderten Krankenversicherungsbeiträge. Der Bonus sei eine reine pauschale Geldprämie für gesundheitsbewusstes Verhalten. Damit würden keine Aufwendungen erstattet.
Das FG gab der Klage statt. Es sah den Bonus nicht als Beitragserstattung an. Denn es fehle an einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Basiskrankenversicherungsschutz. Es handele sich um Leistungen der KK ohne Auswirkung auf den Sonderausgabenabzug.
Entscheidung: Auch pauschale Bonuszahlungen mindern den Sonderausgabenabzug nicht
Ein Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten mindert nicht den Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge, sofern hierdurch ein finanzieller Aufwand des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise ausgeglichen wird. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Bonus pauschal ermittelt wird.
Bisherige Auffassung des BFH
Der BFH hat die Bonuszahlung einer gesetzlichen Krankenversicherung nach § 65a SGB V nicht als Beitragserstattung qualifiziert, wenn der Bonus den Nachweis vorherigen Aufwands des Mitglieds für bestimmte Gesundheitsmaßnahmen voraussetzt. Der Bonus steht dann nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Versicherungsbeiträgen. Er mindert nicht die Versicherungsbeiträge des Mitglieds, sondern lediglich dessen zusätzliche Gesundheitsaufwendungen (BFH v. 1.6.2016, X R 17/15, BStBl II 2016, 989). Die Finanzverwaltung hat sich dieser Auffassung grundsätzlich angeschlossen, setzt aber voraus, dass der Versicherte nach den konkreten Bonusmodellbestimmungen vorab Kosten für zusätzliche – nicht im regulären Leistungsumfang enthaltene – Gesundheitsmaßnahmen aufgewendet hat, die anschließend aufgrund eines Kostennachweises erstattet werden (BMF v. 24.5.2017, BStBl I 2017, 820, Rz. 88 f.).
Weiterentwickelte Rechtsprechung
Der BFH entwickelt die bisher aufgestellten Grundsätze weiter. Danach sind von der Minderung des Sonderausgabenabzugs nicht nur Boni ausgenommen, die den konkreten Nachweis vorherigen Aufwands durch den Steuerpflichtigen erfordern. Darüber hinaus wirken sich auch pauschal gewährte Boni nicht sonderausgabenmindernd aus, selbst wenn sie im Einzelfall die Aufwendungen überkompensieren. Sie müssen sich lediglich bei überschlägiger Betrachtung als zumindest realitätsgerechte Pauschale erweisen. Unerheblich ist auch der Zeitpunkt des Abflusses der eigenen Kosten. Entsprechendes gilt, wenn der Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten i.S.v. § 65a SGB V (z.B. Mitgliedschaft in einem Sportverein oder Fitness-Studio) gewährt wird. Voraussetzung hierfür ist allerdings ebenfalls, dass der Versicherte finanzielle Aufwendungen trägt, die konkret auf die Inanspruchnahme der jeweils geförderten Gesundheitsmaßnahme zurückzuführen sind.
Fehlender eigener Aufwand führt zur Sonderausgaben-Minderung
Anders ist es dagegen bei der Inanspruchnahme von Vorsorge- oder Schutzmaßnahmen, die vom Basiskrankenversicherungsschutz umfasst sind (z.B. Schutzimpfungen, Zahnvorsorge, Krebsvorsorge). Hier fehlt es an eigenem – einer solchen Maßnahme konkret zuzuordnenden – Gesundheitsaufwand, der durch einen hierfür gezahlten Bonus ausgeglichen werden könnte. Die wirtschaftliche Entlastung durch einen Bonus stellt sich hier für den Steuerpflichtigen als nachträgliche Herabsetzung seiner Gegenleistung für den Versicherungsschutz und damit als Beitragserstattung dar. Die insoweit gezahlten Boni sind mit den Krankenversicherungsbeiträgen zu verrechnen.
Gleiches gilt für Boni, die aufgrund des Nachweises eines aufwandsunabhängigen Verhaltens oder Unterlassens (z.B. gesundes Körpergewicht, Nichtraucherstatus) gezahlt werden. Auch insoweit ist ein Bonus nicht geeignet, eigenen Gesundheitsaufwand des Steuerpflichtigen auszugleichen.
Hiervon ausgehend musste der BFH den Fall an das FG zurückverweisen. Es fehlt an Feststellungen dazu, für welche Gesundheitsmaßnahmen eigene Aufwendungen des X angefallen sind. Für ihn wurde z.B. die Teilnahme an einer Sportveranstaltung bonifiziert. Sollten ihm hierfür Aufwendungen entstanden sein (z.B. Teilnahmegebühr), wäre der Bonus nicht sonderausgabenmindernd zu berücksichtigen.
Hinweis: Die Boni sind nicht steuerpflichtig
Soweit die Bonuszahlungen nicht als Beitragserstattungen, sondern als Leistungen der KK anzusehen sind, liegen keine steuerbaren Einkünfte vor. Die Voraussetzungen der insoweit überhaupt nur in Betracht kommenden Vorschrift des § 22 Nr. 3 EStG liegen nicht vor. Da der Regelung lediglich die Aufgabe zukommt, die anderen Einkunftsarten zu ergänzen, fallen darunter nur Leistungen, die das Ergebnis einer Erwerbstätigkeit sind (BFH v. 11.7.2017, IX R 28/16, BStBl II 2018, 86). Das liegt bei Prämien für eine gesundheitsbewusste Lebensweise nicht vor.
BFH Urteil vom 06.05.2020 - X R 16/18 (veröffentlicht am 27.08.2020)
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