Vorsteuerabzug setzt ordnungsgemäße Rechnung voraus
Hintergrund:
Im Zusammenhang mit dem Beitritt eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft wurde ein Grundstück mit aufstehendem Hotel eingebracht. Das Hotel war zum Zeitpunkt der Einbringung noch nicht betriebsfertig hergestellt (Ausschluss einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG). In dem Einbringungsvertrag war der ermittelte Wert des eingebrachten Grundstücks angegeben, eine Umsatzsteuer wurde nicht gesondert ausgewiesen. In der Umsatzsteuererklärung begehrte die Klägerin den Vorsteuerabzug aus dem erworbenen Grundstück.
Die Finanzverwaltung versagte nach einer Betriebsprüfung den Vorsteuerabzug (zuerst wegen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung – dies wurde aber später offensichtlich fallen gelassen) wegen nicht ordnungsgemäßer Rechnung über den Erwerb des Grundstücks.
In der Arbeitsakte der Prüferin befand sich eine Kopie einer unterschriebenen Rechnung vom März 2001 an die Klägerin über den Verkauf des Hotelgrundstücks mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer (1. Rechnung). Aus dieser in Kopie vorliegenden 1. Rechnung ist ersichtlich, dass handschriftlich der ursprüngliche Nettobetrag in einen Bruttobetrag unter entsprechender Anpassung des Nettobetrags sowie des Umsatzsteuerbetrags abgeändert wurde. Nicht vermerkt war, wer die Änderungen vorgenommen hatte sowie das Lieferdatum.
Im Gerichtsverfahren legte die Klägerin im September 2012 eine Kopie einer weiteren Rechnung vom März 2001 vor (im Folgenden 2. Rechnung) und wies darauf hin, dass diese 2. Rechnung die einzig maßgebliche Rechnung sei und nicht die sich in den Akten befindliche Kopie der 1. Rechnung. Die nicht unterschriebene 2. Rechnung enthält keinen Hinweis auf eine Berichtigung der 1. Rechnung und weist gegenüber der 1. Rechnung ein anderes Schriftbild auf und enthält zusätzlich den Passus „übergangen gem. UR/Nr. …/2001 am 21.3.2001”.
Mit Schriftsatz vom Januar 2013 trug die Klägerin vor, dass ihr die 1. Rechnung nicht vorliegen würde und ausschließlich die 2. Rechnung die maßgebende Rechnung sei. In den beigefügten Unterlagen befand sich eine weitere nicht unterschriebene Rechnungskopie mit handschriftlichen Buchungsanmerkungen (im Folgenden 3. Rechnung). Diese 3. Rechnung ähnelt im Schriftbild optisch nur der 1. Rechnung und es fehlt ihr im Vergleich zur 2. Rechnung die Angabe des Lieferungszeitpunktes; ein Hinweis auf die Berichtung der 1. (und/oder 2.) Rechnung fehlt.
Entscheidung:
Die Klage wurde vom FG als unbegründet abgewiesen.
Für den Vorsteuerabzug ist es erforderlich, dass der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer das Original einer ordnungsgemäßen Rechnung vorzulegen hat. Selbst wenn das Original nicht mehr vorgelegt werden kann, muss glaubhaft gemacht werden, dass das Original vorgelegen hatte. Ergänzungen und Berichtigungen von Rechnungsangaben können grundsätzlich nur von demjenigen vorgenommen werden, der die Abrechnung erteilt hat.
In dem Einbringungsvertrag war keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen worden. Die als 1. Rechnung in der Prüfungsakte enthaltene Rechnung war nicht ordnungsgemäß, da nicht ersichtlich war, wer die entsprechenden Änderungen an dem Abrechnungspapier vorgenommen hatte.
Auch wenn die Klägerin aus der 1. Rechnung ausdrücklich keinen Vorsteuerabzug begehrt, sondern nur aus der 2. Rechnung, stellt das Gericht fest, dass aus diesem Abrechnungspapier kein Vorsteuerabzugsrecht der Klägerin abgeleitet werden kann. Der 2. Rechnung fehlt ebenso wie der 3. Rechnung bzw. der Originalrechnung jeglicher erforderliche Hinweis darauf, dass es sich überhaupt um eine berichtigte Rechnung handelt. Der fehlende schriftliche Berichtigungshinweis lässt die Ordnungsmäßigkeit dieser Rechnungen i. S. des §§ 14 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 Satz 2, 17 Abs. 1 UStG entfallen und widerspricht dem Bedürfnis des Geschäftsverkehrs nach eindeutigen schriftlichen Abrechnungspapieren. Auch im Wege der Auslegung konnte das Gericht ein solches Berichtigungsansinnen aus keinem anderen vorliegenden Schriftstück gewinnen.
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 19.3.2013, 5 K 1438/07
Praxishinweis:
In der Praxis wird häufig darüber gestritten, ob eine Rechnung ordnungsgemäß ist und – wenn nicht – in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt eine Berichtigung in Frage kommen kann.
Wird eine unzutreffende Rechnung berichtigt, muss in der berichtigten Rechnung eindeutig auf die ursprüngliche Rechnung hingewiesen werden. Wird die Rechnung durch den Leistungsempfänger abgeändert (berichtigt), muss sich eindeutig ergeben, dass der leistende Unternehmer sich diese Änderung zu eigen macht.
Wird eine Rechnung ordnungsgemäß berichtigt, stellt sich die Frage, zu welchen Zeitpunkt die Berichtigung wirksam wird. Nur wenn die Berichtigung rückwirkend gilt, kann eine Verzinsung eines Nachzahlungsbetrags nach § 233a AO vermieden werden. Nachdem nach einem Urteil des EuGH (Urteil v. 15.7.2010, C-368/09 (Pannon Gep), BFH/NV 2010 S. 1762) national umstritten war, ob eine noch im Prüfungsverfahren vorgelegte berichtigte Rechnung zurück wirkt, scheint der EuGH dies in einer neuen Entscheidung (Urteil v. 8.5.2013, C-271/12 ( Petroma Transports)) nochmals bekräftigt zu haben. Der BFH muss in einem Revisionsverfahren (XI R 41/10) entscheiden, unter welchen Voraussetzungen eine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich ist.
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