Schwimmschule: Welche Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer?
Hintergrund:
Ein Lehramtsstudent betrieb eine Schwimmschule und bot verschiedene Schwimmkurse und Wassergymnastik an. Nachdem die Bezirksregierung ihm bescheinigt hatte, dass seine Schwimmkurse „Anfänger“, „Fortgeschrittene“, „Bronze“, „Silber“ und „Kraulen als 2. Schwimmart“ im Rahmen der Schulsportergänzung ordnungsgemäß auf einen Beruf bzw. eine öffentlich-rechtliche Prüfung vorbereiten, stufte das Finanzamt die Umsätze als umsatzsteuerfrei ein.
Vor dem FG Münster war jetzt allerdings noch strittig, ob auch die Umsätze aus den außerschulischen bzw. freizeitbezogenen Kursen wie „Babyschwimmen“, „Kleinkinderschwimmen“, „Aquajogging“, „Aqua-Fitness“ und „Erwachsenenschwimmen“ steuerfrei sind.
Entscheidung:
Das FG urteilte, dass für diese Umsätze keine Umsatzsteuerbefreiung greift. Die Steuerbefreiung für Heilbehandlungen (§ 4 Nr. 14 UStG) scheidet aus, da die Kurse keiner wissenschaftlich anerkannten Heilmethode folgten, sondern lediglich dem besseren Allgemeinbefinden dienten. Auch fehlte es dem Lehramtsstudenten an der erforderlichen berufsfachlichen Qualifikation. Zwar kann ein entsprechender Qualifikationsnachweis auch dadurch erbracht werden, dass die Krankenkassen die Kurskosten übernehmen. Eine Kostenübernahme auf freiwilliger Basis – wie im Urteilsfall von einigen Kassen zugesagt – genügte dem FG jedoch nicht als Qualifikationsnachweis.
Auch die unionsrechtlich vorgesehene Steuerbefreiung für Dienstleistungen der Sozialfürsorge (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL), die der deutsche Gesetzgeber im Übrigen ab 2009 in § 4 Nr. 16 UStG aufgenommen hat, greift im vorliegenden Fall nicht. Denn die Schwimmschule ist hinsichtlich der strittigen Umsätze nicht als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt.
Ferner kommt keine Umsatzsteuerbefreiung für Ersatz- und Ergänzungsschulen in Betracht, da die Schwimmschule keine Bescheinigung über die Einordnung als ein solches Institut vorlegen konnte.
Die Steuerbefreiung für selbstständige Lehrer (§ 4 Nr. 21 b UStG) scheidet ebenfalls aufgrund einer fehlenden Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde aus.
Ohne Erfolg beruft sich der Schwimmschulbetreiber zudem auf die Steuerbefreiung für Veranstaltungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts (§ 4 Nr. 22 UStG), da er als privatwirtschaftliches Unternehmen nicht unter den begünstigten Personenkreis fällt.
(FG Münster, Urteil v. 13.12.2011, 15 K 1041/08 U)
Hinweis:
Das Urteil bietet einen guten Überblick über die geltenden Umsatzsteuerbefreiungen im medizinischen, sozialen und unterrichtenden Bereich, auch wenn der Betreiber mit dieser Entscheidung aus steuerlicher Sicht „baden ging“.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
812
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
707
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
690
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
632
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
544
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
519
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
493
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
473
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
465
-
Anschrift in Rechnungen
421
-
Alle am 21.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen
21.11.2024
-
Keine Rückstellung für vorläufig festgesetzte Zinsrückzahlung
21.11.2024
-
Erfordernis der Glaubhaftmachung gem. § 52a Abs. 6 FGO
20.11.2024
-
Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen auch in 2022 möglich
18.11.2024
-
Keine AdV bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerwertermittlung
18.11.2024
-
BFH zur Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung
18.11.2024
-
Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
18.11.2024
-
Erbschaftsteuerlicher Freibetrag bei Erbverzicht der Elterngeneration
18.11.2024
-
Hinzurechnungsbesteuerung und Kapitalverkehrsfreiheit bei Schweizer Tochtergesellschaften
15.11.2024
-
Keine Kfz-Steuerbefreiung bei untergeordneter land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit
15.11.2024