So fördert der Chief Digital Officer Nachhaltigkeit

Die Erfüllung von ESG-Anforderungen kann nur durch Teamarbeit im Unternehmen gelingen. Eine Schlüsselposition nimmt dabei der Chief Digital Officer (CDO) ein, so Levent Ergin. Dieser Beitrag zeigt, wie Nachhaltigkeitsanforderungen die Rolle des CDO verändern und wie ein modernes ESG-Datenmanagement gelingen kann.

In der sich immer schneller drehenden Geschäftslandschaft ist Nachhaltigkeit für Unternehmen wichtiger denn je. Es geht nicht nur darum, Compliance-Anforderungen zu erfüllen – ESG (Environmental, Social und Governance) ermöglicht es den Firmen, nachhaltiger und verantwortungsvoller zu handeln, was noch nie zuvor so wichtig war. Gelebte Nachhaltigkeit steigert nicht nur das Ansehen bei den Verbrauchern, es sorgt auch für Wettbewerbsvorteile.

Das macht eine genaue ESG-Berichterstattung unerlässlich. Doch die immer komplexeren Nachhaltigkeitsvorschriften und -strategien erfordern eine große Menge an Daten. Daher wenden sich Unternehmen an ihre Chief Data Officers (CDO), die den Weg durch die trüben Gewässer der Nachhaltigkeitsdaten weisen sollen.

Orientierung bietet folgender Leitfaden für Chief Data Officers, die Organisationen bei der Verwaltung und Berichterstattung von ESG-Daten unterstützen. Dazu gehören die Einhaltung regulatorischer und rechtlicher Anforderungen, die Schaffung von Vertrauen durch transparente Offenlegung, die Minderung von Risiken und die Ausrichtung verantwortungsvoller Geschäftspraktiken an gesellschaftlichen Werten für einen positiven Umweltbeitrag.

So wirken sich ESG und Nachhaltigkeit auf die CDO-Rolle aus

Chief Data Officers müssen eine führende Rolle bei der Modernisierung des Datenmanagements in ihrem Unternehmen spielen. So schützen sie es vor den Compliance- und Reputationsrisiken, die sich aus ungenauen oder fehlerhaften ESG-Daten und -Berichten ergeben. Die Realität sieht derzeit oft so aus, dass Firmen etwa ausgabenbasierte Kohlenstoffberechnungen verwenden, um Emissionen zu schätzen, anstatt sich auf genau erfasste Daten zu verlassen. Dabei sind die tatsächlichen Emissionen manchmal dreimal so hoch wie angegeben.

Das kann gefährlich werden, denn eine fehlerhafte ESG-Berichterstattung untergräbt alles – von der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften bis zu beschädigtem Anlegervertrauen. Hinzu kommen Strafen, Vorwürfe der Grünfärberei und verschärfte Behördenkontrollen. Unternehmen riskieren auch einen Imageschaden wegen nicht nachhaltiger Praktiken, wenn die Ursachen in der Lieferkette liegen.

Beim einwandfreien ESG-Datenmanagement und der Berichterstattung können sich all diese Ziele überschneiden. Doch was kann ein Chief Data Officer tun, um sie in Einklang zu bringen? Die Antwort: die Modernisierung des ESG-Datenmanagements vorantreiben.

Mit Vorschriften auseinandersetzen

Viele ESG-Regelungen gelten bereits, stehen kurz bevor oder befinden sich in Vorbereitung. Die meisten orientieren sich an der finanziellen Berichterstattung kapitalmarktorientierter Unternehmen, aber die ESG-Datenstandards sind nicht vollständig mit denen vergleichbar, die börsennotierte Unternehmen und institutionelle Anleger verwenden. Sie sind für den sektorübergreifenden Einsatz konzipiert und unterliegen, zumindest im Moment, nicht den sich wiederholenden, mehrjährigen Entwicklungszyklen der Finanzregulierungsbehörden.

Zu den aktuell wichtigsten ESG-Regularien zählen:

  • Das CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) verpflichtet Unternehmen zur Offenlegung von nicht finanziellen Aspekten und somit zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts (Sozial-, Umwelt- und Arbeitnehmerbelange). Auch die Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption spielen wichtige Rollen. [Mit dem Effektivwerden der deutschen Umsetzung der CSRD wird das CSR-RUG davon abgelöst; Anm. d. Red.]
  • Die EU-Taxonomie definiert, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als nachhaltige Investitionen gelten dürfen. Sie fordert von Organisationen Transparenz bei den eigenen Geschäftsaktivitäten.
  • Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD): Das Ziel der CSRD besteht darin, Transparenz und Konsistenz bei den Nachhaltigkeitsinformationen entlang der finanziellen Wertschöpfungskette zu schaffen.
  • Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinschG) schützt natürliche Personen innerhalb eines Unternehmens, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit auf Verstöße gegen europäisches und nationales Recht innerhalb des Unternehmens hinweisen.
  • Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LksG) regelt die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in den Lieferketten (etwa die Erfüllung von menschlichen Sorgfaltspflichten und Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen).
  • Die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) verpflichtet börsennotierte Firmen, Banken und Versicherungen, in ihrem bestehenden Lagebericht auch Nachhaltigkeitsangaben zu machen. [das CSR-RUG ist die deutsche Umsetzung dieser europäischen Richtlinie, siehe oben; Anm. d. Red.]
  • Die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFRD) verpflichtet Finanzmarktteilnehmer, ihre Finanzprodukte nach ESG-Kriterien zu evaluieren.

Empfohlene Maßnahme: Unternehmen sollten mit dem CSO gemeinsam die Vorschriften durcharbeiten und bestimmen, welche davon wann eingehalten werden müssen. Sie müssen auch die damit verbundenen Geschäftsrisiken verstehen, wie ein eingeschränkter Marktzugang, Auswirkungen auf die Betriebsgenehmigung oder gestrandete Vermögenswerte. Beispiele hierfür sind Technologien zur Gewinnung oder Nutzung von fossilen Energieträgern, die zur Emission klimawirksamer Gase wie CO₂ führen. Diese Emissionen können Gebühren für klimaschädliche Gase nach sich ziehen und Anforderungen an die Offenlegung klimarelevanter Risiken in der Unternehmensberichterstattung zur Folge haben.

Zusammenarbeit fördern

In dem Maße, wie die ESG-Berichterstattung in den Mittelpunkt der Unternehmensstrategie rückt, können CDOs ihre Position als führende Datenexperten nutzen und ihren Einfluss auf das gesamte Unternehmen ausweiten. Durch eine engere Zusammenarbeit mit führenden Stakeholdern wie dem Beschaffungswesen, dem Chief Financial Officer und dem Chief Sustainability Officer können sie ihr Ansehen steigern, indem sie sicherstellen, dass die Nachhaltigkeitsstrategien auf Daten beruhen, die die Entscheidungen durch Fakten stützen.

Deshalb sollte der CDO einen Plan für die Zusammenarbeit mit Dritten erarbeiten, von denen das Unternehmen Daten erheben muss. Dabei sollte er verstärkt auf Automatisierung setzen, um die Datenbereitstellung und -genauigkeit innerhalb der Organisation zu vereinfachen.

Da Nachhaltigkeitsdaten alle Geschäftsbereiche betreffen, ist es die Aufgabe des CDO, eine ESG-Datenstrategie zu entwickeln, die die Anforderungen der verschiedenen Nachhaltigkeitsteams erfüllt. Keine kleine Aufgabe, daher sollte er bei der ESG-Datenstrategie mit folgenden Kollegen zusammenarbeiten:

  • Chief Sustainability Officer (CSO): Die wichtigste Institution für alles, was mit Nachhaltigkeit zu tun hat.
  • Chief Executive Officer (CEO): Da die Nachhaltigkeitsstrategie in immer mehr Unternehmen in die breitere Strategie einfließt, spielt die Meinung des CEO eine immer wichtigere Rolle.
  • Chief Finance Officer (CFO): Obwohl es sich bei ESG-Daten nicht um Finanzdaten handelt, fließen sie dennoch in die Jahresabschlüsse ein. Deshalb muss das Finanzteam sicherstellen, dass die ESG-Daten korrekt sind.
  • Chief Supply Chain Officer/Chief Procurement Officer (CSCO/CPO): Da mehr als 80 Prozent der Emissionen in der Lieferkette entstehen, kommt dem CSCO/CPO eine Schlüsselrolle bei der Erfassung aller Daten über Kohlenstoffemissionen in der Lieferkette zu.

Kurz: Der CDO muss mit allen funktionsübergreifend zusammenarbeiten, um eine ganzheitliche ESG-Datenstrategie zu entwickeln.

ESG-Datenverwaltung modernisieren

Der 2023 CxO Sustainability Report zeigt, dass fast ein Viertel der befragten Chief Officers die Schwierigkeit, die Umweltauswirkungen ihres Unternehmens zu messen, als Haupthindernis für das Vorantreiben von Nachhaltigkeitsbemühungen bezeichneten. Fast ein Fünftel nannte Kosten und die Konzentration auf kurzfristige Probleme als Hindernisse.

Um ESG-Ergebnisse zuverlässig melden zu können, drängen CDOs auf Investitionen in Systeme, die verschiedene ESG-Datentypen an einem einzigen Speicherort erfassen und verwalten können. Dies erfordert die technische Fähigkeit, strukturierte und unstrukturierte Daten automatisch zu erkennen, sie zu aggregieren, zu standardisieren und sie dann mit einer bekannten Quelle und einer festgelegten Liste von Benutzern zu verknüpfen.

Normalerweise gilt die GIGO-Regel: Garbage In, Garbage Out. CDOs sollten über die Oberfläche des Berichtswesens hinausdenken und sicherstellen, dass ihre ESG-Datengrundlage umfassend, vertrauenswürdig, gemeinsam nutzbar und für die Bereitstellung im gesamten Unternehmen skalierbar ist. Diese Komplexität erfordert eine fortschrittliche Datenverwaltungsfunktion.

Empfohlene Maßnahme: ESG kann auf der gleichen Backbone-Lösung erfolgen, die auch das Merchandising, die E-Commerce-Kanäle, die Rückverfolgbarkeit und Sicherheit von Lebensmitteln, die Modernisierung des ERP und andere strategische Initiativen unterstützt. Verantwortliche sollten nach einer Data-Governance-Lösung suchen, die mit den einzigartigen Merkmalen von ESG-Daten umgehen kann und es möglich macht, eine „einzige Quelle der Wahrheit“ (Single Source of Truth) für vertrauenswürdige ESG-Analysen und -Berichte zu schaffen.

Die passende Lösung kann auch dabei helfen, kritische Datenelemente zu definieren und eine einheitliche Definition für Schlüsselbegriffe wie „Treibhausgase“ im gesamten Betrieb zu kreieren. Mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen gelingt es einigen Tools sogar, jeden Geschäftsbegriff automatisch mit den zugrunde liegenden technischen Metadaten zu verknüpfen. Das gewährleistet eine durchgängige Rückverfolgbarkeit der Daten.