Es gibt zahlreiche Nudges, die darauf abzielen, Müll zu vermeiden, richtig zu entsorgen oder besser zu trennen. Kontextuelle Faktoren wie die Unternehmenskultur, das Timing oder der Standort spielen eine entscheidende Rolle für ihre Wirksamkeit. Die folgenden Beispiele thematisieren zunächst das nicht-nachhaltige Verhalten und stellen anschließend einen "Green Nudge" vor, der auf die erwünschte Handlungsweise abzielt. Die Ergebnisse der Interventionen sind oft überraschend.
Mit einer Schildkröte die Nutzung von Einmalhandschuhen in Krankenhäusern reduzieren
Nach dem Höhepunkt der COVID-19-Pandemie wurde in Großbritannien beobachtet, dass sich die Verwendung von Einmalhandschuhen im medizinischen Bereich als neuer Standard für die Handhygiene etabliert hat. Für viele Personen, die in Krankenhäusern arbeiten, ist das Greifen nach Wegwerfhandschuhen zur Gewohnheit geworden, obwohl in vielen Fällen eine Desinfektion durch Waschen oder Gel ausreichend wäre.
Um den übermäßigen Gebrauch von Handschuhen zu minimieren und gleichzeitig die Einhaltung der Handhygiene zu gewährleisten, wurde ein Aufkleber auf der Handschuhspenderbox aufgebracht. Der Text darauf lautete: "Under the sea is where gloves will be… so if you can, wash your hands instead." Dazu war ein Bild einer Schildkröte abgebildet, das die Umwelt repräsentiert. Das Resultat: 11 Prozent mehr Händedesinfektionen durch Hände waschen oder gelen.
Unberührte Natur im Müllraum kann Verschmutzung reduzieren
In Mehrparteienwohnhäusern besteht häufig das Problem, dass die Müllräume verschmutzt sind. Zigarettenstummel, Papierreste und sogar sperriger Abfall werden außerhalb der Mülltonnen auf dem Boden abgestellt oder achtlos fallengelassen. Diese Unordnung verursacht Kosten für zusätzliche Reinigung, birgt mögliche Gesundheitsgefahren und mindert das Wohlbefinden der Mieter.
In einem Feldexperiment mit über 71.000 Teilnehmern wurden verschiedene Nudges getestet, um Mieter dazu zu motivieren, die Müllräume weniger zu verschmutzen. Getestet wurden verschiedene Poster im Müllraum. Darunter solche, die direkt auf das Müllproblem eingingen, etwa indem sie die finanziellen Vorteile durch weniger Reinigung aufzeigen oder die korrekte Entsorgung im Comicstil zeigen. Am erfolgreichsten war jedoch das Poster, das eine lokale Naturlandschaft abbildete und Müll überhaupt nicht thematisierte. Die einfache Erinnerung daran, wie schön unberührte (und unverschmutzte) Natur sein kann, bewegte mehr Menschen dazu, den Müll richtig zu entsorgen.
Wie Kinderbilder illegale Mülldeponien verhindern können
Die Gemeinde Dordrecht in den Niederlanden sah sich mit einem Müllproblem konfrontiert: dem illegalen Abladen sperriger Abfälle in der Nähe von Untergrundcontainern, die eigentlich für Glas und Papier vorgesehen sind. Dieses hatte nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität des Viertels, sondern auch auf die Effizienz des Abfallentsorgungsprozesses.
Ein Team von Verhaltensexperten entwickelte verschiedene Interventionen zur Reduzierung dieser Vermüllung. Neben "Danke"-Schildern, Flyern und WhatsApp-Terminvereinbarungen waren besonders auffällige neue Containerverkleidungen mit Kinderzeichnungen Teil des Programms. Ein Designwettbewerb wurde an einer lokalen Schule abgehalten, dessen Gewinnerzeichnungen zur Verschönerung der Untergrundcontainer verwendet wurden. Dieses emotionale Framing führte zu einer gesteigerten Identifikation und einer Verringerung der Anonymität. Mit einem bemerkenswerten Ergebnis: die Gemeinde konnte 85 Prozent weniger illegal abgeladenen Sperrmüll verzeichnen.
Die etwas andere Wahlurne
Weggeworfene Zigarettenstummel stellen ein unterschätztes Umweltproblem dar. Statistiken zeigen, dass Zigarettenstummel seit 32 Jahren weltweit die am häufigsten gesammelten Gegenstände an Stränden sind. Ein einzelner Zigarettenstummel kann zwischen 500 und 1.000 Liter Wasser verschmutzen, was zu erheblichen Problemen für die Wasserqualität führt. Menschen werfen Zigarettenstummel oft aus Bequemlichkeit, Gewohnheit und einem Mangel an Bewusstsein für die Umweltauswirkungen achtlos weg.
Um das korrekte Entsorgen von Zigarettenstummeln zu fördern, wurden an frequentierten Orten sogenannte "Wahlurnen" aufgestellt, in denen Menschen ihre Kippenstummel für zwei Optionen wie bei einem Quiz einwerfen können. Nach erfolgreichen Pilotprojekten in London und Athen wurde die Initiative auf mehr als 50 griechische Inseln ausgeweitet. Dort stehen nun 700 blaue Quiz-Mülleimer, die Fragen wie "Geht Ananas auf Pizza?" und "Flip-Flops mit oder ohne Socken?" enthalten. Das Ergebnis: Schätzungsweise werden durch diese Quiz-Mülleimer jährlich mehr als 1 Million Zigarettenstummel gesammelt.
Goldene Sterne für saubere Recyclingströme
Aotearoa Neuseeland hat im Recycling leider Nachholbedarf. Die Recyclingraten liegen im Vergleich zu anderen Ländern deutlich niedriger. Nach dem Lockdown der COVID-19-Pandemie verschlechterte sich die Situation weiter. Insbesondere in Christchurch sanken die Recyclingraten drastisch, wobei im Juni 2020 nur noch 48 Prozent des Materials der Müllabfuhrwagen recycelt wurden. Hauptgrund hierfür war die hohe Verunreinigung durch eine mangelhafte Sortierung seitens der Bewohner. Selbst die örtliche EcoSort-Anlage musste aufgrund zahlreicher Versäumnisse vorübergehend geschlossen werden.
Als Reaktion führte die Stadt Christchurch ein öffentliches Belohnungssystem ein, das auf der Idee sozialer Normen basiert. Jeder Einwohner, der seinen Müll korrekt sortiert und entsorgt, erhält einen großen goldenen Stern für seinen Müllcontainer, der für die gesamte Nachbarschaft sichtbar ist. Der Stern nutzt dabei einen Wortwitz und sagt: "Thanks for bin great". Das Resultat: Im Jahr 2020 wurden mehr als 177.000 Müllcontainer überprüft, wobei fast 50.000 goldene Sterne vergeben wurden (~31 Prozent). Innerhalb weniger Monate stieg der Anteil des Mülls, der recycelt werden konnte, von 48 Prozent auf 80 Prozent.
"Wachsame Augen" für besseres Recycling
In vielen Ländern sind die Recyclingraten und die Qualität des vorsortierten Mülls nach wie vor niedrig. Überraschenderweise betrifft dies auch einen Großteil der Universitäten in Großbritannien, die aufgrund ihrer zahlreichen Studenten große Mengen an Abfall produzieren.
Eine Studie des University College London und der University of Warwick untersuchte den Effekt von "Wachsamen Augen" auf das Recyclingverhalten. Dabei wird ein Augenpaar direkt über dem Mülleimer angebracht, um die korrekte Mülltrennung zu fördern. Was an "Big Brother" erinnert, zielt auf die Einhaltung sozialer Normen ab - und funktioniert hier in diesem Kontext. Verschiedene Varianten von Nudges wurden getestet, die Kombination aus Augen und schriftlichen Sortierhinweisen erwies sich als am effektivsten. Die Variante nur mit den Augen hatte kaum einen positiven Effekt.
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Über den Autor
Matthias Höppner, der Initiator und Editor-in-Chief von green-nudges.com, und sein Team veröffentlichen auf ihrer Website, LinkedIn und Instagram jede Woche einen neuen Green Nudge aus aller Welt. Die Seite ist eine der führenden Plattformen für grüne Interventionen, die Menschen zur Inspiration für ihre Arbeit und Projekte nutzen können. Zusätzlich zur wöchentlichen Serie bietet das Team ein Beratungsangebot für Unternehmen an, um ihnen dabei zu helfen, passende Green Nudges zu identifizieren, mit denen sie Mitarbeiter und Kunden zu nachhaltigem Verhalten bewegen.