Erfolgsfaktoren für Klimawandelanpassung in Organisationen

Vielen Unternehmen fällt die Anpassung an mögliche Auswirkungen des Klimawandels noch schwer. Dabei spielen Fragen der Organisations- und Führungskultur eine entscheidende Rolle. Dieser Artikel zeigt anhand von Beispielen, wie Unternehmen eine Adaptations-Kultur entwickeln können.

„Culture eats strategy for breakfast“, sagte schon Peter Drucker. In diesem Artikel soll daher näher untersucht werden, wie die in den vorangegangenen Artikeln beschriebenen Herausforderungen tiefgreifende organisatorische Veränderungen nach sich ziehen. Denn trotz der offensichtlichen Notwendigkeit fällt es vielen Unternehmen oft schwer, die notwendigen Maßnahmen umzusetzen. Wie so oft braucht es mehr als nur „die beste Idee“. Dieser Artikel beleuchtet die organisationalen Erfolgsfaktoren für die Anpassung an den Klimawandel und stellt Fallbeispiele erfolgreicher Unternehmen vor.

Um die Transformation zu verstehen, orientieren wir uns am systemischen Ansatz. Dieser betont die Interdependenz aller Teile einer Organisation und die Notwendigkeit, diese Beziehungen bei der Umsetzung von Veränderungen zu berücksichtigen. Echte Veränderung kann nur durch die Herstellung von Anschlussfähigkeit sowie durch das Verständnis der komplexen Wechselwirkungen und Rückkopplungen innerhalb eines Systems erreicht werden. Hier haben uns insbesondere Rudi Wimmer, Dirk Baecker und Henry Mintzberg geprägt, die im Modell zu Wort kommen.

Hexagon Klimawandelanpassung dsr

1. Klare Vision und Strategie

Ohne eine klare Vision und Strategie fehlt es Transformationsinitiativen an Orientierung und Kohärenz. Führungskräfte müssen eine ebenso überzeugende wie inhaltlich stringente Zukunftsvision formulieren, diese effektiv kommunizieren und einen realistischen und damit glaubwürdigen Fahrplan zur Zielerreichung vorlegen. Das ist gerade bei einem so schwer greifbaren Thema wie der Anpassung an den Klimawandel notwendig. Es braucht nachvollziehbare und von der Organisation als „kompatibel“ bewertete Geschichten, die den Weg für das Unternehmen anschlussfähig aufzeigen können.

Rudi Wimmer betont in seinen Arbeiten die Bedeutung einer klaren strategischen Ausrichtung und der Kohärenz in Transformationsprozessen: „Strategieentwicklung und Implementierung bedürfen eines kohärenten Bezugsrahmens, um Orientierung und Handlungsfähigkeit in komplexen Veränderungsprozessen zu gewährleisten“ (Wimmer, 2004).

Fallbeispiel: BASF Agriculture Solutions

BASF, das weltweit größte Chemieunternehmen, hat eine umfassende Strategie zur Anpassung an den Klimawandel entwickelt, die sich auf die Verbesserung der Resilienz ihrer landwirtschaftlichen Produkte konzentriert. Durch die Entwicklung klimaresistenter Saatgutsorten und innovativer Pflanzenschutzmittel hilft BASF Landwirten, ihre Ernten trotz zunehmender klimatischer Herausforderungen zu sichern. Diese klare Vision und Strategie wurden durch umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsprogramme untermauert und wirkungsvoll kommuniziert. Die dadurch für Jeden leicht zu akzeptierende Relevanz des Themas führte zu einer erhöhten Akzeptanz und Motivation bei den Mitarbeiter:innen.

2. Widerstand gegen Veränderungen

Es sind vor allem die Mitarbeiter:innen, die das Herzstück jeder Transformation bilden und deren Erfolg maßgeblich beeinflussen. Denn Veränderungen schaffen neue Realitäten: Vertraute und gar liebgewordene Rollen, Aufgaben und Gewissheiten aus der Vergangenheit werden ersetzt durch neue, schwer einzuschätzende Anforderungen und Spielregeln – an die Organisation als Ganzes wie auch an jede:n Mitarbeiter:in.

Deshalb darf der Widerstand von Mitarbeitern, die mit dem Status quo zufrieden sind oder Angst vor dem Unbekannten haben, nicht unterschätzt werden. Dieser Widerstand kann auf allen Ebenen der Organisation auftreten und sich als passive Resistenz, Skepsis oder gar aktive Opposition manifestieren. Da unter dem Stichwort „Klimawandel“ bereits zahlreiche Initiativen im Unternehmen laufen, sollte hier sensibel mit neuen Maßnahmen umgegangen sein, um sowohl das Gefühl von Orientierungslosigkeit als auch Überforderung gar nicht erst entstehen zu lassen.

Dirk Baecker hebt die Bedeutung des Umgangs mit Komplexität und Ungewissheit hervor: „Organisationen müssen lernen, mit der Ungewissheit umzugehen und Vertrauen in den Wandel zu entwickeln“ (Baecker, 1999).

Fallbeispiel: Nestlé

Nestlé hat bei der Einführung eines nachhaltigen Wassermanagements in seinen Produktionsstätten erhebliche Widerstände überwinden müssen. Durch gezielte Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen gelang es dem Unternehmen, die Mitarbeiter von der Notwendigkeit dieser Veränderungen zu überzeugen. Nestlé implementierte fortschrittliche Technologien zur Wassereinsparung und Wasserwiederverwendung in seinen Produktionsprozessen, was nicht nur die Umweltbelastung verringerte, sondern auch die betriebliche Effizienz steigerte.

3. Effektive Kommunikation und Einbindung

Effektive Kommunikation ist für erfolgreichen Wandel unerlässlich, wird aber meist unterschätzt. Zu einem ganzheitlichen Kommunikationskonzept gehört es, relevante Stakeholder zu identifizieren, geeignete Kommunikationsanlässe zu schaffen, den Informationsfluss über verschiedene Kanäle und Formate zu steuern, Widerstände zu adressieren, geeignete Schulungen und Unterstützung anzubieten und Fortschritte zu messen.

Niklas Luhmann betont die Bedeutung von Kommunikation in Organisationen: „Kommunikation ist der zentrale Mechanismus, durch den Organisationen ihre Strukturen und Prozesse gestalten und verändern“ (Luhmann, 2000).

Fallbeispiel: Vonovia

Vonovia, ein führendes Wohnungsunternehmen, hat umfangreiche Anpassungsmaßnahmen implementiert, um die Widerstandsfähigkeit seiner Immobilien gegen extreme Wetterereignisse zu erhöhen. Durch eine klare Kommunikationsstrategie, die regelmäßige Updates und Schulungen beinhaltete, wurde sichergestellt, dass alle Mitarbeiter und Mieter über die Ziele und Fortschritte der Maßnahmen informiert waren und aktiv einbezogen wurden. Diese umfassende Kommunikation und Einbindung trugen maßgeblich zum Erfolg der Initiative bei, die unter anderem die Installation wasserresistenter Materialien und verbesserter Entwässerungssysteme umfasste.

4. Starke Unterstützung durch das Management

Die für jede:n Mitarbeiter:in erlebbare Unterstützung durch die Führung und der sogenannte „Tone from the Top“ sind entscheidend für die Einführung und Aufrechterhaltung von Veränderungen. Führungskräfte, die nicht voll hinter der Veränderung stehen oder die Ressourcen nicht richtig zuweisen, Change Agents nicht befähigen und die gewünschten Verhaltensweisen nicht vorleben, minimieren die Chancen, dass die Mitarbeiter die Veränderungsbemühungen unterstützen.

Kurt Lewin betonte bereits in seinen frühen Arbeiten die Rolle der Führung in Veränderungsprozessen: „Veränderung beginnt auf der Ebene der Führung. Ohne aktive Unterstützung von oben bleibt jede Veränderungsinitiative fragmentiert und wirkungslos“ (Lewin, 1947).

Fallbeispiel: Allianz

Die Allianz SE, eines der weltweit größten Versicherungsunternehmen, hat erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen in ihre Klimawandelanpassungsstrategien investiert. Das Unternehmen hat spezielle Teams und Technologien entwickelt, um Klimarisiken zu bewerten und zu managen. Diese Investitionen ermöglichen es der Allianz, ihre Kunden besser zu schützen und gleichzeitig ihre eigenen Risiken zu minimieren. Durch die Bereitstellung ausreichender Ressourcen und die Förderung einer Kultur der Verantwortlichkeit hat die Allianz ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels gestärkt.

5. Förderliche Organisationskultur

Der Begriff „Organisationskultur“ beschreibt die gemeinsamen Werte, Normen, Symbole und somit die sichtbaren und wiederkehrenden Verhaltensweisen innerhalb einer Organisation. Eine Kultur, die Innovation, Zusammenarbeit und kontinuierliche Verbesserung wertschätzt, ist förderlich für erfolgreiche Transformationen. Das Spielen auf dieser Klaviatur ist eine zusätzliche Anforderung für viele komplexe Anpassungsstrategien.

Edgar Schein betont die Bedeutung der Organisationskultur: „Eine starke Kultur kann den Wandel erleichtern, indem sie gemeinsame Werte und Normen als Orientierung bietet“ (Schein, 2010).

Fallbeispiel: Unilever

Unilever hat eine Kultur der Nachhaltigkeit geschaffen, die Innovation und kontinuierliche Verbesserung fördert. Durch Initiativen wie den „Sustainable Living Plan“ hat Unilever eine Kultur entwickelt, die die Mitarbeiter dazu ermutigt, innovative Lösungen zur Anpassung an den Klimawandel zu entwickeln. Diese Kultur der Zusammenarbeit und Verbesserung hat es Unilever ermöglicht, nachhaltige Praktiken in allen Geschäftsbereichen zu implementieren und sich erfolgreich an klimatische Veränderungen anzupassen.

6. Klare Verantwortung und Ressourcen

Ohne ausreichende Ressourcen – finanziell, personell und technologisch – wird die Umsetzung von Transformationsinitiativen schwierig. Unzureichende Kompetenzentwicklung aufgrund mangelnder Ressourcen kann zu Widerständen bei den Mitarbeitern und sinkender Produktivität führen. Wie im vorangegangenen Artikel (Stichwort „RORI“) dargelegt, ist es wichtig, eine passende „Sprache“ für die Investitionsplanung zu finden.

Henry Mintzberg betont die Notwendigkeit klar definierter Verantwortlichkeiten und ausreichender Ressourcen: „Ohne klare Verantwortlichkeiten und ausreichende Ressourcen sind Veränderungsprozesse zum Scheitern verurteilt“ (Mintzberg, 1994).

Fallbeispiel: Pfizer

Pfizer, ein führendes Pharmaunternehmen, hat erhebliche Ressourcen in die Anpassung seiner Lieferketten an den Klimawandel investiert. Durch den Einsatz modernster Technologien zur Überwachung und Optimierung der Lieferketten konnte Pfizer die Widerstandsfähigkeit gegenüber klimabedingten Störungen erhöhen. Diese Investitionen umfassen auch die Entwicklung neuer Verpackungslösungen, die weniger anfällig für extreme Temperaturen sind, was die Effizienz und Sicherheit der Produkte verbessert.

Fazit

Die sechs genannten Erfolgsfaktoren – klare Vision und Strategie, Überwindung von Widerständen, effektive Kommunikation und Einbindung, starke Führung, unterstützende Organisationskultur sowie ausreichende Ressourcen und klare Verantwortungsstrukturen – sind entscheidend für den Erfolg von Transformationsinitiativen. Durch die Anwendung bewährter Theorien der Organisationskultur- und Veränderungsforschung können Unternehmen die notwendige Veränderungsbereitschaft unter ihren Mitarbeiter entwickeln und erfolgreich Anpassungsmaßnahmen umsetzen.

Unternehmen wie BASF, Nestlé, Vonovia, Allianz, Unilever und Pfizer zeigen, dass es möglich ist, sich erfolgreich an die Herausforderungen des Klimawandels anzupassen und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Organisation und Kultur spielten bei diesem Wandel eine wichtige Rolle.

Am 6. November findet in Berlin mit „ THE SHIFT“ die erste Konferenz zur Anpassung an den Klimawandel für Unternehmen statt. Leserinnen und Leser von Haufe Sustainability erhalten mit dem Code "HAUFE_THESHIFT24" 10 Prozent Rabatt auf den Ticketpreis.

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Quellen:

  • Wimmer, R. (2004). Strategieentwicklung und Implementierung. Springer.
  • Baecker, D. (1999). Organisation und Management. Suhrkamp.
  • Luhmann, N. (2000). Organisation und Entscheidung. Westdeutscher Verlag.
  • Lewin, K. (1947). Frontiers in Group Dynamics. Human Relations.
  • Schein, E. H. (2010). Organizational Culture and Leadership. Jossey-Bass.
  • Mintzberg, H. (1994). The Rise and Fall of Strategic Planning. Free Press.
  • Meadows, D. H. (2008). Thinking in Systems: A Primer. Chelsea Green Publishing.
Schlagworte zum Thema:  Risikomanagement, Klimawandel