Bürgergeld
Zum 1.1.2023 hat das Bürgergeld das Arbeitslosengeld II, auch bekannt als Hartz IV, abgelöst. Die Sozialreform brachte einige Änderungen mit sich – angefangen bei der Leistungshöhe, über die bürokratischen Abläufe bis hin zu den Hinzuverdienstmöglichkeiten.
Nachdem der Gesetzentwurf zum Bürgergeld zunächst im Bundesrat blockiert wurde, kam Ende 2022 schließlich doch eine Einigung zwischen Union und Ampel im Vermittlungsausschuss zustande. Der Kompromiss wurde am 25.11.2022 von Bundestag und Bundesrat beschlossen. Die ersten Regelungen der umfassenden Sozialreform traten am 1.1.2023 in Kraft, ein zweiter Teil folgte am 1.7.2023.
Bürgergeld statt Hartz IV
Das Bürgergeld ist, wie zuvor Hartz IV, ein Grundeinkommen beziehungsweise eine Grundsicherung für erwerbsfähige und bedürftige Menschen. Das Arbeitslosengeld II sowie das Sozialgeld wurden mit der Einführung des Bürgergelds abgeschafft. Alle Bürgerinnen und Bürger, die bisher einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hatten, können seit dem 1.1.2023 automatisch Bürgergeld beanspruchen, ohne hierfür einen erneuten Antrag stellen zu müssen.
Für Neuanträge ist wie beim Arbeitslosengeld II das örtliche Jobcenter zuständig – allerdings steht seit Beginn des Jahres ein neu eingerichtetes Online-Portal zur Verfügung. Unter www.jobcenter.digital können Antragssteller zum einen ihre Erst- oder Fortsetzungsanträge auf Bürgergeld beim Jobcenter online stellen. Zum anderen stehen weitere Online-Services zur Verfügung wie eine Terminvereinbarung sowie die Abrufmöglichkeit von Bescheiden. Außerdem kann das Portal für die Kommunikation mit dem Jobcenter genutzt werden. Die Nutzung ist etwa mit dem PC, mit dem Smartphone oder per Tablet möglich.
Wie zuvor das Arbeitslosengeld II auch, ist das Bürgergeld aus verschiedenen Anteilen zusammengesetzt, wie etwa
- den Kosten des Lebensunterhalts
- den Kosten der Unterkunft, also die Miete entspricht
- dem Anteil, der auf die sonstigen Personen fällt, die mit dem Antragsteller eine Anspruchs-Gemeinschaft bilden.
Wer bekommt Bürgergeld?
Das Bürgergeld ist kein bedingungsloses Grundeinkommen. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf das Bürgergeld sind vielmehr die folgenden:
- Hilfsbedürftigkeit. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
- grundsätzliche Erwerbsfähigkeit. Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten. Die Feststellung darüber, ob Erwerbsfähigkeit vorliegt, trifft die gesetzliche Rentenversicherung. Ist eine Person nicht erwerbsfähig, aber hilfsbedürftig, hat sie einen Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit nach dem SGB XII.
- Erreichbarkeit für das örtliche Jobcenter
Regelbedarfsstufen bestimmen Höhe beim Bürgergeld
Mit der Einführung des Bürgergeldes wurde auch die Höhe der Leistung angehoben, insbesondere für die Kosten des Lebensunterhalts. Der Regelsatz des Bürgergeldes für alleinstehende Erwachsene beträgt ab dem 1.1.2024 monatlich 563 Euro. Daneben gibt es weitere Regelbedarfsstufen:
- Personen in einer Paarbeziehung (verheiratet oder nicht-verheiratet) bekommen je monatlich 506 Euro
- Erwachsene in Einrichtungen nach dem SGB XII erhalten 451 Euro
- Junge Erwachsene unter 25 Jahre, die im Haushalt der Eltern leben und keiner Arbeit nachgehen, erhalten im Monat 451 Euro
- Jugendliche von 14 bis 18 Jahren bekommen monatlich 471 Euro
- Kinder von 6 bis 14 Jahren erhalten 390 Euro im Monat
- Kinder von 0 bis 5 Jahren bekommen monatlich 357 Euro
Zusätzlich bekommen Kinder bei Bedarf diverse Zuschüsse für Schulausflüge, Klassenfahrten, Mittagessen, Nahverkehr und Nachhilfe. Zahlreiche Personen, wie beispielsweise Schwangere, haben die Möglichkeit, Mehrbedarfe zu beantragen.
Grundsätzlich erfolgt die Zahlung des Bürgergeldes am letzten Werktag des Vormonats. Besteht der Anspruch nicht für einen vollen Monat, werden die Leistungen nach Tagessätzen ausgezahlt. Das Bürgergeld wird grundsätzlich für einen Zeitraum von 6 Monaten bis zu einem Jahr bewilligt. Danach muss der Leistungsberechtigte einen Folgeantrag stellen.
Bürgergeld: Der Vermittlungsvorrang entfällt
Zu den am 1.1.2023 in Kraft getretenen Neuregelungen zählt auch die Abschaffung des so genannten Vermittlungsvorrangs. Dieser hatte zum Ziel, den Arbeitslosen so schnell wie möglich in eine Beschäftigung zu bringen. Der Vermittlungsvorrang hatte aber häufig zur Folge, dass die aufgenommenen Tätigkeiten schnell wieder beendet wurden und in Aushilfsjobs Vermittelte keine Möglichkeiten hatten, sich fortzubilden. Stattdessen wird nun angestrebt, den Arbeitslosen in eine langfristige Tätigkeit zu vermitteln. Dafür steht ein Maßnahmenpaket zur Verfügung. Geringqualifizierte werden beispielsweise mit beruflicher Weiterbildung unterstützt, um ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu erschließen. Um Anreize für die Qualifizierung zu schaffen, gibt es nun ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von monatlich 150 Euro. Darüber hinaus wird es seit 1.7.2023 Leistungsbeziehern ermöglicht, bei Bedarf in drei Jahren eine Umschulung im Rahmen einer geförderten beruflichen Weiterbildung zu besuchen anstatt wie bisher in zwei Jahren. Ein Coaching soll den Leistungsberechtigten unterstützen, die aufgrund individueller Probleme besondere Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen.
Karenzzeit für neue Bürgergeldbezieher
Neu ist außerdem eine Karenzzeit, die ebenfalls seit dem 1.1.2023 gilt. Sie erstreckt sich auf das erste Jahr des Bürgergeldbezugs und bringt für die Leistungsbezieher einige Vorteile mit sich:
- Die Kosten für Unterkunft werden zusätzlich in tatsächlicher Höhe, die Heizkosten in angemessener Höhe übernommen.
- das Ersparte darf bis zu einem gewissen Betrag unangetastet bleiben. Für den Bürgergeldbezieher gilt ein Freibetrag von 40.000 Euro, für jede weitere Person der Bedarfsgemeinschaft kommen 15.000 Euro hinzu. Nach Ablauf der Karenzzeit gilt für jeden Leistungsbezieher weiterhin ein Freibetrag von 15.000 Euro.
- die Jobcenter überprüfen nicht, ob eine Wohnung angemessen ist.
Hinzuverdienstgrenzen beim Bürgergeld
Einen Hinzuverdienst von bis zu 100 Euro kann der Leistungsberechtigte vollständig behalten. Geht das zusätzliche Einkommen darüber hinaus, ist dessen Anrechnung wie folgt gestaffelt:
- von dem Teil des Hinzuverdienstes, der 100 Euro übersteigt, aber nicht mehr als 520 Euro beträgt, bleiben 20 % anrechnungsfrei
- von dem Teil des Einkommens, der 520 Euro übersteigt, aber und nicht mehr als 1.000 Euro beträgt, bleiben seit dem 1.1.2023 20 %, ab dem 1.7.2023 30 % anrechnungsfrei.
- von dem Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 1.000 Euro übersteigt, aber nicht mehr als 1.200 Euro beträgt, bleiben nur 10 % anrechnungsfrei. Für Alleinerziehende gilt der anrechnungsfreie Betrag von 10 % für ein monatliches Erwerbseinkommen zwischen mehr als 1.000 und 1.500 Euro.
- Beträge ab 1.201 Euro werden komplett auf das Bürgergeld angerechnet.
Ab 1.7.2023 gelten außerdem weitere Freibeträge: Schülerinnen und Schüler sowie Studierende können bis zu 520 Euro anrechnungsfrei hinzuverdienen. Entgelte aus Schülerjobs, die in den Ferien stattfinden, bleiben komplett unberücksichtigt. Ehrenamtlich tätige Personen können jährlich bis zu 3.000 Euro der Aufwandsentschädigung behalten. Mutterschaftsgeld braucht ebenfalls gar nicht mehr als anrechenbares Einkommen berücksichtigt zu werden.
Sanktionen beim Bürgergeld
Der Bezug von Bürgergeld bringt für die Leistungsberechtigten Pflichten mit sich, wie etwa zur Aufnahme einer Arbeit und zur Mitwirkung. Kommen die Leistungsbezieher ihrer Mitwirkungspflicht nicht nach, kann die Behörde einen Bußgeldbescheid erlassen und gegebenenfalls Schadenersatzansprüche geltend machen. Wenn ein Bezieher von Bürgergeld beispielsweise seine Termine nicht einhält oder eine zumutbare Stelle nicht antritt, ist eine weitere mögliche Sanktion die Kürzung der Geldleistungen. Diese kann nach einem dreistufigen System erfolgen:
- Bei der ersten Pflichtverletzung mindert sich das Bürgergeld für einen Monat um 10 %,
- bei der zweiten Pflichtverletzung wird das Bürgergeld für zwei Monate um 20 % gekürzt
- bei der dritten Pflichtverletzung erstreckt sich die Kürzung auf drei Monate um je 30 %.
Eine Leistungsminderung darf allerdings nicht verhängt werden, wenn sie im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führt. Außerdem sind Kürzungen bei den Kosten der Unterkunft nicht mehr zulässig.
Bürgergeld und Sozialversicherung
Während des Bezugs von Bürgergeld werden keine Beiträge an die Rentenversicherung gezahlt. Die Bezugszeit ist aber grundsätzlich als Anrechnungszeit in der Rentenversicherung berücksichtigungsfähig. In der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind erwerbsfähige Bürgergeldberechtigte versicherungspflichtig. Die Beiträge werden von den Jobcentern direkt gezahlt. Personen, die vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert waren, bleiben das allerdings auch während des Bürgergeldbezugs. Das Jobcenter zahlt auf Antrag einen Beitragszuschuss. Nichterwerbsfähige Bürgergeldberechtigte (wie z. B. Kinder) sind normalerweise über eine Familienversicherung, eine freiwillige Mitgliedschaft oder durch eine Versicherung bei einer privaten Kasse abgesichert.