Methoden
Handlungshilfen zur Analyse psychischer Belastungen bieten die im AK beteiligten externen Berater, aber auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
Eine schriftliche Mitarbeiterbefragung zu Ressourcen und Belastungen der Arbeitsbedingungen ist sicherlich sehr hilfreich, aber im Hinblick auf den Aufwand oder auch die Konkurrenz zur allgemeinen, eventuell jährlichen Standardbefragung aller Beschäftigten nicht zu empfehlen.
Was sind die Alternativen? Es werden Arbeitsplatzanalysen vergleichbarer Arbeitsplätze durchgeführt mit einem Erfassungsbogen, den die Beschäftigten selbst ausfüllen oder alternativ Diplomanden bzw. Praktikanten eines Lehrstuhls der Fakultät Arbeits-/Organisationspsychologie einer Universität, die mit in das Projekt ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung (GGB) eingebunden ist. Das kann durch entsprechende Interviews geschehen. Diese externen Experten können die Arbeitsplatzanalysen aber auch ohne direkte Befragung der Beschäftigten durch Beobachtung an einem Tag durchführen. Denkbar sind ferner Gesundheitszirkel mit den Beschäftigten, die von externen Partnern (Krankenkasse, Lehrstuhl Arbeits-/Organisationspsychologie oder andere Partner) als Workshop durchgeführt werden. Betriebsbegehungen sind ebenfalls möglich, allerdings ist hier zu fragen, ob dies ausreicht. Hier könnte ein Betriebsrat im Rahmen seiner Mitbestimmung Zweifel anbringen und dann müssen sich die Beteiligten auf einen andern Durchführungsweg einigen.
Was wird erfasst?
Sinnvoll ist die Erfassung der folgenden Kriterien:
- Arbeitsbedingungen: Organisation, Arbeitszeitregelungen, Klarheit/Unsicherheit, Unterbrechungen, Anforderungen, Einrichtungen;
- Ressourcen und soziales Miteinander: Entscheidungsspielraum, Qualifikation, Kooperation, Kollegialität, Führungsverhalten;
- Befinden: körperliche Beschwerden, Work-Life-Balance;
- Älter werden im Betrieb: Definition älterer Beschäftigter im Betrieb, Entwicklungsmöglichkeiten, Analyse altersgemischter Teams, Beschwerden.
Es ist wichtig, sowohl nach den Belastungen als auch nach den Ressourcen zu fragen, um ein ausgewogenes Bild von den Beschäftigten zu erhalten.
Beispiele für Maßnahmen aus der GGB
In einem Forschungs-und Entwicklungsbereich eines Unternehmens sitzen ca. 10 Beschäftigte in einem Büro. In der GGB-Befragung ihres Bereichs kommt die Rückmeldung, dass sich alle Mitarbeiter andauernd durch Lärm gestört fühlen und kein ruhiges, konzentriertes Arbeiten mehr möglich sei. Im Workshop nach der Auswertung der GGB treffen sich die Beschäftigten zur Ableitung von Maßnahmen und entwickeln folgende Lösung: künftig wird täglich im Büro von 8.00h bis 10.00h morgens eine störungsfreie Zeit vereinbart. Das bedeutet, dass Besprechungen außerhalb der Büros abgehalten werden und sich Kollegen dadurch nicht mehr gestört fühlen. In dieser Zeit wird auch nicht mehr von Büro zu Büro telefoniert, lediglich Anrufe von externen Kunden werden noch angenommen. Diese auf den ersten Blick kleine Lösung führte zu einer deutlichen Entspannung und wurde vom Team im Nachhinein sehr positiv bewertet.
In einer Gruppe in der Verwaltung wurde der Bewegungsmangel durch das ständige Sitzen am PC kritisiert. Auf Wunsch der Beteiligten wurden 4-mal am Tag ca. 5-minütige Bewegungspausen eingeführt. Die Mitarbeiter sind abwechselnd dafür zuständig, dass die Pausen gemacht werden und die Übungen anzuleiten. Drucker und Kopierer wurden soweit wie möglich in andere Räume verlegt, damit man ab und zu zwanghaft in Bewegung kommt. Ebenso wurde das Telefonieren im Stehen als Regelprinzip eingeführt.
Erfolgskriterien
Für den weiteren Erfolg einer ganzheitlichen Gefährdungsbeurteilung auf dem Weg zu einem gesunden Unternehmen haben sich folgende Kriterien herausgestellt:
- die aktive Mitarbeiterbeteiligung muss im Alltag gelingen über Workshops, Abteilungsversammlungen, Teamgespräche;
- aus den einzelnen Organisationsbereichen heraus müssen in der Umsetzung der GGB Mitarbeiter gewählt oder von Führungskräften bestimmt werden, die sich als interne Gesundheitslotsen, Berater oder Kümmerer an der Schnittstelle zwischen Führungskraft und den übrigen Beschäftigten um den Fortgang der Aktivitäten kümmern;
- die Gefährdungsbeurteilung muss als Dialogprozess der Mitarbeiter untereinander wie auch im Dialog mit der Führungskraft gestaltet werden.