Der Fall: Angestellte stürzt auf nassem Boden und verletzt sich an der Lendenwirbelsäule
Eine Verwaltungsangestellte rutschte auf dem Weg zu dem im Sozialraum des Finanzamtes aufgestellten Getränkeautomaten auf nassem Boden aus und erlitt einen Lendenwirbelbruch. Die 57-jährige Frau beantragte, dies als Arbeitsunfall anzuerkennen. Der Weg zum Getränkeautomaten sei während ihrer Arbeitszeit unfallversichert.
Die Unfallkasse Hessen lehnte den Antrag ab. Der Versicherungsschutz ende regelmäßig mit dem Durchschreiten der Kantinentür. Dagegen erhob die Frau Klage zum Sozialgericht.
LSG Hessen: Der Versicherungsschutz endet nicht an der Tür des Sozialraums
Das Hessische Landessozialgericht (Urteil vom 7.2.2023, Az. L 3 U 202/21) gab der verunglückten Frau Recht. Der Sturz sei als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Das Zurücklegen des Weges, um sich einen Kaffee an einem im Betriebsgebäude aufgestellten Automaten zu holen, habe im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit der Angestellten gestanden. Sei ein Beschäftigter auf dem Weg, um sich Nahrungsmittel zum alsbaldigen Verzehr zu besorgen, sei er grundsätzlich gesetzlich unfallversichert. Beim Kauf von Lebensmitteln für den häuslichen Bereich seien die insoweit zurückgelegten Wege hingegen nicht versichert. Ebenso sei die Nahrungsaufnahme selbst dem privaten Lebensbereich zuzurechnen und daher grundsätzlich nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert.
Der Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zum Getränkeautomat ende - so das LSG - auch nicht an der Tür des Sozialraums, der sich innerhalb des Betriebsgebäudes befinde. Dieser Raum gehöre eindeutig in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Darüber hinaus sei der Sozialraum zum Zeitpunkt des Unfalls auch nicht als Kantine bzw. zur Nahrungsaufnahme genutzt worden.
Die Revision ist zugelassen.
Wichtig für die Praxis
Immer wieder müssen solche Fälle entschieden werden. Obwohl es eine eindeutige Rechtsprechung des BSG gibt (so zuletzt das Urteil vom 5.7.2016, Az. B 2 U 5/15 R), die klarstellt, dass solche Wege unfallversichert sind, stellen sich manche Unfallversicherungsträger bis heute in dieser Frage quer. Wie sinnvoll es ist, in längst entschiedenen Fragen Versicherte immer wieder auf den Weg durch die Instanzen zu zwingen, sei dahingestellt, gerade weil für solche überflüssigen Prozesse ja auch Versichertengelder verschwendet werden.