Arbeitsschutz nach der Cannabis-Legalisierung
Antworten auf diese Fragen gibt Cornelia von Quistorp von der IAS Gruppe im Gespräch mit der Haufe-Arbeitsschutzredaktion.
Cannabis-Legalisierung bringt bisher keine neuen Probleme
Nach der Legalisierung von Cannabis im Frühjahr bestanden große Befürchtungen, dass „bekiffte“ Mitarbeiter auch zum Arbeitsschutzproblem werden könnten. Hat sich das Ihrer Erfahrung nach bestätigt?
Nein, definitiv nicht. Es waren bisher schon sehr seltene Fälle, in denen Führungskräfte durch das Verhalten von Beschäftigten den Eindruck haben mussten, dass diese bei der Arbeit unter Einfluss von Cannabis stehen. Das ist bisher auch so geblieben. Dazu trägt bei, dass für die übergroße Mehrheit der unauffälligen Cannabis-Konsumenten klar ist, dass der Joint gelegentlich mal bei bestimmten Freizeitbeschäftigungen ein Thema sein kann – und keinesfalls im Arbeitsalltag.
Es gibt aber eben auch wenige kritische Konsumenten, wie bei anderen psychoaktiven Substanzen auch, vor allem beim Alkohol, die einen riskantes Konsummuster haben und damit im Unternehmen auffällig werden.
Konsum im Betrieb regeln
Müssen oder sollten Betriebe sich schon Gedanken über diesen Fall machen, bevor er zum ersten Mal eingetreten ist, zum Beispiel im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung oder von Arbeitsanweisungen?
Ja, das denke ich schon. Je nachdem, um welche Branche es geht, ist es mehr oder weniger wahrscheinlich, dass zum Beispiel ein Beschäftigter in seiner Pause auf dem Firmengelände Cannabis raucht – wahrscheinlich ohne deshalb gleich arbeitsunfähig zu sein. Wer keine entsprechende betriebliche Vorgabe zum Konsum psychoaktiver Substanzen auf dem Firmengelände bzw. während der Arbeitszeit getroffen hat, hat in einem solchen Fall erstmal keine Handhabe.
Ich weiß, dass einige Unternehmen nach der Teillegalisierung von Cannabis ihre Vorgaben dazu in eine Gefährdungsbeurteilung gefasst haben. Für mich persönlich passt das nicht gut in die Logik einer Gefährdungsbeurteilung, die sich vorrangig mit Tätigkeiten beschäftigt, die dem Unternehmenszweck dienen. Das wird der private Konsum psychoaktiver Substanzen nie sein. Es hat solche Gefährdungsbeurteilungen auch bisher kaum zum Konsum von Alkohol oder Medikamenten gegeben. Ich halte es für stimmiger, den Konsum aller psychoaktiver Substanzen in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder einer Anweisung zu regeln.
Drogentests im Betrieb nicht möglich
Welche Möglichkeiten hat ein Betrieb, wenn der Gabelstaplerfahrer nach dem Wochenende am Montagmorgen zur Arbeit kommt und Anzeichen dafür zeigt, dass er unter Drogeneinfluss stehen könnte? Gibt es entsprechende Tests und kann der Arbeitgeber den Beschäftigten zur Teilnahme verpflichten?
Hier geht es primär tatsächlich „nur“ um den Augenschein, auch wenn sich das für viele betriebliche Praktiker zunächst schwierig anhört. Wer augenscheinlich nicht in der Lage ist, sicher zu arbeiten (ganz egal ob möglicherweise ein Substanzkonsum dahinter steht oder vielleicht auch eine akute Erkrankung), muss von der Arbeit ferngehalten werden. Es macht Sinn, dass die zuständige Führungskraft mindestens eine weitere Person mit in eine solche Entscheidung einbezieht, um die eigene Einschätzung abzusichern. Ein Drogentest ist aber an der Stelle pauschal nicht möglich.
Arbeitsunfähige Mitarbeiter sicher nach Hause bringen
Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass Beschäftigte aufgrund von Drogenkonsum nicht arbeitsfähig sind, welche Möglichkeiten hat das Unternehmen?
In dem Fall muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass der Beschäftigte, der in seinem solchen Fall vermutlich auch nicht mehr selbständig am Straßenverkehr teilnehmen kann, sicher nach Hause kommt. Die Kosten dafür trägt der Beschäftigte und ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht natürlich nicht.
Allerdings ist in der Praxis ein eindeutiger Nachweis, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einen durch den Beschäftigten zu vertretenden Substanzkonsum zurückzuführen ist, häufig nicht möglich. Dann läuft eine derartige Situation auf eine Arbeitsunfähigkeit aus Gesundheitsgründen hinaus.
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Arbeitsrechtliche Maßnahmen
Falls Beschäftigte häufiger unter Drogeneinfluss zur Arbeit kommen: Welche Maßnahmen kann das Unternehmen ergreifen? Ist auch eine Kündigung möglich?
Grundsätzlich ja. Dafür sind aber bestimmte Gegebenheiten und Abläufe erforderlich, die unter anderem eine präzise Dokumentation erfordern. Dazu berät z. B. ein Fachanwalt. In den meisten Fällen dauern solche Prozesse sehr lange und sind von einem Auf und Ab im Bemühen gekennzeichnet, eine konstruktive Lösung für ein solches Problem anzubahnen, das Unternehmen wie Beschäftigte in erheblichem Umfang beeinträchtigt.
Umso wichtiger ist es, dass Alarmzeichen frühzeitig erkannt werden und das Unternehmen zielorientiert handelt, zum Beispiel nach einem vereinbarten Stufenplan zur Intervention in Fällen von substanzbezogenen Auffälligkeiten am Arbeitsplatz.
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