Präventionssprechstunde für Unfallfolgen

Präventionssprechstunden zur Auslotung von individualpräventiven Maßnahmen für die Aufrechterhaltung der Beschäftigungsfähigkeit werden im betrieblichen Gesundheitsschutz immer wichtiger. Während sich dieses Instrument bei Berufskrankheiten schon längst etabliert hat, ist im Bereich der Folgen von Arbeitsunfällen noch viel Aufbauarbeit zu leisten. Eine Projektgruppe der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) entwickelt daher ein Konzept zur flächendeckenden Umsetzung einheitlicher Individualpräventionsmaßnahmen, das den Schwerpunkt auf die Prävention der Folgeschäden von Arbeitsunfällen legt.

Nach Arbeitsunfällen ist es trotz optimaler Versorgung in der Akutbehandlung und Rehabilitation nicht immer möglich, alle Unfallfolgen vollständig auszuheilen. In einer Präventionssprechstunde wenden sich der Betriebsarzt oder andere Ärzte an betroffene Beschäftigte mit verbliebenen chirurgischen und orthopädischen Unfallfolgen. Dabei sollen individuelle Bewegungs- und Rehabilitationsangebote konzipiert und umgesetzt werden. Damit will man eine Verschlimmerung der Unfallfolgen vermeiden und die erfolgreiche Teilnahme an Beruf und Alltag dauerhaft sicherstellen. Allerdings steht die Individualprävention im Unfallbereich noch am Anfang der Entwicklung, bundesweit einheitliche Standards und Angebote für individualpräventive Maßnahmen fehlen bislang.

DGUV-Konzept

Wie Caroline Fänger und Jörg Wachsmann von der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) in der Juni-Ausgabe des DGUV forums berichten, wurde 2021 von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) erstmals eine Definition für die Individualprävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren infolge eines Arbeitsunfalls festgelegt. Eine Projektgruppe innerhalb der DGUV erarbeitet seitdem auf Basis dieser Definition ein Konzept für einheitliche und flächendeckende Angebote der Individualprävention mit Fokus auf orthopädischen und chirurgischen Unfallfolgen.

Identifikation und Indikationskatalog

Ziel des Konzepts ist es, Risikofälle, bei denen eine vollständige Genesung nach dem Arbeitsunfall nicht oder nur teilweise stattgefunden hat, rechtzeitig zu erkennen, um diesen Arbeitnehmern schnellstmöglich passende Präventionsangebote machen zu können. Mit Hilfe dieser Angebote sollen die Betroffenen möglichst schnell eine vollständige Beschwerdefreiheit und Arbeitsfähigkeit wiedererlangen. Die DGUV-Projektgruppe hat in diesem Rahmen bereits einen Indikationskatalog zusammengestellt, der den Unfallversicherungsträgern eine Übersicht über die unterschiedlichsten Verletzungsmuster bietet, bei denen Versicherte in besonderem Maße mit Spätfolgen ihres Arbeitsunfalls (zum Beispiel Arthrose) und Verschlimmerungen ihres Gesundheitszustands rechnen müssen. Diese Handreichung soll den Versicherungen somit eine schnelle Identifikation besonders risikobehafteter Beschäftigter erleichtern, so dass umgehend entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden können.

Ganzheitlicher Ansatz

Die wichtigste Maßnahme ist dabei der schnellstmögliche Besuch des Beschäftigten in der Präventionssprechstunde. Hier wird das Risiko der Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands beurteilt und bei Bedarf individualpräventive Maßnahmen empfohlen. Die Sprechstunde hat dabei einen ganzheitlichen Anspruch. So werden neben der klinischen Untersuchung und symptombezogenen Anamnese vor allem auch die beruflichen Belastungsfaktoren sowie die gesamte private Lebens- und Alltagsgestaltung betrachtet. Abschließend wird abgeklärt, ob eine Fortsetzung der aktuellen beruflichen Tätigkeit noch möglich ist ­­– und wenn ja, wie die Arbeitsbedingungen so gestaltet werden müssen, dass der Beschäftigte möglichst beschwerdefrei arbeiten und leben kann. Darüber hinaus ist es ein Ziel, die Gesundheitskompetenz der Betroffenen zu verbessern.

Schlagworte zum Thema:  Arbeitsunfall, Berufsgenossenschaft