BaFin: Prüfungsschwerpunkt Reverse Factoring Transaktionen

Durch das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) ist die BaFin im neuen Enforcement-System in Deutschland ab dem 1.1.2022 allein zuständig. Ihr Prüfungsschwerpunkt fokussiert sich auf Reverse Factoring Transaktionen.

Am 29.11.2021 veröffentlichte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihren Prüfungsschwerpunkt für das nachfolgende Kalenderjahr 2022 betreffend Abschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen aus dem Kalenderjahr 2021.

Änderung des Enforcement-Verfahrens durch das FISG

Seit dem 1.7.2005 unterliegt die Rechnungslegung (u.a. Jahres- und Konzernabschlüsse nebst Lageberichten) von kapitalmarktorientierten Unternehmen dem sog. Enforcement. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) wird das Enforcement-System in Deutschland umgestaltet. Bisher wurde dieses Verfahren zweistufig durch die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) durchgeführt. Im neuen einstufigen System ist ab dem 1.1.2022 allein die BaFin zuständig, die auch bis zum 31.12.2021 nicht abgeschlossene (DPR-)Prüfungen fortführt.

Reverse Factoring als Prüfungsschwerpunkt

Die BaFin wird schwerpunktmäßig Lieferkettenfinanzierungen (Reverse Factoring) überprüfen. Reverse Factoring Transaktionen sind Finanzierungsformen zur Verbesserung der Liquiditätslage. Es handelt sich hierbei um Finanzierungsrahmenverträge, in dem sich ein Finanzierer (Factor) verpflichtet für Industrie- und Dienstleistungsunternehmen Verbindlichkeiten ggü. einem Lieferanten vorzufinanzieren. Das bilanzierende Unternehmen tritt jedoch keine Forderungen ab, sondern initiiert die Abtretung der Forderung seines Lieferanten (bzw. seiner eigenen Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistung) an den Factor ab.

Die BaFin wird ihr Augenmerk auf die Darstellung solcher Transaktionen in den Bilanzen und den Kapitalflussrechnungen der Unternehmen richten. Ebenso werden die zugehörigen Erläuterungen im Anhang und Lagebericht zum Gegenstand des Enforcement

Solche Transaktionsformen sind derzeit auf mehreren Ebenen in Diskussion.

  • Das IFRS IC hat erst im Dezember 2020 konkretisierende Vorgaben veröffentlicht, auf die die BaFin verweist.
  • Das IDW hat jüngst die Veröffentlichung eines neuen Modul IAS 1-M1 zu IDW RS HFA 50 bekanntgeben, welches sich mit Zweifelsfragen bei der bilanziellen Abbildung von Reverse-Factoring-Transaktionen widmet.
  • Auch das IASB hat Ende November Änderungsvorschläge mit einem neuen Exposure Draft ( ED/2021/10) angebracht, die u.a. ergänzende Angabevorschriften nach IAS 7 und IFRS 7 in Bezug auf Reverse Factoring beinhalten.

Weitere Hinweise der BaFin

Zusätzlich plant die BaFin - als unmittelbare Konsequenz aus dem Fall Wirecard - in begründeten Einzelfällen auch zu prüfen, ob angegebene Zahlungsmittel und Vermögenswerte tatsächlich vorhanden sind. Weiterhin wird verstärkt auf nachvollziehbare und nachprüfbare Buchführungsunterlagen geachtet werden. Es wird also auf eine sachgerechte Dokumentation der erforderlichen Ermessensentscheidungen geachtet.

Ergänzung der europäischen Prüfungsschwerpunkte der ESMA

Die europäischen Prüfungsschwerpunkte der ESMA sind für die Unternehmen von gleicher Relevanz wie die national spezifischen Prüfungsschwerpunkte. Für weitere Informationen verweisen wir auf folgenden Beitrag: ESMA: Europäische Prüfungsschwerpunkte veröffentlicht.

Praxistipp

Der Prüfungsschwerpunkt der BaFin betrifft einen ermessensbehafteten und derzeit auf vielen Ebenen diskutierten Bilanzierungsbereich. Die seitens der BaFin eingerichtete Gruppe Bilanzkontrolle wird eine präventive Rolle einnehmen. Es ist zu erwarten, dass die Änderungen Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen werden.


Hier finden Sie die Pressemitteilung der BaFin:

Bilanzkontrolle ab 2022 : Prüfungsschwerpunkt Reverse Factoring


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