Wohnungsbaukrise: Kanzler Scholz setzt sich in die Nesseln
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Die Bundesregierung hat sich zu Beginn der Legislaturperiode das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr gesetzt. Davon sind die Ampel-Koalitionäre weit entfernt. Als Grund für das Verfehlen nannte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem Bürgerdialog im brandenburgischen Stahnsdorf unter anderem ein psychologisches Problem durch einen Zinsanstieg in den vergangenen Jahren sowie eine "unglaubliche Fehlkalkulation" durch den Bau zu vieler teurer Wohnungen. Davon berichtet der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW.
GdW: Die Wohnungsbaukrise ist ein Kostenproblem
Die Aussagen des Kanzlers zum eigenen Verfehlen des Neubauziels könne man nur als erstaunlich bezeichnen, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko. Bezahlbare Mieten seien durch das hohe Zinsniveau und die stark gestiegenen Baukosten im Neubau nicht mehr darstellbar. "Das ist kein psychologisches Problem, sondern eine Tatsache, die von der Regierung zur Kenntnis genommen werden sollte. Und im Übrigen sollten Aussagen zu psychologischen Problemen Fachleuten überlassen werden."
Der Verband weist laut Gedaschko seit Jahren darauf hin, dass die Kosten und Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau komplett aus dem Ruder gelaufen sind: "Statt rechtzeitig wirksame Maßnahmen zu ergreifen, passierte von Seiten der Regierung wenig bis nichts." Auch beim neuen Förderprogramm für den Bau bezahlbarer Wohnungen sei nicht absehbar, wann es in Kraft trete – und es werde nicht ausreichend sein, um die Nachfrage zu bedienen.
"Es handelt sich bei der Wohnungsbaukrise nicht um ein psychologisches, sondern um ein Kostenproblem", so der GdW-Chef. Wenn die Regierung davor weiterhin die Augen verschließe und die Situation völlig verkenne, führe das zu sozialer Spaltung und sei mit Blick auf anstehende Wahlen eine große Gefahr für das Vertrauen in unsere Demokratie.
Ende Mai 2023 hatte Scholz noch bekräftigt: "Auch wenn die Zeiten gerade sehr stürmisch sind, was dieses Ziel betrifft, wir lassen davon nicht ab, auch nicht angesichts der gestiegenen Zinsen."
Prognose: Der Wohnungsbau schrumpft bis 2025 stark
Im Jahr 2022 sind laut Ifo-Institut 295.300 Wohnungen fertiggestellt worden, 2023 fiel die Zahl auf 275.000 und 2024 werden es voraussichtlich nur 235.000 neue Wohnungen sein. Für das Jahr 2025 prognostizieren die Wirtschaftsforscher nur noch etwa 200.000 neue Wohnungen – also halb so viel, wie von der Bundesregierung jährlich angepeilt. Die Projekte hätten sich durch die deutlich gestiegen Baukosten und die stark erhöhten Zinsen enorm verteuert, sagte Ifo-Experte Ludwig Dorffmeister: "Gleichzeitig gab es eine kräftige Reduzierung bei der staatlichen Förderung."
Das zusammen mit anderen, schon länger bestehenden Problemen wie hohen Grundstückspreisen, übermäßiger Bürokratie und kommunalen Auflagen habe das Fass zum Überlaufen gebracht, so dass die Wohnungsbautätigkeit in den kommenden Jahren noch weiter schrumpfen werde. Seit vielen Monaten stoße die große Mehrheit der Bauträger keine neuen Vorhaben mehr an. "Die aktuell verbuchten Aufträge gehen auf Projekte zurück, die schon zu weit fortgeschritten sind, um sie abzubrechen", so Dorffmeister.
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) befürchtet sogar, dass im Jahr 2025 bereits mehr als 700.000 Wohnungen fehlen werden.
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