Krisen-Schnäppchen: Preise und Mieten für Frankfurter Büros im Sinkflug?
Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln hat bereits vor einigen Wochen die Sorge geäußert, dass der gewerbliche Immobilienmarkt in Deutschland durch die Coronakrise stärker betroffen sein könnte als der Wohnsektor. In einer neuen Hochrechnung – basierend auf früheren Erfahrungen – gehen die Ökonomen davon aus, dass die Preise und Mieten für Büros in Toplagen in diesem Jahr europaweit sinken werden – mehr oder weniger.
Wo Büros jetzt günstiger werden: Frankfurt und Berlin könnten die großen Verlierer sein
Für Deutschlands Top-Bürostandort Frankfurt am Main zum Beispiel prognostiziert das Institut ein Rückgang der Büromieten um 16 Prozent. Wo die Arbeit im Homeoffice verlängert wird, könnten die Preise dauerhaft niedrig bleiben. Daten seit Beginn der 1990er-Jahre zeigten, dass die Märkte für gewerbliche Immobilien stark auf konjunkturelle Entwicklungen reagieren – weil die Mieten und Preise oft zwischen großen Vermietern und Unternehmen ausgehandelt würden, erklärt IW-Immobilienexperte Prof. Dr. Michael Voigtländer. Bezüglich der Kaufpreise erwarten die Kölner Ökonomen Preiseinbrüche um bis zu 33 Prozent alleine in Frankfurt.
"Wir rechnen mit einem gravierenden Abschwung auf dem Büromarkt." Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter Finanzmärkte und Immobilienmärkte, IW Köln
Im Vergleich der deutschen Metropolen sieht Voigtländer Berlin besonders betroffen: Die Büromieten werden im Jahr 2020 voraussichtlich um ein Fünftel, die Kaufpreise um 35 Prozent sinken. Für Düsseldorf und München erwartet das IW Mietrückgänge um 17 Prozent beziehungsweise 15 Prozent – die Kaufpreise dürften um 30 Prozent in der Rheinmetrople und um 22 Prozent an der Isar fallen.
Stuttgart könnte mit einem Minus von 9,5 Prozent bei den Büromieten – das wäre in Deutschland der niedrigste Rückgang – noch glimpflich davonkommen. Bei den Kaufpreisen sieht es weniger gut aus: Sie werden in der baden-württembergischen Landeshauptstadt laut IW-Berechnungen um 28 Prozent fallen. Ähnlich sieht es in Hamburg aus mit einem Rückgang von zwölf Prozent bei den Mieten und 22 Prozent bei den Kaufpreisen.
"Investoren sind zunehmend gefragt, Büros so zu entwerfen, dass sie der neuen Arbeitswelt gerecht werden." Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter Finanzmärkte und Immobilienmärkte, IW Köln
Eine Architektur, die Kreativität und Austausch fördere, sei das Konzept der Zukunft. Büros könnten auch von den Innenstädten in die Vororte verlegt werden, wo Flächen noch günstiger sind. Auch in den Großstädten außerhalb Deutschlands ist laut IW von erheblichen Preisrückgängen auszugehen. Die Büromieten in Paris, Wien, Lissabon und Mailand werden um jeweils zirka ein Fünftel sinken. London wurde in der Studie nicht berücksichtigt, weil der Brexit die Prognose erschwert.
Corona-Zäsur am Immobilienmarkt: Assetklassen von Wohnen bis Kita – die Gewinner der Krise
Dass sich die Bewertungsmaßstäbe für Büromieter ändern werden – von mehr Desk Sharing bis Homeoffice – wird auch nach Einschätzung der Sachverständigen im Deutsche Anlage-Immobilien Verbund (Dave), einem Zusammenschlusses aus zwölf Immobilienberatungsunternehmen, mindestens zu Flächenoptimierungen und in Teilen zu einer leicht abnehmenden Nachfrage sowie stagnierenden Preisen führen.
Die eine oder andere Assetklasse wird wiederum – mittel- oder langfristig – gerade wegen der Krise boomen, meinen die Immobilienberater im Dave-Verbund. Nicht nur Wohnen wird ihrer Ansicht nach gut wegkommen. Zwar erwarten die Experten bei gewerblichen Wohnimmobilien ein leicht steigendes Mietausfallrisiko, da Wohnraum aber in den Städten knapp ist, dürfte die Fluktuation kaum zunehmen. Dave geht nicht davon aus, dass sich durch die Krise an der Nachfrage etwas ändern wird. Anleger können Mietstundungen mit Kreditstundungen kompensieren. Wohnimmobilieninvestments bleiben stabil und die Liquidität hoch.
Auch für "Uprising Stars" wie Kindertagesstätten (Kitas) sind die wirtschaftlichen Folgen der Krise für Betreiber und Immobilieneigentümer laut Dave gering. Langlaufende Betreiberverträge – oft durch Bürgschaften oder Patronatserklärungen der Kommunen abgesichert und zum Teil durch Mietzuschüsse unterstützt – sind attraktiv. Wurden Kitas noch vor wenigen Jahren allenfalls zu Faktoren vom 14- bis 17-fachen gehandelt, war zuletzt das 21- bis 24-fache normal. Der Trend wird weiter an Dynamik gewinnen, die Preise wahrscheinlich weiter steigen.
Zu den Immobilienarten, die nicht von der aktuellen Konjunkturlage abhängig sind, gehören laut Dave auch Sozialimmobilien mit städtischen Nutzern. Treiber ist der demografische Wandel, weshalb diese Assetklasse auch langfristig hohes Potenzial hat. Sie geht stark aus der Krise hervor, die Renditen könnten wegen der starken Nachfrage noch weiter sinken.
Robust kommt aus der Krise, wo die Konzepte stimmen: High Street und Logistik
Das Einzelhandelssegment war laut Dave schon vor der Coronakrise unter Druck: Die Mieten werden weiter fallen. High-Street-Immobilien dürften jedoch langfristig attraktiv bleiben, wenn Kommunen und Städte in die City-Infrastruktur investieren, schreibt Dave: "In erlebbare öffentliche Räume mit Attraktionen für junge und ältere Gruppen" etwa. Shop-Konzepte werden durch die Coronakrise zeitlich flexibler angemietet – auch mit Plattform-Handelskonzepten sowie durch Hersteller direkt, da die Händler eigene Handelsaktivitäten der Produzenten nicht mehr kalkulatorisch abbilden können. Nahversorger sind bereits Gewinner der Krise. Sie sind laut Dave auch gegenüber dem Onlinehandel robust und haben ihr Geschäftsmodell der Lieferservices flexibel ausgebaut und am Markt etabliert.
Weil auch das Warenumschlagsvolumen laut Dave in der Krise gestiegen ist, wird die Assetklasse Logistik jetzt deutlicher wahrgenommen. Egal ob light oder urbane Logistik – in Teilsegmenten wird dieser Bereich stark wachsen, besonders wegen Health Care und der Lebensmittelversorgung.
Die Tourismusbranche ist durch die Lockdown-Maßnahmen besonders gebeutelt und der Hotelimmobilienmarkt wird Dave zufolge am längsten benötigen, um sich von der Krise zu erholen. Auch nach Wiedereröffnungen werden die Übernachtungszahlen längere Zeit niedriger ausfallen als vor der Krise. Nicht alle Betreiber werden überleben. Derzeit gibt es deshalb nichts Positiveres zu berichten, als dass die zuletzt sehr niedrigen Renditen wieder anziehen werden.
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