Immobilien: Spielraum für Preissteigerungen wieder ab 2021
Das Beratungsunternehmen Bulwiengesa geht in seiner Konjunkturprognose für 2020 von einem Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um 5,8 Prozent aus. Trotzdem werden die Wohn- und Büroimmobilienmärkte in den größeren deutschen Städte weitgehend stabil bleiben. Das ist ein zentrales Ergebnis einer gemeinsamen Präsentation von Bulwiengesa, Instone Real Estate und Warburg-HIH Invest Real Estate.
Trotz Corona: Büroleerstand erhöht sich nur leicht
Die deutschen Büromärkte sind laut Bulwiengesa geprägt durch eine hohe Flächennachfrage und ein geringes Angebot. Zwischen 2005 bis 2020 sind laut Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter bei Bulwiengesa, in Deutschland rund zwei Millionen neue Bürobeschäftigte hinzugekommen. Die brauchen rund 50 Millionen Quadratmeter an Bürofläche. "Gebaut wurden aber in derselben Zeit nur drei Millionen Quadratmeter. Das ist ein Garant für den Büroimmobilienmarkt", erklärt Schulten.
Daher werden laut Bulwiengesa die Bürospitzenmieten kaum von der Coronakrise betroffen seien – allerdings seien trotz der hohen Nachfrage keine Preissprünge wie in den vergangenen Jahren zu erwarten. Auch der Büroleerstand werde sich in den kommenden Monaten nur leicht erhöhen.
"Die Rezession, so wie sie sich momentan darstellt, ist aus unserer Sicht nicht wirklich gefährlich für den Büroimmobilienmarkt." Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter Bulwiengesa
Die Coronakrise treffe auf einen robusten Büroimmobilienmarkt mit historisch niedrigen Leerstandsraten und einer geringen Produktpipeline, sagt auch Hans-Joachim Lehmann. Die Herausforderung sei die Plötzlichkeit der Krise, aber nicht die langfristigen Folgen. Im Bereich Büro beobachtet er eine Verschiebung der Flächennutzung, die sich durch Corona beschleunigen könnte. "Es werden sehr am Leben orientierte Flächen in Büros gebaut", so Lehmann.
Viele Büromitarbeiter seien mittlerweile mobil arbeitsfähig, das führe zu einer Lockerung der Bindung zum Arbeitsplatz. Durch den Schub der Digitalisierung im Arbeitsbereich werden sich die Flächen innerhalb des Büros ändern. "Aber sie sinken nicht", so der Büroexperte.
Wohnimmobilien: Trotz leichter Korrekturen krisenfest
Im Bereich Wohnen dürfte es den Experten zufolge in den kommenden Monaten zu leichten Preis- und Mietanpassungen kommen – mit Spielraum für Preissteigerungen ist wegen der anziehenden Nachfrage ab 2021 zu rechnen. Die Entwicklung des Marktes bleibt robust. "Bei den Kaufpreisen für neue Eigentumswohnungen gehen wir von einer leichten Preisanpassung bis 2021 aus", kommentiert Schulten von Bulwiengesa. Preissenkungen kann Kruno Crepulja, CEO von Instone Real Estate, jedenfalls nicht erkennen. Gespürt habe er die Coronakrise anfangs nur im Vertrieb. "Allerdings hat sich der Markt schnell wieder erholt", sagt Crepulja.
"Ein anderer Punkt ist die Verkaufsgeschwindigkeit bei Eigentumswohnungen. Die hat sich anfänglich verlangsamt, ist aber bei vielen Projekten bereits heute wieder auf Vor-Corona-Niveau." Kruno Crepulja, CEO von Instone Real Estate
Mit steigenden Preisen rechnet auch Crepulja erst im Jahr 2021 wieder. Außerdem geht er davon aus, dass der Markt erst einmal weiter zurückhaltend reagieren wird, da die Auswirkungen der Krise unter anderem bisher nur schwer abzuschätzen sind. Eine erhöhte Nachfrage gibt es derzeit bei Instone Real Estate von Family Offices und Privatvermögenden, "die auch mal zehn bis zwölf Wohnungen am Stück kaufen", so der Experte für Wohnimmobilien: "Für werterhaltende Investments mit stabilen Cashflows nehmen sie auch niedrigere Renditen in Kauf". Auch institutionelle Investoren sind sehr aktiv.
Langfristimplikationen der Covid-19-Pandemie auf die Wohn- und Büroimmobilienmärkte
Grundsätzlich könnte angesichts des anhaltenden Nullzinsumfelds der Zyklus trotz schwächerer Konjunkturaussichten noch viele Jahre anhalten, meinte Savills vor der Coronakrise. Das Beratungsunternehmen prognostizierte, dass für 2020 mehr Geld für Immobilienanlagen in Deutschland zur Verfügung stehen wird als überhaupt investiert werden kann. Savills ist überzeugt, dass sich die Immobilienwelt nach der Coronakrise davon nur in Nuancen unterscheiden wird.
"Deshalb ist es für Immobilienmarktakteure besonders relevant, sich mit den Langfristimplikationen der COVID-19-Pandemie auseinanderzusetzen, um jene Nuancen aufzuspüren", schreibt Savills und hat gemeinsam mit der EBS Universität für Wirtschaft und Recht ein Hypothesenpapier entwickelt, das sich unter anderem mit der Zukunft der Assetklassen Wohnen und Büro beschäftigt.
Wohnimmobilien werden für Investoren noch attraktiver
Wohnimmobilien bieten in vielerlei Hinsicht Sicherheit, sagt Matti Schenk, Associate Research bei Savills: "Sie sichern existenzielle Grundbedürfnisse und stellen deshalb weitestgehend wertstabile Kapitalanlagen dar". Er geht davon aus, dass Wohnungsmieten auch im Zuge der Covid-19-Pandemie und der zu erwartenden Rezession vergleichsweise stabil bleiben werden. Zum einen ist in Krisenzeiten die Riskobegrenzung oberstes Gebot, zum anderen ist der Anlagedruck bei vielen Investoren nach wie vor groß. Gleichzeitig gibt es kaum Alternativen für risikoarme Kapitalanlagen.
"Das Wohnsegment kommt dieser Gemengelage entgegen und dürfte für Investoren noch interessanter werden." Matti Schenk, Associate Research bei Savills
Hinzu könnte kommen, dass eine Begleiterscheinung der Covid-19-Pandemie, das Homeoffice, den Status der Wohnung als existenzielles, nicht substituierbares Gut noch stärken und zu einem höheren Wohnflächenbedarf führen wird.
Flexible Workspaces wohnortnah: sie gewinnen an Bedeutung
Nils Neukranz von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, Co-Autor des Hypothesenpapiers, hat sich mit den Folgen der Coronakrise für den Büromarkt beschäftigt. Er geht davon aus, dass sich der Markt langfristig drastisch verändern wird. Viele Menschen wurden während der Krise an das räumlich flexible Arbeiten herangeführt.
"Der Wunsch, in Zukunft ebenfalls räumlich flexibler zu arbeiten, dürfte langfristig nicht nur den Trend zum Homeoffice, sondern auch zu Flexible Workspaces begünstigen." Nils Neukranz, EBS Universität für Wirtschaft und Recht
Hybrid-Modelle, die das Arbeiten sowohl im Büro als auch in Flexible Workspaces in Wohnnähe erlauben, könnten als Instrument für das Gewinnen und Halten von Mitarbeitern genutzt werden, so Neukranz. Das Angebot an Flexible Workspaces könnte einer solchen Nachfrage zügig folgen, da sie sich durch geringe Markteintrittsbarrieren auszeichnen. Seit Beginn der Pandemie haben das auch andere Marktakteure erkannt: So bieten etwa Hotels leere Zimmer als Arbeitsplatz an oder ungenutze Einzelhandels- und Gastronomieflächen werden als Flexible Workspace nachgenutzt.
Nebeneffekt: Die Peripherie wird gestärkt
Auch Co-Autor Lukas Götzelmann, EBS Universität für Wirtschaft und Recht, sieht das so: Nach der Pandemie werden viele Unternehmen an mobilen Arbeitskonzepten festhalten, meint der Experte. Das führt unter anderem dazu, dass Mitarbeiter eine größere Entscheidungsfreiheit bei der häuslichen Standortwahl haben. Die Krise hat zudem als Digitalisierungsbeschleuniger gewirkt.
"Die Relevanz einer eigenen Büro- und Arbeitsfläche und der Bedarf nach zusätzlichem Wohnraum wird steigen, sodass Randbezirke und periphere Stadtlagen aufgrund ihrer günstigeren Bodenpreise an Attraktivität gewinnen." Lukas Götzelmann, EBS Universität für Wirtschaft und Recht
In Folge könnten kleinere Städte eine Aufwertung erleben. Zudem nimmt die Sensibilität für Sicherheit und Freiraum zu. Eine dezentralere Stadtentwicklung wäre die Folge. Für den Immobilienmarkt könnte dies vor allem im Wohnsegment vielseitige und neue Chancen eröffnen.
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