"G5+" und "Hotelification" – das will der Immobiliennutzer
"Wir erwarten, dass bis zum Jahr 2030 Gebäude, Quartiere und damit die Städte selbst viel schneller und flexibler auf die sich ständig wandelnden Anforderungen derer reagieren, die sie bewohnen, beleben und nutzen. Immobilien werden für die Nutzer und deren Bedürfnisse intuitiver sein, wobei der Mensch wieder verstärkt in den Fokus rückt", erklärt Dr. Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland. Doch was bedeutet das für die Immobilienbranche?
CBRE hat in seinem "Global Outlook 2030: The Age of Responsive Real Estate" (Link siehe unten) zehn große Trends identifiziert, die den Wandel vom Arbeitsplatz über die veränderten Wünsche beim Einkaufen oder beim Wohnen bis hin zur Rolle der Automatisierung bei Immobilieninvestitionen weltweit erfassen.
Trend #1: Flexibel und agil – selbst das Auto könnte zum Arbeitsplatz werden
CBRE sagt das Ende der festen Anwesenheit am Arbeitsplatz voraus und geht davon aus, dass durch flexible und agile Arbeitsplätze nicht nur die Produktivität wachsen, sondern auch Kreativität freigesetzt wird. Zwar wird auch heute bereits von überall und jederzeit gearbeitet, doch bis 2030 könnte sogar das Auto zum Arbeitsplatz werden.
"Die Arbeiter sind heute in Coffeeshops, in Coworking Spaces, auf Sofas und an Picknicktischen im Hinterhof untergebracht", heißt es in der Studie – und für das nächste Jahrzehnt sagt CBRE noch eine Beschleunigung dieser radikalen Neugestaltung des Arbeitsplatzes voraus. Alleine der Umsatz mit Tablets weltweit ist laut CBRE zwischen 2010 und 2018 um rund 600 Prozent gestiegen. Dabei wird aber auch die Abhängigkeit von Technologie noch wachsen.
Trend #2: "5G+"-Arbeitsplätze – wenn der neue "Kollege" KI heißt
Die Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen, vor allem im Hinblick auf den rasanten technischen Fortschritt, meint CBRE, aber auch einer immer vielfältigeren Belegschaft müssen Arbeitgeber egrecht werden. Zum ersten Mal in der Geschichte werden vier Generationen gleichzeitig am Arbeitsplatz tätig sein. Bis 2030 wird die Generation Z (das sind die nach 1995 geborenen) ein Drittel der Belegschaft stellen. Während die Millennials und die Generation X noch in ihrer beruflichen Blütezeit sein werden, werden sie alle durch den "Kollegen" Künstliche Intelligenz (KI) ergänzt – ein Szenario, das CBRE "5G+" nennt.
"Der Arbeitsplatz 2030 wird um eine noch vielfältigere und mobilere Belegschaft konkurrieren", sagt Lenny Beaudoin, Executive Managing Director Project Management, CBRE.
Trend #3: "Chief Places Officer" – neue Führungspersönlichkeiten sind gefragt
Da die Flexibilität und Komplexität von Arbeitsplätzen zunehmen wird, werden Unternehmen neue Führungspositionen benötigen, um die Arbeitsplätze optimal und entsprechend den steigenden Anforderungen der Nutzer zu managen.
Chief Privacy Officer oder Chief Sustainability Officer sind die neuen Titel – sie zielen direkt auf die Herausforderungen der Unternehmenswelt 2030 ab. Verantwortlichkeiten werden vielfältiger und komplexer. Aus diesem Grund stellen viele Unternehmen auch einen Chief Growth Officer (die Erweiterung der CFO-Rolle) oder einen Chief People Officer (eine neue Variante des CHRO) ein.
Zwischen neuen Technologien, neuen Arbeitsplätzen, aufstrebenden Generationen und sich weiterentwickelnden Unternehmensprioritäten verändert sich das Geschäft schnell. Und das bedeutet, dass die Unternehmensführung mit der gleichen Geschwindigkeit reagieren, sich anpassen und weiterentwickeln muss. "Arbeitgeber, die Talente in den Mittelpunkt stellen, werden ihre Arbeitsplätze weiterentwickeln, um sich zu von anderen zu unterschieden", erklärt Karen Ellzey, CBRE-Geschäftsführerin von Global Workplace Solutions.
Trend #4: "Hotelification" – Wohnen, Arbeit, Spaß – alles in einem
Im weltweiten Wettbewerb um Talente werden Unternehmen laut CBRE Arbeitsplätze mit vielen Annehmlichkeiten schaffen müssen. Bis 2030 wird sich der Trend zur "Hotelification" unter den größeren Global Players verstärken. Zukünftig werden noch mehr Marken- und maßgeschneiderte Immobilien für eine zunehmend mobile Bevölkerung internationaler Wissensarbeiter angeboten, die Flächen suchen, die eine Vielzahl kurzfristiger Funktionen und Annehmlichkeiten anbieten, von Wohnen und Arbeiten bis hin zu Veranstaltungen oder gemeinsamen Essen.
"Hotelification" – das ist laut CBRE die Neuerfindung von Wohn-, Einzelhandels- und Büroflächen auf der Grundlage der Inspiration aus der Hotellerie, die das "Business-as-usual-Modell" der bisherigen Immobiliennutzung bis 2030 ablösen sollte. "Gäste kennen und vertrauen Hotelmarken", heißt es in der Studie – solche Marken werden auch für Büro- und Apartments eine Rolle spielen. Marken seien erfolgreich, weil jeder das bekomme, was er erwarte. Und diese Haltung nehme zu.
Trend #5: Strukturwandel im Einzelhandel – ein Modell namens "Phygital"
Der Onlinehandel wird laut CBRE weiter an Bedeutung gewinnen, das mache es für traditionelle Einzelhandelsgeschäfte wichtiger, für das Erleben von Produkten und Dienstleistungen zu sorgen. Das Einzelhandelsgeschäft, so die Prognose von CBRE, wird – wie im physischen und digitalen Bereich – in ein einziges Modell namens "Phygital" konvergieren. Das heißt: Online- und stationärer Handel müssen zusammengeführt werden, um die dynamisch wachsenden Anforderungen der Verbraucher an Komfort, Geschwindigkeit und Kosten zu erfüllen.
Kostenlose Lieferungen innerhalb von zwei Tagen sind mittlerweile Standard. Inzwischen bieten große Dienstleister ultraschnelle Lieferungen von Waren innerhalb weniger Stunden an. Der Lagerbestand muss an den Orten untergebracht werden, an denen die Waren benötigt werden, bevor sie überhaupt bestellt werden. Große Unternehmen haben Algorithmen entwickelt, die eine solche "vorausschauende Bestellung" bedienen können. Um für moderne Einzelhändler interessant zu bleiben, müssen Immobilieneigentümer ihre Mietbedingungen überdenken. Es werden außerdem mehr Immobilien für die letzte Meile gebaut werden müssen.
Trend #6: Neue Boom-Städte – hier hat die Generation Z "das Sagen"
Die bereits erwähnte Generation Z beeinflusst die Wirtschaft schon heute, doch bis zum Jahr 2030 werden die nach 1997 geborenen über eine Milliarde der Weltbevölkerung stellen und 31 Prozent der Personen im erwerbsfähigen Alter ausmachen, schreibt CBRE. Dies werde dazu führen, dass bis 2030 an den Orten, an denen diese Generation lebt, neue Wirtschaftszentren entstehen – diese Städte werden also entsprechend boomen.
Am schnellsten wird laut CBRE die Urbanisierung in Asien-Pazifik voranschreiten. Darunter in Smart Cities wie Hangzhou (China) mit derzeit sieben Millionen Einwohnern, das den asiatischen E-Commerce dominiert und mit KI für besseres Klima in der Stadt und einen optimierten Pendelverkehr gesorgt hat, oder Mega-Cities wie Neu-Delhi (Indien), für die CBRE bis 2030 ein weiteres Wachstum um 35 Prozent auf 39 Millionen Einwohner prognostiziert.
Trend #7: Die Spitze der Weltwirtschaft – an Asien führt kein Weg vorbei
Die Bedeutung von Asien wird laut CBRE bis zum Jahr 2030 noch weiter zunehmen: Mit knapp fünf Milliarden Menschen und einer aufstrebenden Wirtschaft könnte der asiatisch-pazifische Raum bis dahin wirtschaftlich und technologisch an die Weltspitze springen – mit beispiellosen Möglichkeiten für die Generation Z, so die Studienautoren.
22 Megastädte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern sagt CBRE für diese Region voraus – eine Entwicklung, die sich massiv auf Immobilien auswirken wird: Höhere Bauraten und eine anhaltende Investorennachfrage aufgrund hoher Sparquoten sind nur zwei Faktoren. Mit der nachhaltiger denkenden Generation Z wird laut CBRE ein goldenes Zeitalter für ein Asien anbrechen, auch für die Immobilienmärkte.
Trend #8: Künstliche Intelligenz – Immobilieninvestments leicht gemacht
Bis 2030 wird es mit Hilfe von KI-gestützter Datenerfassung, -berechnung und -bewertung CBRE zufolge einfacher denn je sein, erfolgreich in Immobilien zu investieren. PropTech-Unternehmen revolutionieren haben zuletzt den Kauf, Verkauf und die Verwaltung von Immobilien revolutioniert, indem sie eines der dringendsten Probleme in der Immobilienbranche gelöst haben, schreiben die Studienautoren: die Aktualität, die Genauigkeit und die Transparenz der gewerblichen Immobilienbewertung.
CBRE Research schätzt, dass bis in zehn Jahren 90 Prozent der Immobilienvermögenswerte mit automatisierten Bewertungsmodelle (AVMs) bewertet sein werden – und das sei nur der Anfang.
Trend #9: Immobilienbewertung neu aufgelegt – Big Data heißt das Zauberwort
Big Data und Künstliche Intelligenz werden laut CBRE bis 2030 ganz neue Möglichkeiten bei der Bewertung von Immobilien bieten. "In zehn Jahren wird es neue Bewertungsmethoden für alle Immobilientypen geben, da die Nutzungen in gemischten, digitalen und anpassungsfähigen Quartieren zusammenwachsen", so die Studienautoren.
Traditionelle Daten- und Bewertungsunternehmen werden CBRE zufolge ihre proprietären Datenbanken zunehmend an PropTech-Unternehmen übergeben. Nachgefragt sein wird Preisfindung in Echtzeit und die Möglichkeit, diese Vermögenswerte zu handeln, als wären sie Aktien oder Anleihen.
Trend #10: Last but not least – wie werden wir künftig wohnen?
Auch bei der Assetklasse Wohnen wird sich bis 2030 viel ändern, so CBRE: In vielen Ländern wird das Bevölkerungswachstum in den Städten die verfügbaren Flächen immer knapper werden lassen, was zu einem größeren Bedarf an Mehrfamilienhäuser führen wird. Wohnverhältnisse, das Verkehrsaufkommen und die ökologische Nachhaltigkeit müssen dabei in Zukunft deutlich verbessert werden. Die Generation Z will in gemischt genutzten Wohnkomplexen mit Service in städtischer Umgebung wohnen und legt besonders auf Nachhaltigkeit Wert, schreiben die Autoren.
Der Begriff "Mehrfamilienhaus" in der CBRE-Studie bezieht sich dabei auf Wohnblöcke oder Projektentwicklungen im Campus-Stil in Einzelbesitz mit professionellem Management. Solche Immobilien bieten laut CBRE günstige Anlagerenditen; Reputationsrisiken, die von schlechten Vermietern ausgehen könnten, würden vermieden.
CBRE Global Outlook 2030: The Age of Responsive Real Estate (engl.)
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