Berliner Umland – Kaufpreisvorteile machen Pendeln wett
Die Immobilienpreise liegen in den deutschen Metropolen immer noch auf einem hohen Niveau. Wer sich für den Kauf einer Eigentumswohnung im sogenannten Speckgürtel der Großstädte entscheidet, kann Geld sparen.
Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) hat für den Postbank Wohnatlas 2024 eine Modellrechnung entwickelt, mit der sich am Beispiel Berlin die Pendelkosten für den Arbeitsweg ins Umland beziffern lassen.
Die Studie zeigt, wie viele Jahre sich der Immobilienerwerb im Umland rechnet und wann der Kostenvorteil beim Kauf durch die erhöhten Pendelkosten aufgezehrt ist. Im Modell pendelt pro Haushalt ein Arbeitnehmer. Der Faktor Homeoffice wurde mit drei Pendeltagen pro Woche einberechnet und größere Wohnungen etwa für Familien berücksichtigt.
In Berlin kostete der Quadratmeter Wohnung laut Studie im Jahr 2023 durchschnittlich 5.807 Euro. Damit mussten Käufer in der Hauptstadt im Schnitt mindestens 600 Euro pro Quadratmeter mehr ausgeben als für eine durchschnittliche Immobilie in Potsdam, der teuersten Region im Speckgürtel der Hauptstadt.
Im Umland zu wohnen und in der Berliner Innenstadt zu arbeiten, hat aber nicht nur Vorteile: Durch den längeren Arbeitsweg fallen zusätzliche Kosten für Treibstoff oder Zugticket an und es muss mehr Zeit eingeplant werden.
Preisvorteil im Speckgürtel verrechnet mit Pendelkosten
Verglichen wurde der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung sowie einer 120-Quadratmeter-Wohnung in Berlin zur Selbstnutzung mit dem Kauf einer gleich großen Wohnung in der kreisfreien Stadt Potsdam und in den größten Ortschaften der Landkreise Barnim, Dahme-Spreewald, Havelland, Märkisch-Oderland, Oberhavel, Oder-Spree, Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming.
Aus den Landkreisen wurden die jeweils vier bevölkerungsreichsten Kommunen in die Analyse einbezogen. Insgesamt wurden 33 Städte und Gemeinden im Umland Berlins betrachtet. Für verkehrsgünstig gelegene Wohnungen müssen Käufer mit einem Aufschlag auf den Durchschnittspreis des jeweiligen Landkreises rechnen – den Preisaufschlag haben die HWWI-Experten mit 20 Prozent kalkuliert.
Der Kaufpreisvorteil im Speckgürtel wurde mit den jährlichen Pendelkosten verrechnet. Die Kosten für das Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder für das Auto inklusive Benzin und den höheren Zeitaufwand sind in der Analyse einbezogen. Die Kosten für die Fahrt mit dem Auto liegen nach Abzug von Steuervergünstigungen durch die Pendlerpauschale bei 0,45 Euro pro Kilometer und ab 21 Kilometer einfache Entfernung bei 0,43 Euro. Die Fahrt mit Bus und Bahn wird mit 0,13 Euro pro Kilometer und ab 21 Kilometer mit 0,12 Euro pro Kilometer veranschlagt. Die jährlichen ÖPNV-Kosten wurden nach Abzug von Steuervergünstigungen auf 540 Euro gedeckelt.
Bernau bei Berlin: Kaufpreisvorteil hält mindestens 25 Jahre
Mit einer 70-Quadratmeter-Wohnung profitieren Pendler aus dem 29 Kilometer entfernten Bernau bei Berlin (Landkreis Barnim) am längsten: Der Kaufpreisvorteil gegenüber Berlin ist der Rechnung zufolge bei ÖPNV-Nutzung erst nach 43 Jahren aufgebraucht, bei täglicher Fahrt mit dem Auto schrumpft diese Zeitspanne auf 14 Jahre. Für Durchschnittskäufer decken die erhöhten Pendelkosten den Immobilienkauf mindestens 25 Jahre lang.
Neben Bernau bei Berlin ist den Studienautoren zufolge vor allem die Stadt Ludwigsfelde (Landkreis Teltow-Fläming) einen Blick wert: Eine Eigentumswohnung kostet dort pro Quadratmeter durchschnittlich 2.107 Euro weniger als in der Metropole. Bis dieser Preisvorteil aufgezehrt ist, vergehen hier 34,4 Jahre. Auch in Eberswalde (Landkreis Barnim) und Falkensee (Landkreis Havelland) bleibt der Immobilienkauf nach 25 Jahren täglichen Pendelns laut Modellrechnung noch günstiger als im Berliner Stadtgebiet – zumindest bei Nutzung von Bus und Bahn.
"In Berlin gilt: Nur wenn der tägliche Arbeitsweg mit dem ÖPNV zurückgelegt wird, lohnt sich der Umzug in eine 70-Quadratmeter-Wohnung im Umland für Pendler ohne Homeoffice-Möglichkeit – und auch dann nur in vier Kommunen", sagt Manuel Beermann, verantwortlich für das Immobiliengeschäft der Postbank.
70-Quadratmeter-Wohnung: Anzahl an Jahren, in denen sich der Umzug ins Berliner Umland rechnen kann
Wohnungskauf: Familien profitieren in 21 Umlandstädten
Vor allem Familien brauchen aber mehr Platz. 120-Quadratmeter-Wohneigentum in Berlin sind rar und häufig mit erheblichen Kosten verbunden. Wer sich für eine gleich große Wohnung im Umland entscheidet und täglich mit Bus und Bahn in die City pendelt, profitiert in 21 Städten über einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren vom günstigeren Kaufpreis. Auto-Pendler profitieren nur in einer Umlandstadt 25 Jahre oder länger – nämlich in Panketal (rund 28 Jahre).
Am längsten hält der Vorteil für ÖPNV-Pendler ebenfalls in Bernau bei Berlin: Rechnerisch dauert es laut HWWI rund 73,8 Jahre, bis die günstigeren Kaufpreise durch Pendeln mit dem ÖPNV aufgebraucht sind. Dahinter folgt Ludwigsfelde mit 59 Jahren. In Eberswalde, Falkensee, Teltow, Blankenfelde-Mahlow und Panketal hält der Vorteil rund 40 Jahre.
In weiteren 14 Kommunen sind Käufer großer Wohnungen mehr als 25 Jahre lang im Vorteil gegenüber Eigentümern in Berlin, wenn sie öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Allerdings sind neun dieser Städte und Kommunen weniger gut an Berlin angebunden: Die einfache Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauert mindestens 40 Minuten. Je nach Entfernung von Wohnungstür zur Arbeitsstätte fällt gegebenenfalls weitere Zeit an, die mit Kosten verbunden ist, etwa durch höhere Ausgaben für längere Kinderbetreuung.
120-Quadratmeter-Wohnung: Anzahl an Jahren, in denen sich der Umzug ins Berliner Umland rechnen kann
Mit Homeoffice rechnen sich viele Umlandstädte
Die Experten des HWWI haben außerdem berechnet, wie lange Käufer vom günstigeren Umlandpreis profitieren, wenn sie mit zwei Homeoffice-Tagen pro Woche planen können und der Preis 20 Prozent über dem kreisweiten Durchschnitt liegt. Das Ergebnis: Kann das Haushaltsmitglied, das zur Arbeit in die Berliner City pendelt, zwei Tage im Homeoffice arbeiten, rentiert sich der Kauf einer 120-Quadratmeter-Eigentumswohnung in 27 der untersuchten 33 Umland-Regionen gegenüber Berlin. Spitzenreiter ist Bernau bei Berlin mit rechnerisch 114,7 Jahren, bis der Vorteil aufgebraucht ist.
Singles oder Paare, die auf 70 Quadratmetern im Umland ein Arbeitszimmer unterbringen können, sind bei einer pendelnden Person mit zwei Tagen Homeoffice rein rechnerisch auch in 21 Wohnorten im Vorteil gegenüber Innenstadtbewohnern – bei Nutzung des ÖPNV. An erster Stelle steht ebenfalls Bernau bei Berlin mit einem Kaufpreisvorteil von rund 67 Jahren. In Ludwigsfelde (Landkreis Teltow-Fläming) trägt der Kaufpreisvorteil rund 54 Jahre und in Eberswalde (Landkreis Barnim) etwa 42 Jahre.
Postbank Wohnatlas 2024: Hintergrund
Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse, die den fünften Studienteil des Wohnatlas 2024 darstellt, wurde unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Immobilienpreisentwicklung in den 400 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten untersucht.
Das könnte Sie auch interessieren:
Trend sinkender Wohnungspreise gestoppt
Wohnungsmarkt: Zweitkäufer sind die neue Zielgruppe
EPX: Wohnimmobilien verteuern sich in allen Segmenten
Nachfrage und Preise steigen: Gesuchte Wohnimmobilien
-
Notarvertrag muss 14 Tage vor Beurkundung vorliegen
736
-
Wohnnebenkosten: Warum die Warmmieten weiter steigen
400
-
Provision bei Vorkenntnis des Käufers? Es kommt darauf an!
272
-
§ 250 BauGB: Befristetes "Umwandlungsverbot" tritt in Kraft
212
-
Wohnimmobilienpreise steigen den zehnten Monat in Folge
142
-
Preisverfall bei unsanierten Mehrfamilienhäusern gestoppt
135
-
Ein Viertel weniger neu genehmigte Wohnungen
1351
-
Wohnimmobilienpreise sind 2023 im Rekordtempo gesunken
121
-
Preise für Neubauwohnungen wieder nahe am Höchststand
115
-
Ökonomen: Kaum Hoffnung auf Trendwende beim Wohnungsbau
111
-
Ranking: Deutschlands beste Großstädte
19.11.2024
-
Ein Viertel weniger neu genehmigte Wohnungen
19.11.20241
-
Wohnimmobilienpreise steigen den zehnten Monat in Folge
13.11.2024
-
Auftragsmangel im Wohnungsbau minimal entschärft
12.11.2024
-
ERP-System: 30 Prozent der Verwalter denken über Wechsel nach
11.11.2024
-
Wohnungsmarkt: Bad News bei der Blasengefahr
07.11.2024
-
Preise für Neubauwohnungen wieder nahe am Höchststand
07.11.2024
-
Berliner Umland – Kaufpreisvorteile machen Pendeln wett
05.11.2024
-
IW-Wohnindex: Eigentum wird langsam wieder erschwinglicher
29.10.2024
-
Trend sinkender Wohnungspreise gestoppt
28.10.2024