Nachhaltigkeit im Immobiliensektor: ESG-Strategien & Co.

Trotz Inflation, hoher Baukosten und Energiepreise: Die Immobilienbranche darf Nachhaltigkeitsaspekte nicht aus dem Blick verlieren – das ist eine zentrale Forderung des "ULI Global Sustainability Outlook 2023". Maßnahmen gegen den Klimawandel werden in diesem Jahr eine besondere Rolle spielen.

Die aktuellen Krisen bedrohten in der Immobilienbranche den Fortschritt im Hinblick auf die Nachhaltigkeit, heißt es in dem "Nachhaltigkeitsausblick", den das Urban Land Institute (ULI) mit Ferguson Partners veröffentlicht hat. Die ökonomischen Herausforderungen beanspruchten die Aufmerksamkeit der Immobilienunternehmen und beeinträchtigen die Attraktivität nachhaltigkeitsorientierter Modernisierungen.

Der Bericht basiert auf Roundtable-Interviews mit den Mitgliedern des ULI Americas Sustainable Development Council, dem ULI Europe Sustainability Council und dem ULI Asia Pacific Resilient Cities Council – insgesamt haben sich 50 Experten geäußert.

Finanzierungskosten: Keine Ausrede beim Klimaschutz

Die Mitwirkenden befürchten, dass die derzeit höheren Finanzierungskosten Kapital von wichtigen Sanierungsmaßnahmen abziehen könnten. Dies sei jedoch "keine Entschuldigung für Untätigkeit", betonen die Nachhaltigkeitsexperten. Sie weisen darauf hin, wie wichtig Klimaschutzmaßnahmen trotz der aktuellen wirtschaftlichen Situation sind.

Die Teilnehmer an den Gesprächsrunden fordern deshalb die Immobilienunternehmen auf, sich nicht durch den kurzfristigen Druck einer Rezession und eines rückläufigen Marktzyklus von den Nachhaltigkeitszielen ablenken zu lassen. Vielmehr gelte es, "Kapital für den ökologischen Fortschritt vorzusehen und dem Druck zu widerstehen, an allen Ecken und Kanten zu sparen".

Energetische Sanierung: ESG-Strategien anpassen

Bereits jetzt mangele es bei den Anstrengungen der Immobilienbranche für den Klimaschutz an Tempo, heißt es weiter. Um das europäische Klimaziel für 2030 zu erreichen, seien in den kommenden zehn Jahren Investitionen in Höhe von 3,5 Billionen Euro (3,7 Billionen US-Dollar) erforderlich, um Gebäude durch Renovierung zu dekarbonisieren. Aktuell würden jedoch lediglich ein Prozent der Gebäude pro Jahr energetisch saniert.

Neben der Anpassung der ESG-Strategie an die aktuellen makroökonomichen Herausforderungen verweist der Bericht auf weitere Aspekte, die 2023 entscheidend sind.

Dekarbonisierung: Geschäftsrisiko in Wertermittlung integrieren

Ein wichtiges Thema werde sein, wie das Transitionsrisiko eines Gebäudes zu bewerten ist und wie die Renditeerwartungen entsprechend angepasst werden können. Führende Immobilienunternehmen fingen damit an, das Geschäftsrisiko der Dekarbonisierung in die Wertermittlungen von Immobilien zu integrieren, insbesondere im Hinblick auf ihre Exitstrategie, heißt es in dem Bericht.

Rasche Fortschritte bei der Messung des Transformationsrisikos würden dadurch erzielt, dass sich immer mehr Unternehmen den mit dem Klimawandel verbundenen politischen, marktbezogenen, rechtlichen und technologischen Risiken stellten. Hierfür gebe es bislang jedoch noch keinen vorgegebenen Weg und keine gemeinsamen Standards – dies müsse sich ändern. In der Branche wachse jedoch das Bewusstsein, dass die Dekarbonisierung ihren Preis habe und die betreffenden Risiken im Wert einer Anlage berücksichtigt werden müssten, so die Experten weiter.

Nachhaltigkeit: Das "S" in ESG voranbringen

Um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, seien zudem Kooperationen über die gesamte Wertschöpfungskette im Immobiliensektor wichtig. Eine solche Partnerschaft beinhalte die Zusammenarbeit der Branche mit Regierungen, Community-Mitgliedern, Mietern und den Beteiligten der Wertschöpfungsketten. Das helfe auch, das "S" in ESG und damit den sozialen Anteil der Nachhaltigkeit voranzubringen, meinen die Experten.

Auf staatlichen Einfluss reagieren

Ein großes Hemmnis, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, sei zudem die Vielzahl von Vorschriften und politischen Maßnahmen. Den Umweltvorgaben fehle es häufig an Einheitlichkeit, kritisiert der Bericht. Auf einheitliche Bestimmungen zu warten, sei jedoch auch keine Option, betonen die Nachhaltigkeitsexperten.

Hochwasser: Analyse von Risiken ist essentiell

Als ein wichtiges Zukunftsthema wird außerdem der Hochwasserschutz genannt. Hierzu fehle es der Immobilienbranche an Daten, um die Risiken von Flutkatastrophen zu analysieren und zu quantifizieren. Eine der wichtigsten Aufgaben der Immobilienbranche für die unmittelbare Zukunft bestehe deshalb darin, die lokalen und nationalen Behörden zu ermutigen, detaillierte und vorausschauende Informationen über das Hochwasserrisiko bereitzustellen und die bestehenden Hochwasserkarten zu aktualisieren.

ULI Global Sustainability Outlook 2023 (englisch, PDF)


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